Wirtschaft

Wegen Ukraine und Gaza G20-Finanzminister werden sich bei Abschlusserklärung nicht einig

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Es dürfe kein Gewöhnungseffekt eintreten zum Beispiel dazu, dass gegen die Ukraine ein Krieg geführt werde, hatte Lindner im Vorfeld gesagt.

Es dürfe kein Gewöhnungseffekt eintreten zum Beispiel dazu, dass gegen die Ukraine ein Krieg geführt werde, hatte Lindner im Vorfeld gesagt.

(Foto: IMAGO/Fotoarena)

Das Treffen der Finanzminister der G20-Staaten endet ohne eine gemeinsame Erklärung. Gastgeber Brasilien hätte die geopolitischen Konflikte gern außen vor gelassen, doch da spielt unter anderem Deutschland nicht mit.

Die Finanzminister der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) haben sich zum Abschluss ihrer Gespräche in Brasilien nicht auf eine gemeinsame Sprache für eine Erklärung einigen können. Bundesfinanzminister Christian Lindner erklärte am Flughafen von Sao Paulo vor Journalisten, dass es für ein gemeinsames Kommuniqué trotz intensiver Bemühungen keinen Konsens gegeben habe. "Es ist daran gescheitert, dass wir keine gemeinsame Sprache haben verabreden können zur Bewertung der Folgen des Krieges gegen die Ukraine auf die Weltwirtschaft. Es ist bedauerlich, denn dieser Krieg hat erhebliche Folgen für die weltwirtschaftliche Entwicklung und insbesondere die Ärmsten leiden unter den Folgen dieser Aggressionen", sagte Lindner.

Es habe bei dem Gipfeltreffen auch Stimmen gegeben, die den Versuch unternommen hätten, den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine mit der humanitären Situation im Gazastreifen gleichzusetzen. "Auch das war für viele Kolleginnen und Kollegen und für mich nicht akzeptabel", so der Minister.

Brasilien, das die Finanzminister und Zentralbankchefs der G20-Gruppe zu Gast hatte, veröffentlichte deswegen anstelle eines gemeinsamen Kommuniqués eine eigene Zusammenfassung. "Ich hätte mir von dieser Zusammenfassung ebenfalls aber eine klarere Sprache gewünscht hinsichtlich der geopolitischen Situation und des Kriegs gegen die Ukraine. Ganz offensichtlich hat die brasilianische Präsidentschaft hier stärker ihre eigene Position dargestellt", sagte der Bundesfinanzminister.

Brasilien wollte nicht über Kriege diskutieren

Die Zusammenfassung, die die brasilianische Regierung veröffentlichte, nennt die wirtschaftlichen Risiken von "Kriegen und eskalierenden Konflikten", drängt aber darauf, diese an anderen Orten zu diskutieren. Der brasilianische Finanzminister Fernando Haddad erklärte gegenüber Journalisten, dass die Differenzen zwischen den G20-Außenministern über regionale Konflikte in der Vorwoche die Gespräche der Finanzminister "kontaminiert" und die Bemühungen um eine gemeinsame Erklärung zunichtegemacht hätten. "Es gab einen Punkt, an dem der Mangel an Konsens so gering war, dass er nur ein Wort betraf", sagte Haddad, ohne Einzelheiten zu nennen.

Aus G20-Verhandlungskreisen verlautete es bereits vor Ende des Treffens, dass Russland Formulierungen zum Krieg gegen die Ukraine ablehnte und dagegen von einem Krieg in der Ukraine sprechen wollte. Das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen solle nicht namentlich erwähnt werden, was Deutschland wichtig gewesen sei. Stattdessen sollte von einer humanitären Krise im Gazastreifen gesprochen werden. Brasilien wollte als Gastgeber des G20-Treffens diese Themen eigentlich ausklammern und den Schwerpunkt auf reine wirtschaftspolitische Fragen richten. Doch dann überschatteten die geopolitischen Konflikte die Beratungen.

Pläne für Mindeststeuer für Superreiche

Eine der Prioritäten Brasiliens bei den G20-Beratungen ist, die Ungleichheit auf der Welt zu verringern. Bis Juli will das Land Pläne für eine stärkere Besteuerung von Milliardären vorlegen. Angedacht ist, die internationale Steuerreform, die aus zwei Säulen besteht, um einen weiteren Pfeiler zu ergänzen. Superreiche Personen sollen dann - ähnlich wie größere Unternehmen - eine Mindeststeuer zahlen müssen. Frankreich signalisierte bereits Unterstützung für die Idee einer Mindeststeuer für Superreiche. Sie könnten ähnlich wie Firmen ihren Steuersatz drücken und am Ende weniger zahlen als ärmere Menschen, so Finanzminister Bruno Le Maire. Einer Studie zufolge könnte eine Mindeststeuer für Milliardäre jährlich 250 Milliarden Dollar einsammeln. Die 2700 Milliardäre auf der Welt besitzen ein Vermögen von zusammen fast 13 Billionen Dollar.

Achim Steiner, Chef des UN-Entwicklungsprogramms UNDP, sagte, für Brasilien sei es bereits ein Erfolg, dass es nur noch einen strittigen Punkt gebe und dies über wenige Worte. Brasilien habe klare Akzente gesetzt, etwa in der Steuerpolitik. Die Reaktionen darauf seien unterschiedlich gewesen. "Im Prinzip hat Brasilien aber ein Mandat aus dieser Sitzung bekommen, diesen Vorschlag erst mal weiterzuentwickeln." Man könne schon mit etwas höheren Steuersätzen für Superreiche beträchtliche Zusatzeinnahmen erzielen. Im Juli werde sich zeigen, ob Brasilien einige seiner Schwerpunkte umsetzen könne.

Ärmeren Staaten müsse stärker geholfen werden, forderte Steiner. "Die Schuldenproblematik und Liquidität in Entwicklungsländern ist mittlerweile ein Krisenszenario." 50 ärmere Länder der Welt seien kurz davor, zahlungsunfähig zu werden oder nicht mehr in der Lage, ihre Zinsverpflichtungen weiter zu bedienen. Die starken Zinssteigerungen zur Bekämpfung der hohen Inflation hätten vielen Entwicklungsländern eine Wirtschaftskrise eingebrockt. Nun müsse es darum gehen, Schuldenerlasse oder Umstrukturierungen möglich zu machen.

Quelle: ntv.de, ino/rts

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