Zehn Milliarden Euro Schaden Länder kämpfen gegen Schummel-Kassen
25.06.2015, 09:41 Uhr
Steuereinnahmen von bis zu zehn Milliarden Euro gehen jährlich verloren, weil Umsätze nicht oder falsch erfasst werden.
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Software-Tricks und falsche Rechnungen: Nicht jedes Bier, das über den Tresen geht, landet auch in den Steuererklärungen der Lokale. Die Finanzminister der Länder beklagen mangelnde Steuergerechtigkeit und rufen nach harten Strafen.
Die Länder starten einen neuen Anlauf, um dem seit Jahren grassierenden Steuerbetrug mit manipulierten Ladenkassen einen Riegel vorzuschieben. Die Finanzminister beraten in Berlin über ein Maßnahmenpaket gegen Tricksereien und schwarze Kassen in der Gastronomie sowie anderen Branchen mit hohem Bargeldanteil. Mit dem Konzept sollen Manipulationen gebuchter Umsätze verhindert werden.

Spezielle Softaware ermöglicht es, dass Bedieneingaben nicht aufgezeichnet werden.
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Nach Angaben des Bundesrechnungshofes ist der Schaden durch dieses "Massenphänomen" enorm: Jährlich verliere der Staat Steuereinnahmen von bis zu zehn Milliarden Euro, weil Unternehmen Umsätze nicht oder falsch erfassten. "Wir sollten jetzt ein Zeichen setzen, dass wir dem Treiben mit manipulierten Kassen nicht zusehen werden", sagte der Vorsitzende der Finanzministerkonferenz, Hessens Ressortchef Thomas Schäfer von der CDU. "Steuerhinterziehung muss bestraft und verhindert werden."
Rechnungsprüfer appelieren seit Langem
Eine vom Bund angeregte EU-weite Abstimmung sei sinnvoll. "Aber wir sollten selber bereits voran gehen und nicht auf andere warten", so Schäfer. Millionenfacher Steuerbetrug durch manipulierte Registrierkassen könne nicht hingenommen werden. Mit krimineller Energie werde die Gesellschaft um Milliarden geprellt, schwarze Schafe brächten ganze Branchen in Verruf.
Rechnungsprüfer mahnen seit mehr als zehn Jahren Gegenmaßnahmen an. Es geht um Aufzeichnungspflichten bei Bargeschäften und deren Kontrollen durch den Fiskus. In einem aktuellen Bericht an das Bundesfinanzministerium warnt der Bundesrechnungshof: "Spezielle Software ermöglicht es Steuerhinterziehern inzwischen "spielend", Aufzeichnungen ihrer Kassensysteme zu manipulieren." Sie zeichneten Bedieneingaben nicht auf, löschten Daten oder Umsatzkategorien. Die Software ersetze ganze Datenbanken, erfasse nicht erfolgte Geschäftsvorgänge oder verkürze Umsätze.
Der Bundesrechnungshof verweist als Beispiel auf einen Inhaber einer Eisdiele, der zwischen 2003 und 2010 durch Manipulationen 1,9 Millionen Euro Steuern hinterzogen habe. Belangt worden seien auch der Hersteller und der Vertreiber der Kassensysteme.
Schärfere Sanktionen für Steuersünder
"Durch immer komplexere Manipulationssoftware ist bei der Besteuerung von Bargeschäften ein strukturelles Vollzugsdefizit entstanden", heißt es in dem vorliegenden Bericht. Die gleichmäßige Besteuerung bargeldintensiver Betriebe sei nicht sichergestellt, warnen die Prüfer und fordern das Bundesfinanzministerium auf, alles zu tun, "um die unhaltbaren Zustände umgehend abzustellen".
Die Länder fordern die verpflichtende Einführung eines Verfahrens, bei dem alle Buchungen mit einer digitalen Signatur versehen werden müssen. Das Paket enthält zudem Vorschläge zur Einführung einer "Kassennachschau" sowie für schärfere Sanktionen.
Niedersachsens Ressortchef Peter-Jürgen Schneider von der SPD sagte: "Es verblüfft uns, dass das Bundesfinanzministerium nicht die Steuergerechtigkeit im Blick hat." Auf der einen Seite würden private Steuerbetrüger vehement verfolgt. "Hier ist aber ein Bereich, bei dem alle wissen, dass betrogen wird und wir nehmen es sehenden Auges hin." Den Schaden hätten Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen, denn die Umsatzsteuer werde auf alle verteilt. Deshalb müsse Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bis zum Herbst eine einvernehmliche Lösung erarbeiten.
Zu Branchen mit hohem Bargeldanteil gehören die Gastronomie, der Einzelhandel, Taxiunternehmen sowie Tankstellen und Friseure. Die Manipulation von Kassensystem ist ein internationales Phänomen.
Quelle: ntv.de, lda/dpa