Fußball

Proteste nach DFL-Entscheidung Fans drohen Bundesliga-Klubs mit ihrer größten Waffe

Die Bundesliga-Fans protestieren bereits seit Wochen. Hier im Bild die Auswärtsfans von Borussia Mönchengladbach beim Spiel bei Union Berlin am letzten Wochenende.

Die Bundesliga-Fans protestieren bereits seit Wochen. Hier im Bild die Auswärtsfans von Borussia Mönchengladbach beim Spiel bei Union Berlin am letzten Wochenende.

(Foto: IMAGO/Matthias Koch)

Die Fußballklubs in der DFL haben den Weg für einen strategischen Partner frei gemacht. Zahlreiche Fans wollen das nicht akzeptieren. Auch Trainer äußern sich. Der ehemalige Bundesliga-Torhüter Richard Golz fordert mehr Transparenz. Ganz besonders richtet sich an diesem Wochenende der Blick nach Kiel.

Das kommt wenig überraschend. Viele Fußballfans wollen an diesem Wochenende ihren Unmut gegen die DFL-Entscheidung für einen Investorendeal mit einem Stimmungsboykott ausdrücken. "Wir sind nicht bereit, dem Ausverkauf des deutschen Fußballs tatenlos zuzusehen. Um zu verdeutlichen, dass der vielbeschworene 12. Mann bundesweit nicht bereit ist, als Teil der Verhandlungsmasse des DFL-Deals mit dubiosen Investoren herzuhalten, werden wir zwölf Minuten schweigen", heißt es in einer von mehreren Fangruppen veröffentlichten Stellungnahme der Fanszenen Deutschlands.

Bei der Mitgliederversammlung am Montag hatte die Deutsche Fußball Liga von den Profiklubs das Mandat erhalten, nun konkrete Verhandlungen mit einem strategischen Vermarktungspartner aufzunehmen. Für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen soll ein Finanzinvestor bis zu einer Milliarde Euro zahlen. Der Vertrag soll eine Maximallaufzeit von 20 Jahren haben.

Wenn es erstmal zwölf Minuten im Stadion still bleibe, "wird es ganz schnell spür- und hörbar für uns", sagte Trainer Sebastian Hoeneß, der am Sonntag mit dem VfB Stuttgart zum Verfolger-Kracher beim FC Bayern antritt. "Beides hat seine Berechtigung. Die Kunst liegt daran, beides zusammenzubringen", sagte er bei einer Pressekonferenz in Stuttgart. Einerseits gehe es darum, den Anschluss im internationalen Fußball nicht zu verlieren, aber "definitiv auch nicht den Kontakt" den Fans, die "alles entscheidend" seien. "Das ist ein schmaler Grat." Man müsse sehr genau hinhören, was die Sorgen der Fans seien.

Alonso verweist auf den Fußball-Dschungel

"Wir respektieren die Tradition historisch, aber wir wollen den deutschen Fußball entwickeln", betonte Kollege Xabi Alonso von Tabellenführer Bayer 04 Leverkusen. "Wir haben Fans in Leverkusen, aber auch in Spanien, Argentinien und in Japan. Wir müssen eine Perspektive haben, die Tradition zu halten, aber auch eine Vision zu entwickeln, weil wir in einem Fußball-Dschungel kämpfen, mit La Liga, Premier League, Liga A und der Serie A." Die Werkself empfängt am Sonntag Eintracht Frankfurt.

Die lebendige Fankultur in Deutschland sei ein Alleinstellungsmerkmal, schreiben die Fans. "Doch gerade deswegen ist unsere Teilhabe an dem Produkt Bundesliga zugleich auch unsere größte Waffe! Wir haben unseren Anteil am Wert des Profifußballs in den eigenen Händen", heißt es in dem Statement. "Den Investoreneinstieg sehen wir als einen elementaren Angriff auf den basisorientierten Volkssport Fußball hierzulande. Die Funktionäre mögen Medienrechte verscherbeln können, doch gleichwohl können wir unsere eingebrachten Anteile am Produkt Bundesliga selbst beeinflussen."

Richard Golz: "Vereine und DFL müssen sich Protesten stellen"

Die Fanszenen kündigten an: "Unsere Ressourcen im Kampf gegen die Profitgier und Willkür der DFL werden wir kollektiv bündeln. Noch könnten die Geschäftsführer der Liga das verhängnisvolle Investmentprojekt stoppen. Wir werden diesen Weg genauestens im Visier behalten!" Im Gespräch mit capital.de äußerte der ehemalige Bundesliga-Torhüter Richard Golz sein Verständnis für die kommenden Proteste. "Dem müssen sich Vereine und DFL jetzt auch stellen. Es bringt nichts, defensiv mit dem Thema umzugehen", sagte er. "Deshalb halte ich auch nichts davon, dass die Abstimmung geheim abgehalten wurde. Wir sehen jetzt im Fall von Hannover 96, wie daraus ein Politikum werden kann."

Besonderes Augenmerk wird dabei an diesem Wochenende tatsächlich nicht nur auf den Spielen der Bundesliga liegen, sondern auch auf der Zweitliga-Begegnung zwischen Holstein Kiel und Hannover 96 am Samstag (20:30 Uhr/Sky und im Liveticker auf ntv.de).

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Die Gäste aus der niedersächsischen Landeshauptstadt präsentierten sich in den Tagen nach der geheimen Abstimmung als heillos zerstrittener Haufen. Bei dem knappen Votum pro Investor kam die entscheidende Stimme mit hoher Wahrscheinlichkeit von Hannover 96. Der Klub war durch den Mehrheitsgesellschafter Martin Kind auf der DFL-Versammlung vertreten. Der mit Kinds Seite zerstrittene Verein hatte den 79-Jährigen angewiesen, gegen den Deal zu stimmen. Nach den bekannt gewordenen Namen der Klubs, die mit Nein gestimmt haben sollen, gibt es jedoch große Zweifel, ob Kind dies getan hat.

"Es wird sich wohl nicht klären lassen, belastet aber das ganze Thema inklusive 50+1. Ich finde, wir brauchen, nicht nur jetzt, so viel Transparenz wie möglich. Genau deshalb hätte die Abstimmung aber nicht geheim ausgerichtet werden dürfen", erklärte der ehemalige Torhüter Golz und traf damit den Kern.

Quelle: ntv.de, sue/dpa

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