Bankenrettung und Steuergeld Finanzminister nehmen sich Italien vor
10.07.2017, 18:12 Uhr
Wolfgang Schäuble will die Bankenrettung reformieren und auf einheitliche Maßstäbe festlegen.
(Foto: dpa)
Die italienische Regierung hat mehrere wankende Banken gerettet. Europäische Finanzminister kritisieren jedoch, dass dabei verschiedene Maßstäbe angesetzt wurden. Das sei "schwer zu erklären", sagt Finanzminister Schäuble - und fordert Reformen.
Die jüngst erfolgten Bankenrettungen in Italien spalten die Finanzminister der Eurozone. "Wir brauchen einen Zustand, dass sich endlich alle einmal an die Regeln halten", sagte der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling in Brüssel. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte zwar, angesichts der "schwierigen Situation" seien die italienischen Rettungen "ganz gut gelaufen". Aber auch er kritisierte Unterschiede zwischen nationalen und europäischen Abwicklungsregeln.
Die EU hat sich in den vergangenen Jahren schärfere Regeln zur Überwachung und Abwicklung maroder Banken gegeben, nachdem die Mitgliedstaaten während der Finanzkrise Institute mit vielen Milliarden Steuergeld gerettet hatten. Nun sind die ersten Fälle unter den neuen Regeln aufgetreten. Als relativ unproblematisch gilt die spanische Krisenbank Banco Popular, die für einen symbolischen Euro vom Konkurrenten Santander übernommen wurde.
Umstrittener sind die Bankenrettungen in Italien, wo der Anteil fauler Kredite bei den Instituten besonders hoch ist. Anfang Juli hatte die EU-Kommission eine staatliche Beihilfe von 5,4 Milliarden Euro für das italienische Institut Monte dei Paschi di Siena (BMPS) gebilligt. Zwei kleinere Institute, die Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza, durfte Italien dagegen nach nationalen Regeln retten. Die Regierung in Rom stellt dazu bis zu 17 Milliarden Euro bereit.
Der Fall Hypo Alpe Adria
Schäuble hatte bereits Ende Juni kritisiert, dass die nationalen Rettungsbedingungen für Eigentümer und Gläubiger günstiger sind als die europäischen Regeln für die Bankenabwicklung. In diese Kerbe schlug auch Schelling. Er verwies darauf, dass die österreichische Krisenbank Hypo Alpe Adria bisher die einzige sei, die nach den europäischen Regeln abgewickelt worden sei. Er wolle deshalb eine Diskussion, warum in den italienischen Fällen nationales Recht "anstelle der europäischen Richtlinie" durchgesetzt worden sei.
Auch Schäuble sagte, es sei aus der Sache heraus "schwer zu erklären", dass es zwischen den europäischen und nationalen Abwicklungsbestimmungen Unterschiede gebe. Dies sei in den Regeln aber bisher so angelegt. "Deswegen muss man darüber diskutieren, wie man das für die Zukunft ändern kann."
EU plant Aktionsplan zu faulen Krediten
Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan verwies auf eine "schwierige Übergangsphase". Die jüngsten Bankenrettungen seien so erfolgt, "dass sie den Steuerzahler und die Wirtschaft so wenig wie möglich kosten", sagte er in Brüssel. "Folglich stärkt das die Bankenunion anstatt sie zu schwächen."
Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sah mit Blick auf die unterschiedlichen Standards "keine Gesetzeslücke". Die eigentliche Frage sei, ob bei solchen nationalen Rettungsaktionen auch die EU-Regeln für Staatsbeihilfen angewendet würden, sagte er. Der Niederländer plädierte aber dafür, die schrittweise Angleichung der unterschiedlichen Insolvenzregeln zu beschleunigen.
Schäuble mahnte zudem zum schrittweisen Abbau der großen Menge fauler Kredite bei europäischen Banken. Das sei von entscheidender Bedeutung, sagte er. Gleichzeitig gab er sich zuversichtlich: "In einer Zeit, in der es wirtschaftlich ja in der Eurozone ganz gut geht, sind die Chancen, das zu stabilisieren, sehr günstig." Ende 2016 erreichte die Summe der Kredite mit hohem Ausfallrisiko bei europäischen Banken rund eine Billion Euro.
Im Kreise aller EU-Staaten wollen die Finanzminister am Dienstag einen "Aktionsplan" zum Problem fauler Kredite verabschieden. Dieser warnt nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP vor grenzüberschreitenden Problemen für die gesamte Wirtschaft, wenn der hohe Anteil notleidender Kredite bei Europas Banken nicht angegangen werde. Gefordert werden deswegen unter anderem Leitlinien auch für kleinere Banken und eine EU-weite Überprüfung der unterschiedlichen Insolvenzregeln bis Ende 2018.
Quelle: ntv.de, mli/AFP