Mode und Schuhe für den Westen Kambodscha hebt den Mindestlohn
08.10.2015, 13:05 Uhr
Ein zweischneidiges Schwert: Wenn die Löhne zu stark steigen, könnten sich die großen Marken neue Niedriglohnländer suchen.
(Foto: imago/Xinhua)
Einigung im Fernen Osten: In den Textil- und Schuhfabriken in Kambodscha sollen Arbeiterinnen künftig mehr Geld bekommen. Die Anpassung des Lohnniveaus birgt für das wirtschaftsschwache Land enorme Risiken.
Arbeiterinnen in Textil- und Schuhfabriken in Kambodscha bekommen künftig mehr Geld. Der Mindestlohn steige von 128 auf 140 US-Dollar, teilte der Arbeitsminister des Landes mit. Das sind umgerechnet 124 Euro im Monat. Die Gewerkschaften hatten 160 Dollar gefordert.
Die Anhebung des Lohnniveaus birgt Risiken: Die Textilindustrie bringt Kambodscha pro Jahr gut fünf Milliarden Dollar Exporterlöse ein und stellt damit rund 80 Prozent der Exporte des Südostasienstaats. Noch gilt Kambodscha im Textilbereich als Billiglohnland. Nur Sri Lanka, Bangladesch und Pakistan haben nach einer Zusammenstellung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO noch niedrigere Mindestlöhne. Myanmar bemüht sich seit kurzem ebenfalls um den zweifelhaften Titel einer Nähstube der Welt.
Riskante Anpassung
Der starke Schwerpunkt in der Textilindustrie macht das Land anfällig: Sollte Kambodscha den Status als Billiglohnland verlieren, droht der mit Abstand wichtigste Wirtschaftszweig des bitterarmen Landes zusammenzubrechen. International tätige Mode- und Handelskonzerne dürften ihre Produktionsaufträge schnell in andere Staaten - etwa in Afrika - verlagern.
Die Mindestlohndebatte wirft damit auch ein Schlaglicht auf die gefährlich einseitig ausgerichtete Wirtschaftsstruktur Kambodschas. Bevor es zu weiteren Anpassungen beim Lohnniveau kommen kann, braucht das Land dringend ein breiter aufgestelltes Geschäftsmodell.
Starke Konkurrenz
Experten sehen die Entwicklung schon jetzt mit Sorge. "Mit Ansteigen der Löhne ist es wichtig, dass die Produktivität verbessert wird", heißt es in einer aktuellen ILO-Empfehlung für Kambodscha. Schon jetzt sehen sich die kambodschanischen Textil- und Schuhfabriken großer Konkurrenz ausgesetzt: In Ländern wie China, Bangladesch oder Indien sind die Niedriglohnsektoren um ein Vielfaches größer.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa