Wirtschaft

"Blut für das Abkommen" Gläubiger kommen Athen entgegen

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras.

(Foto: REUTERS)

Die Geldgeber schwächen ihre Forderungen an die griechische Regierung ab. Doch diese verlangt weitere Zugeständnisse. In der griechischen Presse ist von "schockierenden Vorschlägen" der Gläubigergruppe die Rede.

In dem Gezerre um neue Milliardenhilfen sind die internationalen Geldgeber der griechischen Regierung offenbar entgegengekommen - doch es ist fraglich, ob Athen die abgemilderten Forderungen akzeptieren wird.

Was EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an Ideen unterbreitet habe, "liegt in jeder Beziehung unter unseren Erwartungen", sagte der stellvertretende Schifffahrtsminister Thodoris Dritsas im griechischen Fernsehen. Stimmten die Berichte über die Vorschläge der internationalen Geldgeber, "können wir sie nicht akzeptieren". Seine Regierung werde nicht kapitulieren. Oder wie es der Pressesprecher von Finanzminister Yanis Varoufakis ausdrückte: "Beharren auf Wahrheit, Vernunft, Legitimität. Mäßigung und grundlegende Menschlichkeit mag eine effektive Antwort sein auf absolute, brutale und scheinheilige Macht", twitterte Dimitris Yannopoulos.

Juncker hatte in der vergangenen Nacht mit Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem in Brüssel gesprochen. Das mehrstündige Treffen brachte keinen erkennbaren Durchbruch.

Es deutet vieles darauf hin, dass die Gläubiger eine wesentliche Forderung deutlich abgemildert haben: Der Primärüberschuss (das ist der Haushaltssaldo ohne Zinszahlungen und Schuldentilgung) muss in den kommenden Jahren geringer sein als bisher verlangt. Dem "Wall Street Journal" zufolge soll Griechenland in diesem Jahr einen Primärüberschuss von einem Prozent erreichen und im kommenden Jahr von zwei Prozent. 2017 sollen es drei Prozent sein.

Bislang verlangten die Gläubiger, dass Athen in diesem Jahr einen von 3,5 Prozent und im kommenden Jahr von 4,5 Prozent erwirtschaftet. Diese Vorgaben gelten angesichts der wieder herrschenden Rezession seit Monaten als nicht mehr erreichbar. Aber auch um die neuen Ziele zu erfüllen, müsste die Regierung weitere harte Einschnitte vornehmen und würde damit womöglich auf Konfrontationskurs mit den linken Hardlinern gehen.

Dem Bericht zufolge bestehen die Gläubiger icht mehr darauf, dass in Griechenland öffentlichem Sektor weitere Stellen gestrichen werden. Außerdem soll ein Gesetz, dass Unternehmern Entlassungen leichter macht, später in Kraft treten als bisher gefordert.

Doch in anderen Punkten bleibt die aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank bestehende Gläubigergruppe hart. Sie fordern von Juli an Kürzungen bei den Rentenausgaben. Diese Einsparungen sollen in diesem Jahr 0,25 bis 0,5 Prozent zu Griechenlands Bruttoinlandsprodukt beitragen und im kommenden Jahr 1 Prozent.

Tsipras sagte, die Geldgeber hätten gefordert, dass Zusatzrenten abgeschafft werden oder dass die Mehrwertsteuer für die Energie erhöht werde. "Das haben wir natürlich abgelehnt." Der griechische Vorschlag sei der realistische, sagte Tsipras ohne konkret zu werden.

"Schockierende Vorschläge"

Auch in der griechischen Presse dominiert eine ablehnende Haltung. "Blut für das Abkommen", titelt das Traditionsblatt der politischen Mitte, "Ta Nea". Einige Forderungen der Geldgeber könnten laut Regierungschef Tsipras nicht akzeptiert werden. Darunter sei die Mehrwertsteuererhöhung um zehn Prozent für die Elektrizitätsrechnungen. Das konservative Zeitung "Kathimerini" titelt: "Verlängerung im Verhandlungsthriller." Das linke Blatt "Efimerida ton Syntakton" schreibt, man stehe "am Rande eine Bruchs" (mit den Gläubigern). Die Geldgeber hätten Tsipras wenig Raum gelassen, zu manövrieren. Es würden Maßnahmen gefordert, von denen von vornherein klar sei, dass sie nicht akzeptiert werden können, meint das Blatt.

"Sie fordern Blut, um Geld zu geben", titelt die satirische Wochenzeitung "To Pontiki". Weitere Kürzungen von Renten, Erhöhung der Mehrwertsteuer, Privatisierungen und neue Entlassungen kämen auf die Griechen zu, hieß es. Positiv dagegen sieht das Wirtschaftsblatt "Naftemboriki" das Spitzentreffen in Brüssel. "Der Weg für eine Einigung öffnet sich", titelt die Zeitung. Dagegen meint das Wirtschaftsblatt "Imerisia", Juncker habe Tsipras schockierende Vorschläge präsentiert. Die Gläubiger blieben auf hartem Kurs.

Athen verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Kreditgebern über die Bedingungen, zu denen in Aussicht gestellte Hilfsgelder von 7,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen. Nun drängt die Zeit, weil das griechische Hilfsprogramm zum Monatsende ausläuft

Jede Einigung müsste in Griechenland durch das Parlament gebilligt werden. Tsipras sah sich in den vergangenen Monaten unter wachsendem Druck von Kräften in seiner Syriza-Partei, die jegliche Fortsetzung der Sparpolitik ablehnen. Einige Syriza-Vertreter haben bereits angekündigt, lieber Neuwahlen zu erzwingen als dies zu akzeptieren.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ

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