Interview "MV" zieht positive Bilanz
16.12.2002, 12:23 UhrFrage: „Herr Mayer-Vorfelder, welche Bilanz ziehen Sie als DFB-Präsident zum Ende des Jahres 2002?"
Gerhard Mayer-Vorfelder: „Eine durch und durch positive. Wir sind unerwartet Vize-Weltmeister geworden. Wir haben die Jugendförderung auf einen guten Weg gebracht. Wir haben ein gutes, entspanntes Verhältnis zur Liga. Leverkusen und Dortmund standen in den internationalen Endspielen, die Bayern im Viertelfinale, wo sie an Real Madrid gescheitert sind, was passieren kann. Wir haben Sitz und Stimme in den wichtigen internationalen Gremien. Es gibt keinen Grund, unzufrieden zu sein."
Frage: „Die Talentförderung lag Ihnen ja persönlich am Herzen...“
Mayer-Vorfelder: „... und liegt sie immer noch. Die Einsatzchancen der jungen Spieler im Profibereich sind erheblich verbessert worden. Bei den Profiklubs hat, teilweise bedingt auch durch die Kirch-Insolvenz, ein Umdenken eingesetzt. Ich bin jedenfalls stolz darauf, dass jetzt in der Regel wieder fünf, sechs Spieler mit deutschem Pass auf dem Spielfeld stehen und dass alle Spieler der aktuellen 'U21' in einer der ersten drei Ligen Spielpraxis sammeln und nicht auf der Bank versauern. Vielleicht qualifizieren wir uns endlich ja doch wieder mal für Olympia! Und der Frauen-Fußball braucht sich auch nicht zu verstecken. Nein, wir
brauchen unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen."
Frage: „Es gibt aber auch Schattenseiten. Stichwort TV-Bereich."
Mayer-Vorfelder: „Die Kirch-Insolvenz hat der Bundesliga Sorgen bereitet und die Landschaft verändert. Die Probleme hören nicht auf, falls sich die Gerüchte bewahrheiten sollten, dass SAT.1 sich aus der Fußball-Berichterstattung zurückziehen will. Aber jedes Problem bietet auch wieder Chancen, wie eben am Beispiel der Nachwuchsförderung erläutert."
Frage: „In diesen Tagen darf der Name Kaiserslautern nicht fehlen."
Mayer-Vorfelder: „Ich kann die Fakten nicht beurteilen, weil sie mir nicht bekannt sind. Grundsätzlich halte ich nichts davon, wenn ein Vereinsvorsitzender wie eine Art Insolvenzverwalter auftritt. Da wird dann leicht manches schlimmer, als es in Wirklichkeit ist."
Frage: „Wie steht's um den Werbestreit mit der Liga die Nationalspieler betreffend?"
Mayer-Vorfelder: „Nehmen Sie noch das WM-Organisationskomitee hinzu, und dann haben Sie mit Liga und DFB drei Organisationen, die sich im Grunde um die selben Sponsoren bemühen. Da gibt es immer Gesprächsbedarf, und Beschlüsse sind nicht für die Ewigkeit gemeißelt. Noch einmal: Unser Verhältnis zur Liga ist gut und vertrauensvoll."
Frage: „Wie kommt die Organisation der WM 2006 voran?"
Mayer-Vorfelder: „Als Aufsichtsratsvorsitzender bin ich in die Tagesarbeit nicht involviert. Ich weiß aber, dass unser OK dem ursprünglichen Zeitplan voraus ist. Und ich weiß, welch großer Vorteil es ist, sowohl in der Exekutive der Uefa als auch der Fifa zu sein. Da ist man bei allen Grundentscheidungen dabei und sitzt an der Quelle. Die Zusammenarbeit mit der Fifa und Fifa-Marketing ist sehr harmonisch und eng. Und mich persönlich freut es, dass das Verfahren gegen Sepp Blatter wegen angeblicher finanzieller Unregelmäßigkeiten eingestellt worden ist."
Das Interview führte Rainer Kalb, sid
Quelle: ntv.de