Abrechnung mit "Idiotenpolitik" Bei diesen gehypten Trump Trades ist die Luft raus
28.02.2025, 18:17 Uhr Artikel anhören
Ist der Trump-Effekt nur vier Monate nach der US-Wahl schon verpufft?
(Foto: REUTERS)
Die Gewinne ultimativer Trump Trades wie Bitcoin oder Tesla sind futsch. Der Schlingerkurs in Washington, insbesondere in der Zollpolitik, kommt bei Anlegern nicht gut an. Chefvolkswirt Jürgen Michels sieht den Boden noch nicht erreicht.
Wie gewonnen, so zerronnen: Die sogenannten Trump Trades - also Wetten auf einzelne Aktien und Kryptowährungen, die von einem Wahlsieg Trumps profitieren sollten - sind in den vergangenen Monaten wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Bei den Anlegern scheint Ernüchterung zu herrschen.
Am deutlichsten zeigt sich das am Bitcoin-Kurs, der seit Trumps Amtsantritt nur eine Richtung kennt: nach unten. Das Rekordhoch von 109.356 US-Dollar am 20. Januar ist mittlerweile um nahezu ein Drittel abgeschmolzen, der Kurs notiert wieder unter 80.000 Dollar. Auch andere Digitalwährungen wie Ethereum, Solana und Ripple haben kräftig Federn gelassen. "Anleger werden vorsichtiger", sagt Jürgen Michels, Chefvolkswirt der Bayern LB ntv. "Es gab sehr viele Vorschusslorbeeren, weil man Deregulierung erwartet hatte, aber Trump hat nicht geliefert. Der Markt nimmt das jetzt ein Stück weit raus aus einer Assetklasse, die sowieso sehr volatil ist."
Vier Monate nach der Wahl messen Krypto-Fans Trump daran, was er umsetzt und nicht an dem, was er verspricht. Abgesehen von der Ernennung von ein paar kryptofreundlicher Regierungsmitarbeitern ist bislang nicht viel passiert. Das gehypte Thema Bitcoin-Reserve nach dem Vorbild einer Gold-Reserve ist keines mehr. Und statt mit positiven Nachrichten von sich reden zu machen, hagelt es aus der Branche Negativschlagzeilen. Der spektakuläre Milliardendiebstahl an der Kryptobörse Bybit in Dubai oder Trumps eigene Digitalmünze $TRUMP wecken Zweifel an der Seriosität der Szene.
Nicht nur Zehntausende Kleinanleger haben mit $TRUMP Geld verloren, sondern auch der US-Präsident selbst. Sein Meme-Coin, der am 17. Januar eingeführt wurde, gewann schnell an Wert. Am 19. Januar, dem Tag vor Trumps Amtseinführung, wurde der Höchststand von mehr als 14,5 Milliarden Dollar erreicht. Seitdem ist der Kurs um zwei Drittel eingebrochen. "Man fragt sich, ob Trump in der Lage ist, all das zu tun, was er machen möchte", konstatiert Michels.
Tesla-Wert wieder unter einer Billion Dollar
Auch bei Tesla, einem weiteren ultimativen Trump Trade nach der US-Wahl im November herrscht Katerstimmung. Tesla-Chef Elon Musk als Einflüsterer an Trumps Seite zu sehen, hatte den Kurs des E-Autobauers nach oben gepeitscht. Auch wenn es die Geschäftszahlen nicht hergaben, verdoppelte sich der Kurs von 230 auf 460 Dollar. Seit dieser Woche ist auch dieser Höhenflug Geschichte. Der Börsenwert des Konzerns sackte erstmals seit November wieder unter die Billionen-Dollar-Marke.
Nicht nur die stockenden Verkaufszahlen von Tesla lassen Wünsche offen. Besonders im Kreuzfeuer steht der Unternehmenschef selbst. Anleger sind sich offenbar nicht mehr sicher, ob Musk sich neben seinem Job als politischer Berater überhaupt noch für Autos interessiert. Hinzu kommt, dass Musk - unter anderem mit rechten Äußerungen - die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmens zu beschädigen scheint. Investor Ross Gerber, lange Zeit ein ausgewiesener Tesla-Fan, formulierte es auf X folgendermaßen: "Die Börse mag keine Idiotenpolitik."
Den wachsenden Verdruss der Anleger spiegelt auch der S&P-500-Index, der kaum höher notiert als am Tag von Trumps Wahlsieg. Gemessen am Tag seiner Amtseinführung liegt er sogar im Minus. Für deutliche Markteinbrüche sorgten vor allem die Ankündigungen hohe Zölle auf Produkte aus der EU, Kanada und Mexiko zu verhängen. Die Drohungen trugen dazu bei, 500 Milliarden US-Dollar an Börsenwert zu vernichten.
Bei KI-Aktien, bei denen vor der Wahl besonders viel Optimismus angesagt war, weil Trump den Konzernen einen regulierungsfreien Raum versprach, ist ebenfalls Schicht im Schacht. Der Chiphersteller Nvidia ist mittlerweile deutlich unter den Kurs vom 5. November abgestürzt. Kosteten die Papiere damals 127 Euro, notieren sie heute bei 118 Euro. Das Allzeithoch lag bei 143 Euro. Vom Hoch zum Tief wurden 320 Milliarden US-Dollar Börsenwert vernichtet.
Trumps "Schocktherapie": Potenzial für weitere Rückschläge
Der Software- und Rüstungskonzern Palantir steht zwar noch auf der Gewinnerseite. Aber auch hier bröckelt der Kurs gewaltig. Von der zwischenzeitlichen Verdreifachung ist gerade mal die Hälfte übrig. Nicht einmal die Öl- und Gaskonzerne konnten vom Drill-Baby-Drill-Präsidenten profitieren. Trump, der Chevron zuletzt die Fördererlaubnis für Venezuela entzog, notiert fast wieder auf Vorwahlniveau.
"In den wenigen Wochen seiner Amtszeit hat Präsident Trump das politische und wirtschaftliche System der USA einer Schocktherapie unterzogen", schreiben die Volkswirte der Commerzbank in ihrem "Economic Briefing". Bis sich Erfolg oder Misserfolg seines Politikansatzes in den realwirtschaftlichen Daten niederschlagen, werde es noch dauern. Die Stimmungsindikatoren zeigten dagegen allerdings "teilweise heftige Bewegungen".
BayernLB-Chefvolkswirt Michels ist überzeugt, dass der Schlingerkurs in Washington weiteres Rückschlagpotenzial an den Börsen in den USA und Europa birgt. "Mexiko und Kanada können wahrscheinlich ihre Zölle noch mal wegverhandeln, weil sie Möglichkeiten an der Grenze haben, was zu tun. In Europa ist das schwierig."
Quelle: ntv.de