Fußball

Martin Kind wütet gegen BVB-Boss "Watzke hat im deutschen Fußball Riesenschaden angerichtet"

Hans-Joachim Watzke wurde vom Ex-Boss von Hannover 96, Martin Kind, kritisiert.

Hans-Joachim Watzke wurde vom Ex-Boss von Hannover 96, Martin Kind, kritisiert.

(Foto: Roberto Pfeil/dpa)

Martin Kind teilt kräftig aus: Der umstrittene Ex-Chef von Hannover 96 kritisiert bei einer Podiumsdiskussion BVB-Boss Hans-Joachim Watzke, DFL und DFB scharf. Es geht um die 50+1-Regelung und den geplatzten Investorendeal. DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig wehrt sich - und warnt.

Martin Kind, Ex-Klubchef beim Fußball-Zweitligisten Hannover 96 und immer noch umstrittener Geist im Fußball, hat bei einer hitzigen Podiumsdiskussion in Berlin harte Kritik am DFL und DFB geübt und sich ein Rededuell mit DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig geliefert. Der Unternehmer Kind echauffierte sich beim "Big Bang KI Festival" über die aktuelle 50+1-Regelung: "Die DFL ist ein Kartell, das ist meine tiefste Überzeugung. Sie hat Statuten, gegen die sie selber verstoßen hat. Wir haben keinen wettbewerbsgleichen Markt. Er ist verzerrt ohne Ende. Unter diesen Rahmenbedingungen haben wir keine Chance, je an den FC Bayern heranzukommen." Die Tatsache, dass sein Gegenüber Rettig RB Leipzig einst zweimal die Zulassung verweigerte, kommentierte er mit den Worten: "Da hat er sich geirrt. Leipzig ist eine Erfolgsstory."

Rettig verteidigte die 50+1-Regelung, wonach die Mitglieder in den Vereinen immer die Mehrheit behalten müssen. "Es gibt gar keinen besseren Schutz als 50+1, nämlich Mitbestimmung und Teilhabe der Mitglieder. Die denken wie Familienunternehmen in Generationen und nicht wie angestellte Manager, die von Periode zu Periode hecheln." Rettig konterte mit dem Argument, dass, wenn 50+1 kippe, "wir am Ende eine 'Forbes'-Tabelle und keine Sporttabelle haben". Die Integrität des Wettbewerbs sei entscheidend, so Rettig.

Große Hoffnung, dass das Bundeskartellamt 50+1 kippen werde, hat derweil Kind, der dies seit Jahren versucht, nicht. "Das ist eine Behörde. Es kann manipuliert werden. Meine Hoffnung auf das Kartellamt ist relativ reduziert", sagte er und nannte den Investor Hasan Ismaik beim Drittligisten 1860 München als abschreckendes Beispiel. "Der arme Mann tut mir leid. Er ist Opfer dieser 50+1-Regel geworden. Man kann sagen: Der war doof, und er war auch doof, dass er es gemacht hat. Wenn er das vorher gewusst hätte, hätte er es mit Sicherheit nicht gemacht. Er kommt von einer ganz anderen Denkkultur, er konnte sich so einen Blödsinn gar nicht vorstellen."

Kind zu Watzke: "Das ist für mich das Allerschlimmste"

Kind kritisierte auch heftig den Rückzieher der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Sachen Investorenmodell. Zu Beginn des Jahres hatten Fans so lange protestiert, bis die DFL einlenkte. "Da tritt das Präsidium und die Geschäftsführer an, dann fliegen die Tennisbälle. Und dann nehmen die das Thema einfach zurück. Das ist doch abenteuerlich", sagte Kind. "Das müssen mir die Verantwortlichen der Zukunft mal erklären, wie sie nur irgendeine Entscheidung durchsetzen wollen. Sie haben das Signal gegeben: Wenn ihr Bälle genug habt und laut genug seid, dann werden wir jede Reform nicht mehr durchführen."

Kind weiter: "Das ist für mich das Allerschlimmste, und das muss Herr Watzke [BVB-Boss und DFL-Präsidiumssprecher Hans-Joachim Watzke; d. Red.] wirklich erklären. Er hat im deutschen Fußball damit einen Riesenschaden angerichtet." Kind sagte, er "erwarte von Leuten, die angeblich Business- und Führungsqualität haben, dass sie wissen, was sie tun. Auf Basis von Populismus Entscheidungen zu treffen, das ist für mich indiskutabel."

Andreas Rettig räumte ein: "Das war von mehreren Seiten kein Ruhmesblatt, was den Prozess insgesamt angeht, das ist keine Frage. Aber die Idee für einen Bundesliga-Investor war gut und richtig. Das Problem war, dass man die Mittelverwendung nicht richtig kanalisiert hat. Nämlich Geld einzusammeln, um nachhaltig zu investieren."

Kind hat Angst vor "Fanstruktur"

Sorgen macht sich Kind wegen der wachsenden Macht der "aktiven Fanstruktur". Die treten heute in die Vereine ein, weil sie kapiert haben, dass bei den Mitgliederversammlungen von 200.000 nur 300 Mitglieder kommen, und wie leicht man dann Mehrheiten organisieren kann. Wo ist da die demokratische Legitimation? Die sehe ich überhaupt nicht. Das ist im Wesentlichen eine Alibiveranstaltung." Zu Rettig sagte er: "Sie werden sich mal wundern. In zehn, 15 Jahren sind die in der DFL oben angekommen und auch beim DFB. Warten Sie mal ab, dann müssen Sie sich mit denen rumschlagen."

Warum lieber Unternehmer wie er anstatt Fans einen Verein führen sollten, verriet Kind nicht. Seit Mitte Juli ist er nicht mehr Geschäftsführer von Hannover 96. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste wegen Kinds Klagen entscheiden, dass die Absetzung eines der streitbarsten Funktionäre des deutschen Profifußballs vor zwei Jahren rechtens war. Kind, der 1997 zum Präsidenten des damaligen Drittligisten gewählt wurde, wechselte daraufhin in den Aufsichtsrat.

Quelle: ntv.de, dbe/dpa

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