Sport

Wolfgang Niersbach Interview

Wolfgang Niersbach hat sich als Vize-Präsident des Organisationskomitees für die Fußball-WM 2006 in Deutschland vehement gegen Vorwürfe gewehrt, bei der Kandidatur für die Endrunde mit unsauberen Mitteln gearbeitet zu haben. In einem Interview stellte er sich brisanten Fragen.

Frage: „Wolfgang Niersbach, als Vize-Präsident des WM-Organisationskomitees für den weiten Bereich Kommunikation können Ihnen die Schlagzeilen der letzten Wochen nicht gefallen.“

Niersbach: „Nein. Und ich weiß auch nicht, was das soll. Vor knapp drei Jahren haben sich alle gefreut, dass die Fußball-WM 2006 nach Deutschland kommt - vom Bundeskanzler bis zum jüngsten Fußball-Fan. Und jetzt wird von einem Teil der Medien der Anschein erweckt, als hätten wir diese WM-Ausrichtung mit unsauberen Methoden gewonnen.“

Frage: „Haben Sie nicht?“

Niersbach: „Definitiv nicht. Ich war ja auch während der gesamten Bewerbungsphase bereits dabei, und ich versichere es noch einmal in aller Öffentlichkeit: Wir haben nichts Unlauteres getan. Wir haben mit einem kleinen Team sieben Jahre hart und professionell gearbeitet - übrigens auch ohne den Einsatz öffentlicher Mittel.“

Frage: „Und die Freundschaftsspiele des FC Bayern?“

Niersbach: „Im Rahmen einer Kandidatur wirbt jedermann um Stimmen. Der DFB hat am Konföderationen-Pokal teilgenommen, was sportlich und finanziell ein Desaster war. England hat dem thailändischen Verband mit Peter White einen Nationaltrainer überlassen und bezahlt. Wir hatten das Glück, dass Franz Beckenbauer in seiner Eigenschaft als Präsident des FC Bayern oft spontan Freundschaftsspiele zusagen konnte. Wir müssen Franz und dem FC Bayern dankbar sein, statt sie zu kritisieren und unlauterer Machenschaften zu verdächtigen.“

Frage: „Ohne Beckenbauer keine WM in Deutschland?“

Niersbach: „Man sollte die ganze Bewerbung nicht total auf Franz personalisieren. Der damalige DFB-Präsident Egidius Braun beispielsweise hat unglaublich hinter den Kulissen gearbeitet, um die Stimmen aller Europäer - auch des Schotten David Will nach dem Ausscheiden von England! - zu erhalten. Richtig allerdings ist: Ich kenne Franz als Journalist und später als Pressesprecher seit Jahrzehnten. Nie, wirklich nie, hat er so hart gearbeitet wie für diese WM-Vergabe. Deshalb sind alle jetzt aufkommenden Vorwürfe zutiefst ungerecht.“

Frage: „Leipzig will die Olympischen Spiele...“

Niersbach: „Wenn alles so zerredet wird wie jetzt im Nachhinein die WM-Kandidatur hat Leipzig keine Chance. Solch eine Veranstaltung muss jeder wollen. Das ganze Land muss dahinter stehen - wie es bei unserer Bewerbung der Fall war.“

Frage: „Ihr Fazit?“

Niersbach: „Hätten wir nichts getan, wären wir beschimpft worden. Jetzt werden wir beschimpft, weil wir etwas getan haben. Noch einmal mit aller übertriebenen Deutlichkeit: Es gab keine Deutschland AG, die über die WM-Bewerbung wirtschaftliche Deals vereinbart hat, um Stimmen zu erwerben. Diese falschen Unterstellungen stimmen uns alle sehr traurig. Wir möchten schnellstens zu der positiven Grundstimmung zurück kehren, weil diese WM eine einzigartige Chance für unser Land ist.“

Aufgezeichnet von Rainer Kalb, sid

Quelle: ntv.de

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