Wirtschaft

"Die Kunden von morgen anlocken" Warum ein Startup Videospiele für Luxuskonzerne entwickelt

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Welcome to Gucci Town!

Welcome to Gucci Town!

(Foto: Gucci)

Dutzende Millionen Menschen tummeln sich täglich auf Roblox - einem Baukasten, um eigene kleine Spiele zu entwickeln. Das Startup The Gang hat eine Nische entdeckt und schafft Welten für große Konzerne, die sich dort präsentieren wollen - und auf Kundenfang gehen.

Werbung in Videospielen gibt es in verschiedenen Formen- manchmal offenkundig, manchmal unterschwellig. Es gibt auch rein für Werbezwecke konzipierte Spiele. Was sie eint: Sie sollen Marken bei Zockern ins rechte Licht rücken. Die Online-Plattform Roblox scheint wie geschaffen dafür, hier können Nutzer ihre eigenen Ideen umsetzen. Während vor allem Zocker für viele der Eigenkreationen verantwortlich sind, entdecken auch immer mehr kleinere Entwicklerstudios Roblox für sich.

Das schwedische Startup The Gang entwickelt dort Spielwelten für große Marken und auch Luxuskonzerne wie Gucci und Givenchy. Da sich auf Roblox viele jüngere Menschen tummeln, versuchen die Unternehmen dort die Kunden von morgen für sich zu begeistern.

"Wir kamen durch Zufall auf Roblox, lernten die Plattform früh kennen und sahen das Potenzial - nicht nur bei den Spielern", sagt The-Gang-Chef Marcus Holmström im Gespräch mit ntv.de. "Hier hat man alles innerhalb eines Ökosystems. Die Plattform gibt dir alles: die Infrastruktur, die Server und die Möglichkeit, Spieler anzuziehen."

Man muss sich Roblox wie einen virtuellen Lego-Baukasten vorstellen, mit dem sich Welten zusammenstellen lassen, in denen man dann seine eigenen Spielregeln implementiert. Im Grunde bildet Roblox die riesige Welt der Videospiele in Miniaturausgabe und rudimentärer Grafik ab, schafft aber Raum für eigene kreative Ideen.

Shooter, Jump'n Runs, Rätselspiele - alles ist möglich

Populär sind Spiele wie "Adopt Me!", in dem die Nutzer virtuelle Haustiere adoptieren und pflegen oder "Welcome to Bloxburg", eine Städtesimulation, in der man bauen, Jobs nachgehen, in einer lebendigen virtuellen Gemeinschaft aufgehen kann. Shooter, Jump'n Runs, Rätselspiele - alles ist möglich. Die einfache Struktur macht die Plattform vor allem für Kinder und Jugendliche attraktiv, 30 Prozent der Spieler sind aber älter als 17 Jahre. Täglich zocken mehr als 58 Millionen Nutzer Roblox. Werbung in Spielen ist verboten, es sei denn, sie ist über Roblox eingekauft.

Vans und Skaten - das gehört zusammen. Doch nicht immer ist es so einfach.

Vans und Skaten - das gehört zusammen. Doch nicht immer ist es so einfach.

(Foto: Xbox)

The Gang hat diese Ad-Games als Schnittstelle für sich entdeckt - und erschafft die spielbare Dauerwerbesendung. Mit eben einem solchen werbefinanzierten Spiel schaffte das Unternehmen seinen Durchbruch. Für den Schuhhersteller Vans wurde die VansWorld geschaffen. Markennah skaten Spieler hier durch die Gegend. Das war 2019. Mittlerweile haben 100 Millionen Spieler die VansWorld erkundet und The Gang dutzende Ad-Games, aber auch eigene markenunabhängige Spiele, entwickelt. Sportartikelriese Nike, Musikstreaminggigant Spotify oder der chinesische Online-Versandhändler Shein gehören zu den Kunden. The Gang hat mittlerweile 250 Mitarbeiter, der Unternehmenswert liegt im achtstelligen Bereich. Trotz der einfachen Handhabe auf Roblox sei es immer wieder eine große Herausforderung, Spiele für bestimmte Marken zu entwickeln, betont Holmström.

"Selbst Sportmarken haben oft keine Ahnung, wie das Spiel aussehen soll", sagt er. "Wir erstellen ziemlich viele Konzepte und präsentieren die, von denen wir glauben, dass sie nicht nur für den Kunden, sondern auch für die Spieler auf der Plattform am besten passen." Die Roblox-Gemeinde sei sehr speziell. "Die Spieler sind dort, um abzuhängen, um Kontakte zu knüpfen und mit Freunden zusammen zu sein. Und das ist etwas, das man immer im Hinterkopf behalten muss." Es kommt aber auch auf die Intention des Kunden an. Die Zusammenarbeit mit mehreren großen Marken hat The Gang deshalb abgelehnt. "Vor allem dann, wenn wir das Gefühl hatten, dass es nicht das ist, wonach die Spieler suchen. Wenn die Marke nur eine Kampagne machen will, wenn das der einzige Grund ist, dann sagen wir nein", so der Schwede. The Gang wolle vor allem Spiele entwickeln, die der Roblox-Community Spaß machen.

"Man pflanzt die Saat"

Im Beauty House von Givenchy wird man zum Make-Up-Artist.

Im Beauty House von Givenchy wird man zum Make-Up-Artist.

(Foto: Givenchy)

Herausfordernd sind vor allem Ad-Games für Marken, bei denen sich nicht umgehend Videospielbzug herstellen lässt, so wie Luxusgüterhersteller. In Gucci Town kann man selbst Kunstwerke erstellen, den Tresor voller teurer Klunker erforschen oder sich im modischen Gucci-Stil ablichten lassen. Die Welt ist selbstverständlich gepflastert mit Logos und Produkten aus dem Luxuskosmos - einige sind virtuelle Schöpfungen, andere Abbilder echter Gucci-Produkte. Die Möglichkeit, Objekte über Roblox als realen Gegenstand zu kaufen, soll im vierten Quartal 2024 kommen. Doch laut Holmström wollen Unternehmen "oftmals mit der Plattform kein Geld verdienen". Das sei nicht das Hauptziel. "Es geht darum, die Marke bekannt zu machen. Und vielleicht die Kunden von morgen zu gewinnen. Man pflanzt die Saat."

Das sorgt natürlich für Kritik. Ein Beispiel: Gucci Town und Givenchys Beauty House haben keine Altersbeschränkung. Kinder könnten somit eine falsche Wertvorstellung erhalten - nämlich dass Luxus zum Alltag gehöre und omnipräsent sei. "Die Bedenken sind zu 100 Prozent berechtigt", räumt Holmström ein. Roblox arbeite aber hart daran, Kinder besser zu schützen. "Die Plattform ist sehr schnell gewachsen und Roblox hat sich vorher nicht auf Marken konzentriert, sondern darauf, Kindern beizubringen, wie man programmiert." Roblox müsse nun herausfinden, wie man das auf eine Art und Weise tun könne, "die weder für die Menschen noch für die Plattform schädlich ist".

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Zumindest was den Plan von In-Game-Käufen realer Gegenstände angeht, haben Entwickler die Möglichkeit, das nur Erwachsenen anzuzeigen. Schwachstellen gibt es aber noch einige bei Roblox. Ein Account bedarf bislang keiner ausgiebigen Verifizierung. Ein Geburtsdatum muss man zwar angeben, aber eben nicht zwingend wahrheitsgemäß. Erst für Inhalte "ab 17", eine FSK-Klasse, die Roblox erst vor einem Jahr eingeführt hatte, muss ein Selfie und ein Bild des Personalausweises vorgelegt werden.

Holmström bleibt jedoch optimistisch, dass sich Roblox dahingehend weiter anpassend wird. Für ihn ist die Plattform zudem das "größte Testfeld" für das Metaversum - dem digitalen Raum des Facebook-Mutterkonzerns Meta, in dem sich virtuelle, erweiterte und physische Realität vermischen. Roblox werde sich aber noch in verschiedene Richtungen entwickeln, so wie es auch bei Social Media der Fall war. "In welche Richtung genau und was tatsächlich passieren wird - es wird interessant sein, das zu verfolgen."

Quelle: ntv.de

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