Gewinn dank Kursabsturz Credit-Suisse-Rettung beschert Shortsellern Millionen
20.03.2023, 19:17 Uhr
Spekulanten können bei jedem Wetter an der Börse Geld verdienen. Allerdings müssen sie die Kursentwicklung richtig vorhersagen.
(Foto: picture alliance/KEYSTONE)
Krisenzeiten an der Börse bieten für Zocker immer auch Chancen, schnell viel Geld zu verdienen. Das versuchen Spekulanten auch bei der strauchelnden Credit Suisse. Nicht alle Wetten gehen auf.
Wertpapiere der kriselnden Credit Suisse (CS) hatten einen dramatischen Absturz hinter sich, bevor schließlich die Übernahme der Großbank durch den Konkurrenten UBS verkündet wurde. Nach der Rettung ging es dann noch einmal steil bergab. Auch Anleihen der Traditionsbank verzeichneten heftige Kursverluste. Während das für Langzeit-Aktionäre und Anleihe-Gläubiger entsprechende Einbußen mit sich bringt, eröffnen derartige Kursstürze für Hedgefonds und andere Spekulanten Möglichkeiten, schnell viel Geld zu verdienen - oder zu verzocken. Rund um das Ende der Credit Suisse ist ihnen beides gelungen.
Leerverkäufern etwa hat die Krise Millionengewinne beschert. Seit dem Börsenschluss am vergangenen Freitag konnten Anleger, die auf fallende Kurse gesetzt hatten, mit den in der Schweiz und in New York notierten Aktien einen Gewinn von fast 430 Millionen US-Dollar erzielen, wie aus Daten des Finanzanalyseanbieters Ortex hervorgeht. UBS hatte im Rahmen der am Wochenende ausgehandelten Rettungsaktion einen Preis von nur 76 Rappen pro Aktie durchgesetzt, weit unter dem Schluss der Credit-Suisse-Aktie von 1,86 Franken vom vergangenen Freitag. An der Börse in Zürich fiel das Papier allein am heutigen Montag um 60 Prozent, so dass Shortseller dort 388 Millionen Dollar Gewinn verbuchen konnten. Die an der New Yorker Börse notierten Credit-Suisse-Aktien brachen zu Wochenbeginn um 59 Prozent und bescherten den Leerverkäufern dort 42 Millionen Dollar Gewinn.
Die Aktie der Credit Suisse hat seit Jahresbeginn rund 75 Prozent ihres Wertes verloren. 2022 buchte sie 7,9 Milliarden Dollar Verlust und damit den höchsten Fehlbetrag seit der globalen Finanzkrise 2008. Nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank war in der vergangenen Woche die Situation bei der unter enormem Vertrauensverlust leidenden Schweizer Bank eskaliert. Anleger zogen in Scharen ihr Geld ab. Am Sonntag schließlich stimmte die UBS auf Drängen der Schweizer Regierung zu, die Credit Suisse in einem Deal im Wert von 3 Milliarden Franken zu übernehmen.
Nach der Ankündigung des Deals fielen auch die UBS-Aktien zum Wochenauftakt um bis zu 10 Prozent. Während Credit Suisse für Leerverkäufer die lohnendste Wette war, konnten sie mit dem Kursrückgang der UBS auch noch 22 Millionen Dollar Gewinn machen, hieß es von Ortex: "Die Zahl der ausgeliehenen Aktien der Credit Suisse hat sich innerhalb einer Woche fast verdreifacht." Die krisengeschüttelte First Republic Bank gehörte ebenfalls zu den profitabelsten Short-Wetten der vergangenen Tage. Hier verbuchten sie seit Freitag Gewinne in Höhe von 53 Millionen Dollar.
Riskante Anleihen werden komplett wertlos
Auch festverzinsliche Credit-Suisse-Anleihen büßten in der vergangenen Woche, als manche Anleger eine Insolvenz der Bank befürchteten, heftig an Wert ein. Andere sahen genau das als Chance. Denn sie gingen davon aus, dass die Schweizer Behörden eine Pleite der Traditionsbank mit allen Mitteln verhindern würden, und kauften entsprechende Anleihen. Einem Bericht der "New York Times" schlugen mindestens zwei auf hochriskante Schuldtitel spezialisierte US-Firmen bei Credit Suisse zu. Je nach Art des Papiers endete diese Wette jedoch mit gegenteiligem Ergebnis.
Gewöhnliche Anleihen der Bank, die vergangenen Woche für rund 60 Cent pro Dollar Nennwert zu haben waren, legten nach Bekanntgabe der Übernahme deutlich im Wert zu. Denn mit der unter staatlichem Druck zustande gekommenen Rettungsaktion stieg die Wahrscheinlichkeit, dass diese Schulden vollständig zurückgezahlt werden nach Ansicht der Investoren sprunghaft an.
Andere Anleihen, sogenannte Pflichtwandel- oder AT1-Anleihen, waren sogar noch günstiger zu haben. Sie wurden vergangene Woche zeitweise für nur noch 20 Prozent ihres Ursprungswertes gehandelt. Der möglicherweise zu erzielende Gewinn war also noch größer. Diese Papiere sind allerdings riskanter als gewöhnliche Anleihen, denn gemäß den Geschäftsbedingungen können die Schulden im Fall einer drohenden Insolvenz in Eigenkapital der Bank umgewandelt werden und die Gläubiger ihre Ansprüche verlieren. Genau das ordnete die Schweizer Finanzaufsicht im Rahmen des am Wochenende ausgehandelten Deals mit der UBS an. Anleihen mit einem Ursprungswert von 16 Milliarden Franken wurden auf einen Schlag wertlos. Investoren, die auf die AT1-Anleihen gewettet hatten, verloren ihren ganzen Einsatz.
Quelle: ntv.de, mbo/DJ