BIP-Minus erwartet Bundesbank: Tarifabschlüsse könnten Inflation treiben
23.11.2022, 14:21 Uhr
Die Bundesbank spricht von einem Zweitrundeneffekt: Löhne und Preise könnten sich hochschaukeln und die Inflation verfestigen.
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Die Bundesbank rechnet mit einer sinkenden Wirtschaftsleitung im Frühjahr. Zugleich sieht sie die Gefahr einer sich verfestigenden hohen Inflation. Hohe Lohnkosten durch steigende Tarifvereinbarungen könnten den Preisanstieg weiter anheizen.
Die deutsche Wirtschaft wird nach Ansicht der Bundesbank im Winter in eine Rezession rutschen. "Die Wirtschaftsleistung dürfte im laufenden Winterhalbjahr deutlich zurückgehen", heißt es im Monatsbericht für November. Als wichtigste Ursachen führt die Bundesbank mit Blick auf die Unternehmen die hohe Unsicherheit der Energieversorgung und deren Kosten sowie einen inflationsbedingt sinkenden Privatkonsum auf. Im dritten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) vor allem aufgrund eines starken Konsums und robuster Investitionen überraschend um 0,3 Prozent gestiegen.
"Die Unsicherheit über die Energieversorgung und ihre Kosten belastet die Unternehmen stark. Gemäß der jüngsten Herbstumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages sah ein Großteil der befragten Unternehmen in den Energie- und Rohstoffpreisen ein Geschäftsrisiko für die kommenden Monate", schreibt die Bundesbank. Die Abschwächung der globalen Konjunktur wird sich nach ihrer Einschätzung in den Exporten niederschlagen, auch wenn der hohe Auftragsbestand und nachlassende Lieferengpässe in der Industrie die gedrückte Nachfrage etwas abfederten.
Die hohe Inflation bremse zudem den privaten Konsum und damit die Aktivität in den konsumnahen Dienstleistungsbereichen. "Hinzu kommt, dass die pandemiebezogenen staatlichen Konsumausgaben nach und nach entfallen dürften. Damit sinkt der Staatskonsum von dem zuvor erhöhten Niveau ab", gibt die Bundesbank zu bedenken. Schließlich wird sich nach ihrer Einschätzung auch die Baukonjunktur weiter abkühlen.
Inflation könnte zweistellig bleiben
Mit Blick auf die Inflation erwartet die Bundesbank, dass dies "auch über den Jahreswechsel hinaus zweistellig bleiben" könnte Die Übernahme der Gasabschlagszahlung durch den Staat im Dezember werde die Verbraucher zwar entlasten. "Noch ist aber unklar, inwieweit sie sich in der amtlichen Preismessung und damit in der Inflationsrate niederschlägt." Die Jahresinflationsrate war im Oktober in Deutschland auf 10,4 Prozent geklettert. Die Bundesbank sieht inzwischen ein gestiegenes Risiko von Zweitrundeneffekten. Wenn die Inflation zu höheren Tarifabschlüssen und damit Lohnkosten führt, kann dies die Teuerung anheizen. Löhne und Preise würden sich also hochschaukeln und die Inflation verfestigen.
Der Bundesbank zufolge fielen die jüngsten Tarifabschlüsse vermehrt kräftig aus. Zudem forderten Gewerkschaften angesichts der Inflation außergewöhnlich hohe Lohnzuwächse. So verlangt die Gewerkschaft Verdi für den öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Geld für eine Laufzeit von zwölf Monaten. Es sei zwar nicht damit zu rechnen, dass diese Forderungen zu tatsächlichen Lohnabschlüssen in gleicher Größenordnung führten, schrieb die Notenbank. "Auch wenn das nicht auf eine von der Lohnseite beschleunigte Inflationsentwicklung hindeutet, hat das Risiko von Zweitrundeneffekten zugenommen."
Quelle: ntv.de, jwu/DJ/dpa