Wirtschaft

Blaupause für Brexit-Gespräche Ceta-Posse lehrt Briten das Fürchten

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In der polnischen Hauptstadt Warschau wird gegen Ceta demonstriert.

(Foto: REUTERS)

Eine belgische Region bringt Ceta womöglich zu Fall. Die EU macht sich damit lächerlich. Vor allem für Großbritannien dürfte das ein Problem sein.

Das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta steht vor dem Aus. Jahrelang wurde verhandelt – und dann sorgt die belgische Region Wallonien kurz vor der Unterzeichnung dafür, dass der Deal womöglich scheitert. Das ist für die EU ein Desaster und dürfte besonders in Großbritannien für schlechte Laune sorgen.

Zumindest bei denjenigen Briten, die auf einen soften Brexit und eine Einigung mit der EU hoffen. Wenn die EU nicht einmal in der Lage ist, ein Freihandelsabkommen mit Kanada unter Dach und Fach zu bringen, wie soll dann ein Brexit-Deal gelingen? Zumal der Scheidungsprozess und die Entflechtung unendlich komplizierter werden.

Wie bei Ceta muss zudem auch hier jedes einzelne Land der EU den ausgehandelten Deal absegnen. Es reicht also, dass sich eine Regierung aus innenpolitischen Gründen querstellt – und der Deal ist gestorben.

Schlimmer noch: Die Verhandlungen zwischen den Briten und dem Rest der EU werden unter immensem Zeitdruck stattfinden. Ist die Scheidung nach Artikel 50 des EU-Vertrags formal eingereicht, dann müssen die Gespräche innerhalb von nur zwei Jahren abgeschlossen sein. Andernfalls kommt es zum harten Brexit – also zum ungeregelten Austritt aus der Union. Zur Einordnung: Die EU und Kanada haben für Ceta fünf Jahre gebraucht.

Hinzu kommt: Die Entscheidung für den Brexit war politisch motiviert und widersprach jeglicher wirtschaftlicher Vernunft. Und auch in der EU werden politische Befindlichkeiten und Zwänge die Verhandlungen prägen.

Neben den Briten müssen 27 Länder mit ganz unterschiedlichen Interessen die Scheidungspapiere unterschreiben. Es wäre absurd, zu glauben, dass sich überall plötzlich Pragmatismus durchsetzt. Das Gezerre um Ceta und das größere TTIP-Abkommen mit den USA zeigt das eindrucksvoll.

Dabei ist es völlig nebensächlich, wie man zu Ceta oder TTIP steht. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat völlig recht: Es geht um die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union. "Wenn wir dieses Handelsabkommen mit Kanada nicht abschließen können, sehe ich nicht, wie es möglich sein soll, Handelsabkommen mit anderen Teilen der Welt zu vereinbaren", sagt er.

Dem Brexit-Lager in Großbritannien mag das wie eine Bestätigung aller Vorbehalte gegen die EU erscheinen. Die schlechte Nachricht: Zusammen mit ihren Landsleuten sollten sie sich langsam darauf einstellen, dass es zum harten Brexit kommen dürfte.

Quelle: ntv.de

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