Wirtschaft

Millionen Firmen am Abgrund Gigantische Pleitewelle rollt auf China zu

Viele Kleinbetriebe haben keine ausreichenden Reserven, um mehrere Monate Stillstand zu überstehen.

Viele Kleinbetriebe haben keine ausreichenden Reserven, um mehrere Monate Stillstand zu überstehen.

(Foto: REUTERS)

Nach der wochenlangen Zwangspause nehmen einige Betriebe die Arbeit wieder auf. Für viele von Chinas 18 Millionen kleinerer Firmen kommt das jedoch zu spät. Ihnen droht bereits das Geld auszugehen. Die angebotene Hilfe von Staat und Banken reicht bislang nicht.

Es gibt erste positive Nachrichten vom Kampf gegen die Coronavirus-Epidemie in China: Langsam nimmt die Wirtschaft wieder Fahrt auf. Die Mehrheit der Autowerke von Volkswagen sei inzwischen wieder in Betrieb, teilte der Konzern mit. Auch Apple öffnet seine Läden wieder. Verkehrsdaten aus Peking und anderen Metropolen zeigen, dass wieder etwas mehr Menschen zur Arbeit fahren. Doch während das öffentliche Leben nach rund vier Wochen Stillstand aufgrund der aus Angst vor dem neuen Coronavirus verlängerten Neujahrsferien ganz langsam wieder anläuft, ist die größte Gefahr für die Wirtschaft nicht überwunden. Im Gegenteil: Millionen kleiner und mittelgroßer Unternehmen, die das Rückgrat der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt bilden, droht die Pleite - falls der Staat oder die Banken sie nicht schnell stützen.

Laut einer Umfrage der Chinesischen Vereinigung Kleiner und Mittlerer Firmen (CASME) haben rund ein Drittel der befragten Betriebe Barreserven, die für höchstens einen Monat ausreichen, um ihre Fixkosten zu decken. Ein weiteres Drittel könnte noch einen weiteren Monat überleben. Zugleich gaben etwa 70 Prozent der Unternehmen an, sie hätten ihren Betrieb nach der wochenlangen Zwangspause noch nicht wieder aufnehmen können, etwa weil sie die erforderlichen Genehmigungen noch nicht erhalten hätten oder die Mitarbeiter noch nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren konnten.

Laut offizieller Statistik gab es 2018 in China rund 18 Millionen kleiner und mittlerer Firmen vom Einzelunternehmer bis zu Betrieben mit 2000 Angestellten. Sie erwirtschaften rund 60 Prozent des chinesischen Inlandsproduktes und stellen fast 80 Prozent der Arbeitsplätze. Die finanzielle Situation vieler privater Unternehmen war jedoch schon vor der Viruskrise angespannt. Kleine Betriebe haben oft gar keinen Zugang zu Bankdarlehen, größere nur zu deutlich schlechteren Bedingungen als staatliche oder halbstaatliche Firmen.

Kleine Firmen sitzen auf Billionen-Schuldenberg

Millionen von Firmen, die in den vergangenen Wochen keine oder kaum Einnahmen hatten, sind dringend auf finanzielle Unterstützung oder Aufschübe bei der Rückzahlung von Krediten und Anleihen angewiesen. Sowohl Banken als auch die Regierung und die Zentralbank haben bereits Hilfe angekündigt. Doch die bisherigen Zusagen dürfen kaum ausreichen. So haben die Banken laut einem Bloomberg-Bericht als Reaktion auf die Coronakrise Sonderdarlehen von knapp 800 Milliarden Yuan (116 Milliarden Dollar) angeboten. Allein die Kredite chinesischen Kleinunternehmer belaufen sich allerdings auf rund 37 Billionen Yuan (circa 5,4 Billionen oder 5400 Milliarden Dollar). Von speziellen Corona-Anleihen zu niedrigen Zinsen profitieren bisher nur wenige und vor allem größere Unternehmen.

Viele der von Regierung angekündigten Maßnahmen wie zusätzliche Staatsausgaben zum Ankurbeln der Konjunktur dürften zudem erst langsam wirken. Ob es dahin zu einer gigantischen Pleitewelle kommt, wird neben staatlicher Hilfe vor allem davon abhängen, wie schnell sich das öffentliche Leben vollständig normalisiert und ob ein Teil des ausgefallenen Geschäfts nachgeholt werden kann. Darauf hoffen etwa die Autohändler, deren Umsatz in der ersten Februarhälfte um mehr als 90 Prozent gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr einbrach.

In anderen Bereichen wie der Gastronomie und der Unterhaltungsbranche dürften die entgangenen Einnahmen dagegen verloren sein. So sind die Ticketumsätze der chinesischen Kinos seit Ende Januar praktisch auf null gefallen. Viele haben ganz geschlossen. Bis die Besucher sich zurücktrauen, wird es noch dauern. Ausgefallene Kino- und Restaurantbesuche und andere Freizeitaktivitäten dürften wohl kaum je nachgeholt werden.

Quelle: ntv.de

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