Wirtschaft

Pyrotechniker stürzen in Krise Handel fordert weitere Lockdown-Hilfen

Der Einkaufsbummel in der Adventszeit fällt ab Mittwoch flach. Der Handel steht vor massiven Einbußen.

Der Einkaufsbummel in der Adventszeit fällt ab Mittwoch flach. Der Handel steht vor massiven Einbußen.

(Foto: dpa)

Weihnachten - das ist für viele Einzelhändler die wichtigste Zeit des Jahres. Doch in diesem Jahr drohen durch den Lockdown massive Einbußen. Branchenverbände fordern deshalb weitere Hilfen des Staates. Das gilt erst recht für die pyrotechnische Industrie, die sich am Abgrund sieht.

Vielen Einzelhändlern droht angesichts des neuen Lockdowns mitten im wichtigen Weihnachtsgeschäft dem Branchenverband HDE zufolge ohne staatliche Hilfen das Aus. Nach den Beschlüssen von Bund und Ländern kritisierte der HDE, dass die bisher geplanten Hilfsprogramme für die Einzelhändler ungenügend seien. Die Bundesregierung dürfe die Branche "nicht im Regen stehen lassen": "Die bisher vorgesehenen Gelder reichen bei weitem nicht aus, um eine Pleitewelle in den Innenstädten zu verhindern.

Für die Einzelhändler ist der Dezember der umsatzstärkste Monat, auch den Löwenanteil ihrer Gewinne fahren sie in der Regel um die Feiertage ein. Mit den Schließungen abseits des Lebensmittelhandels ab Mittwoch drohe den betroffenen Geschäften ein Umsatzminus von 60 Prozent, hieß es. Im Vorjahresvergleich würden so rund zwölf Milliarden Euro Umsatz für die Händler verloren gehen, rechnete der Verband vor. Die Schließungen träfen knapp 200.000 Handelsunternehmen. Bis zu 250.000 Stellen stünden auf der Kippe.

Der HDE fordere deshalb für den Dezember eine Gleichbehandlung mit der Gastronomie und die Aufnahme der Branche in die Dezemberhilfen. Ab Januar müsse dann eine neue Form der Finanzhilfe für den Einzelhandel gefunden werden.

Der Bund hat sich bereits bereiterklärt, neue Milliardenentschädigungen für die nun zusätzlich betroffenen Unternehmen zu übernehmen. Konkret soll bei der Überbrückungshilfe III, die von Januar an gilt, der Höchstbetrag von 200.000 Euro auf 500.000 Euro erhöht werden. Der maximale Zuschuss ist demnach geplant für direkt und indirekt von Schließungen betroffene Unternehmen. Die Überbrückungshilfe ist ein Zuschuss bei coronabedingten Umsatzrückgängen. Erstattet werden betriebliche Fixkosten. Für die von der Schließung betroffenen Unternehmen soll es Abschlagszahlungen ähnlich wie bei den November- und Dezemberhilfen geben.

Die Kosten der erweiterten Überbrückungshilfe III werden während eines Monats mit angeordneten Schließungen auf etwa 11,2 Milliarden Euro geschätzt, wie aus einem Papier von Finanz- und Wirtschaftsministerium hervorgeht. Geplant sind laut Beschlusspapier außerdem Entlastungen für den Handel - die laut den Verbänden aber nicht ausreicht.

"Schwere Krise" der pyrotechnischen Industrie

Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, reagierte positiver auf die angekündigten Ausweitungen der Hilfen: Es sei wichtig, die von den härteren Vorgaben betroffenen Betriebe und Unternehmen nicht allein zu lassen. "Insofern begrüßen wir die Ankündigung einer Überbrückungshilfe III", sagte Wollseifer. "Wir hätten uns anderes gewünscht und auf die nun geplanten Einschränkungen gerne verzichtet, aber leider gibt die Infektionsdynamik der Politik den Takt vor."

Die Hersteller von Böllern und Raketen werden durch das Verkaufsverbot von Feuerwerk zu Silvester nach eigenen Angaben in eine schwere Krise stürzen. Im Zweifel drohe die Insolvenz des gesamten Wirtschaftszweigs, erklärte Thomas Schreiber, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der pyrotechnischen Industrie (VPI).

Der Verband fordert einen vollen Ausgleich für die Umsatzverluste im dreistelligen Millionenbereich. Da die Branche 95 Prozent ihrer Jahreserlöse im Dezember erwirtschafte, befürchteten Verbandsjuristen, dass Unternehmen bei den Überbrückungshilfen leer ausgehen. "Wir brauchen gesonderte Hilfsgelder, um die 3000 Einzelexistenzen in der Branche zu sichern", erklärte Schreiber.

Kulturrat fordert weitere Hilfen

Nach der Entscheidung von Bund und Ländern, Feuerwerk zunächst nicht verbieten zu wollen, hätten die Firmen mit ihren Hauptauslieferungen begonnen. Nun stehe der Einzelhandel vor dem Problem, was mit den Waren geschehen solle. Da Feuerwerk ein Kommissionsgeschäft sei, müsse der Schaden von der pyrotechnischen Industrie getragen werden. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Branche nach Verbandsangaben rund 130 Millionen Euro Umsatz. Ein Teil davon ist schon weggebrochen, weil es 2020 kaum Bühnen- oder Großfeuerwerke für Veranstaltungen gab.

Der Deutsche Kulturrat forderte derweil zusätzliche Hilfen für die Kultur. Dieser drohe eine weitere Verschärfung der "seit Monaten extrem angespannten Situation", teilte der Spitzenverband der Bundeskulturverbände in Berlin mit. Geschäftsführer Olaf Zimmermann sagte, die Not sei sehr groß. "Betroffen sind die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft genauso wie die öffentlichen Kultureinrichtungen und die soloselbstständigen Künstlerinnen und Künstler." Unter anderem verlangt der Kulturrat, für das überzeichnete Bundesprogramm "Neustart Kultur" erneut eine Milliarde Euro bereitzustellen.

Die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen soll nach dem Willen von Bund und Ländern auch im Januar ausgesetzt bleiben. Die eigentlich am 31. Dezember auslaufende Sonderregelung solle um einen Monat verlängert werden, kündigte der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte an. Demnach sind Unternehmen, die wegen der Corona-Krise in Bedrängnis geraten sind, derzeit nicht verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Die geplante Verlängerung ist laut Bovenschulte allerdings nicht Bestandteil der zwischen Bundesländern und Bund getroffenen Beschlüsse.

Auch der Deutsche Städtetag begrüßte die beschlossene Verschärfung der Corona-Maßnahmen. "Der harte Lockdown ist schmerzhaft, aber die Städte unterstützen ihn", sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Unser Land muss die Pandemie wieder in den Griff bekommen, bevor es zu spät ist und das Infektionsgeschehen völlig aus dem Ruder läuft", mahnte der Leipziger Oberbürgermeister von der SPD. Jung appellierte dringend an die Bevölkerung, sich an die neuen Regeln zu halten.

Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa

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