Kampf gegen CO2-Emissionen Studie: Atomkraft ist schlichtweg zu teuer
10.04.2023, 06:36 Uhr Artikel anhören
Immer teurer, immer langwieriger: Beim Bau neuer Atomkraftwerke winken die Autoren der neuen Studie ab.
(Foto: picture alliance/dpa)
Bei der Reduzierung von CO2-Emissionen wird Atomenergie immer wieder als Ersatz für fossile Energieträger ins Spiel gebracht. Eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie kommt nun zu dem Schluss, dass dies aus ökonomischer Sicht keinen Sinn ergibt.
Atomkraft ist zwar umstritten, aber immerhin soll sie weitgehend CO2-neutral sein. Weil Deutschland so schnell wie möglich wegwill von klimaschädlichen Emissionen, sehen manche Politiker Atomenergie als sinnvolle Alternative zu Kohle, Gas und Öl. Von einer weiteren Laufzeitverlängerung ist mittlerweile die Rede, manche hatten sogar den Bau neuer Atomkraftwerke gefordert. Ob das jeweils aus ökonomischer Sinn ergeben würde, haben nun Forscher der Technische Universität Berlin und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Grünen Bundestagsfraktion untersucht.
Und in ihrer Studie "Ökonomische Aspekte der Atomkraft" fällen sie ein eindeutiges Urteil: Atomkraft sei im Vergleich zu anderen Energieträgern zu teuer. "Eine Gesamtbewertung des Systems Atomkraft ergibt heute dasselbe Ergebnis wie auch in den letzten Jahrzehnten: Selbst bei Vernachlässigung externer Kostenfaktoren (...) ist der Bau und der Betrieb von Kernkraftwerken nicht ökonomisch, und es gab und gibt kostengünstigere Alternativen."
"Kernkraft wurde immer teurer"
Bereits in den 1950er Jahren sei Atomkraft eine der teuersten Energieformen gewesen, so die Autoren, "beinahe sechsmal teurer als damalige konventionelle Energie". Sicherheitsanforderungen seien damals noch vernachlässigt, aufgrund schlechter Erfahrungen mit Unfällen sei in den folgenden Jahrzehnten in dieser Hinsicht nachgebessert worden. Die Investitionskosten von Kernkraftwerken seien deshalb mit der Zeit "nicht gesunken, sondern vielmehr angestiegen".
Mit Blick auf Neubauprojekte winken die Forscher ab: Die wenigen Atomkraft-Neubauprojekte in Europa und den USA seien mit erheblichen Verzögerungen und Kostenüberschreitungen verbunden, wie etwa beim Kernkraftwerk Olkiluoto in Finnland oder Flamanville in Frankreich. Bei diesen und anderen lägen "die anfallenden Investitionskosten um ein Vielfaches oberhalb von Werten, bei denen sich theoretisch eine betriebswirtschaftliche Rentabilität ergeben könnte".
Nur mit Subventionen zu finanzieren?
Auch der Weiterbetrieb bestehender Reaktoren ist aus Sicht der Autoren wirtschaftlich nicht vertretbar: Entwicklungen in den USA und Frankreich zeigten, dass ältere Kernkraftwerke nicht wettbewerbsfähig mit anderen Energieträgern seien und nur durch Subventionen am Netz gehalten werden könnten. In Deutschland wäre eine Laufzeitverlängerung über Mitte April 2023 hinaus ebenso "nur mit einer Verstaatlichung der kommerziellen Risiken möglich gewesen."
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass heutzutage erneuerbare Energien wie Wind und Fotovoltaik um ein Vielfaches günstiger seien als Kernenergie. Und nicht nur der Kostenfaktor spricht aus Sicht der Autoren gegen die Kernenergie: Angesichts der "Dringlichkeit zur Dekarbonisierung" schlage sich auch der Zeitfaktor - mit Blick auf die Projektverzögerungen bei Neubauprojekten - negativ nieder.
Was bleibt also als Alternative? Modellrechnungen zeigten, heißt es in der Studie, dass "100 Prozent erneuerbare Energiesysteme nicht nur technisch machbar, sondern ökonomisch kostengünstig sind". Allerdings ist Deutschland derzeit noch weit von dieser Zielmarke entfernt: Laut Umweltbundesamt wurden im Jahr 2022 lediglich rund 20 Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt. Gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um gerade mal 1,2 Prozentpunkte.
Quelle: ntv.de, kst