Hochzeit bei Honda und Nissan? Mega-Deal in Autobranche gewinnt wieder an Fahrt


Überraschend war viel mehr die vorherige Beendigung der Fusionsgespräche nach nur ein paar Wochen", sagt Autoexperte Frank Schwope auf Anfrage von ntv.de.
(Foto: IMAGO/NurPhoto)
Honda ist offen für eine Wiederaufnahme der Fusionsgespräche mit Nissan. Autoexperte Frank Schwope wundert das nicht. Ein zweiter Big Player aus Japan, der es mit der Konkurrenz aus China aufnehmen kann, sei schließlich nicht nur im Interesse der beiden Unternehmen.
Der japanische Autobauer Honda ist einem Zeitungsbericht zufolge offen für eine Wiederaufnahme der Fusionsgespräche mit Nissan. Die Unternehmen hatten im Dezember angekündigt, eine Fusion im Wert von umgerechnet 60 Milliarden Dollar auszuloten. Dabei wäre der viertgrößte Autobauer der Welt entstanden, nach Toyota, Volkswagen und Hyundai. Ursprünglich sollte eine Einigung Ende Januar stehen, doch die Gespräche zogen sich nicht nur länger hin als zunächst geplant - sie scheiterten sogar. Autoexperte Frank Schwope von der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover wundert die Wiederaufnahme der Verhandlungen nicht. "Überraschend war vielmehr die vorherige Beendigung der Fusionsgespräche nach nur ein paar Wochen", sagt er ntv.de. Für Ärger bei Nissan sorgte angeblich, dass Honda aus dem kleineren Partner eine Tochtergesellschaft machen wollte. Das wäre vom Geist der Gespräche abgewichen, eine Fusion unter Gleichen anzustreben.
Wie die "Financial Times" (FT) unter Berufung auf einen Insider berichtete, knüpft Honda die Fortsetzung der Gespräche allerdings an eine Bedingung: den Rücktritt von Nissan-Chef Makoto Uchida. "Möglicherweise verfolgt Uchida zu starke Eigeninteressen und ist Honda deswegen ein Dorn im Auge", sagt Schwope. Während sich Uchida vielleicht als maximal starker Fusionspartner sieht, könnte Honda unter Umständen eher an einer Übernahme interessiert sein.
Nissan-Chef Uchida wollte eigentlich bis 2026 bleiben. Er sieht sich aber dem Druck von Vorstandsmitgliedern und dem französischen Partner Renault ausgesetzt, in den kommenden Monaten zurückzutreten, berichtet die FT. Außerdem soll auch der Verwaltungsrat von Nissan bereits informelle Gespräche über den Zeitpunkt von Uchidas Ausscheiden aufgenommen haben.
Position auf Elektroautomarkt stärken
Nissan steckt mitten in einer Sanierung, bei der 9000 von insgesamt 134.000 Beschäftigten gehen sollen und die globale Produktionskapazität um 20 Prozent reduziert wird. Den angeschlagenen Autobauer macht das nach Einschätzung von Schwope für Honda zu einem attraktiven Übernahmekandidaten. "Nissan könnte günstig zu erwerben sein, da das Unternehmen nicht rund läuft und man sich stärker aus der Umklammerung von Renault gelöst hat." Er gibt zudem zu bedenken, dass die japanische Regierung ein großes Interesse daran habe, neben Toyota einen zweiten Big Player zu schaffen, der der Konkurrenz aus China Paroli bieten könne.
Honda ist Japans zweitgrößter Automobilkonzern nach Toyota und hat derzeit einen Börsenwert von mehr als 40 Milliarden Dollar. Nissan, die Nummer Drei in Japan, ist an der Börse rund zehn Milliarden Dollar wert. Der französische Autobauer und Nissan-Großaktionär Renault hatte sich Insidern zufolge grundsätzlich offen für Fusionsgespräche zwischen den Unternehmen gezeigt. Durch den Zusammenschluss von Honda und Nissan würde ein 54 Milliarden US-Dollar schweres Unternehmen mit einer jährlichen Produktion von 7,4 Millionen Fahrzeugen entstehen.
Sollten die Gespräche wieder ins Stocken geraten, könnte es für Nissan brenzlig werden. "Nach der stärkeren Emanzipierung von Renault mangelt es an potenziellen Partnern, die bevorzugt aus Japan kommen sollten", sagt Schwope. Lediglich Mitsubishi könnte noch für eine engere Zusammenarbeit infrage kommen. Schwope prognostiziert, dass Nissan lediglich durch eine knallharte Sanierung und durch Kooperationen mit wechselnden Partnern möglicherweise auch allein weiterexistieren könnte.
Honda und Nissan wollen vor allem ihre Position auf dem Elektroautomarkt stärken, der von Tesla aus den USA und chinesischen Herstellern dominiert wird. "Durch die Zusammenlegung von Bereichen und Einsparungen bei Forschungs- und Entwicklungskosten, aber auch im Einkauf könnte eine schlagkräftigere Einheit entstehen", sagt Schwope.
Fusionen und Übernahmen auch in Deutschland denkbar
Laut dem Autoexperten sind Fusionen und Übernahmen tendenziell auch in Deutschland denkbar. Gerade mit Blick auf die Automobilzulieferer sei hierzulande momentan aber der genau entgegengesetzte Trend zu beobachten. Continental prüft die Aufspaltung des Konzerns und ZF die Abspaltung seiner Antriebssparte. "Allerdings kommt durch die zunehmende chinesische Konkurrenz, durch die Elektromobilität und demnächst durch das Autonome Fahren immer mehr Druck auf", sagt Schwope. Volkswagen sei aber bereits sehr groß. Für Schwope würde deswegen eher die Abspaltung der Lkw-Sparte Traton Sinn machen. Wegen seiner Großaktionäre sei auch BMW vor einer Übernahme sicher.
Anders verhält es sich mit Mercedes-Benz. An dem Autobauer sind außerdem mit BAIC und Li Shufu zwei chinesische Großaktionäre beteiligt. "Allerdings wäre ein größerer Einstieg chinesischer Anteilseigner bei Mercedes wohl politisch schwierig bis unmöglich", gibt Schwope zu bedenken.
Quelle: ntv.de, mit rts