Wirtschaft

Der Wind hat sich gedreht Too big to fail: Kann Tesla überleben?

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Bei Tesla hakt es derzeit ganz schön.

Bei Tesla hakt es derzeit ganz schön.

(Foto: REUTERS)

Jahrelang fährt Tesla in der Erfolgsspur, wächst und wird zum Branchenprimus der Elektromobilität. Doch mittlerweile sinken Absatz und Marge, die Konkurrenz wetzt die Messer.

Ohne Zweifel, Tesla ist angeschlagen: Sinkende Verkaufszahlen auf allen wichtigen Märkten; rapide schrumpfende Margen als Folge eines selbst verursachten ruinösen Preiskriegs; die Entlassung von über 14.000 Mitarbeitern, was etwa einem Zehntel der Tesla-Gesamtbelegschaft entspricht. Und damit nicht genug: Der Baustopp bei der "Gigafactory 6" in Mexiko schlägt ebenso negativ ins Kontor wie die Vertagung des Baus der geplanter "Gigafactory 7" in Kanada und die Proteste gegen den Ausbau des Werks im brandenburgischen Grünheide.

Aber rechtfertigt all das schon die Frage nach dem Überleben Teslas? Wo doch der exzentrische, IT-besessene Innovator Elon Musk seit der Übernahme der Firma 2008 eine "märchenhafte" Erfolgsgeschichte hingelegt und mit seinen Elektroautos die altehrwürdige Automobilindustrie revolutioniert hat? Tesla ist binnen weniger Jahre zum höchstbewerteten Autobauer der Welt avanciert und Musk selbst zeitweise zum reichsten Menschen. Zeitweise. Inzwischen hat sich der Wind gedreht, befindet sich Tesla im Abwärtstrend.

Tesla nur eine Episode in der Automobil-Historie?

Kann Tesla also weiterbestehen? Klare Antwort: Nein, auf Dauer nicht! Tesla hat in der heutigen Struktur im künftigen Weltautomobilmarkt nur geringe Überlebenschancen. Elon Musk wird der Ruhm des game changers bleiben, Tesla nur eine Episode der Automobilgeschichte sein. Was spricht also gegen eine weiter erfolgreiche Zukunft Teslas, welche Argumente stehen gegen den texanischen Elektroautobauer?

Vorab sei gesagt: Es geht hier nicht gegen die Elektromobilität als solche. Das Zeitalter der nur fossilen Verbrennung als Energie in Antriebsaggregaten ist vorbei und muss aus Klimagründen ersetzt werden. Fakt! - In dieser Kolumne geht es ausschließlich um das Unternehmen Tesla, dessen Fahrzeuge wiederum ausschließlich rein elektrisch unterwegs sind.

Die wichtigsten Ursachen für schwindende Chancen von Tesla gründen -in grober Vereinfachung - zum einen in veränderten und sich weiter verändernden externen Markt- und Wettbewerbsbedingungen zulasten des E-Auto-Pioniers. Zum anderen sind sie in der internen Unternehmensstruktur von Tesla selber verankert.

Wesentliche externe Belastungsfaktoren

Tesla hat am Beginn die gesamte etablierte Weltautoindustrie mit innovativen Elektroautos, neuartiger Batteriespeichertechnik, dem Aufbau eines eignen Ladenetzes und der Zielsetzung vernetztem, autonomem Fahren überrumpelt. Die etablierten Hersteller mussten sich von Medien und Öffentlichkeit technologische Rückständigkeit und soziale Ignoranz vorwerfen lassen, Tesla wurde über Nacht zum technologischen und umweltimagemäßigen Weltmarktführer hochstilisiert.

Das hat sich nun aber grundlegend geändert. Ähnlich wie bei der Tour de France hat das (automobile) Hauptfeld den Ausreißer gejagt, eingeholt, überholt und ist dabei, ihn hinter sich zu lassen.

Verfehlte Modellpolitik

Der Markt für Elektroautos hat sich gedreht, die Wachstums-Euphorie war auf staatliche Kaufprämien gebaut und ist verflogen, auf allen Märkten nimmt das Überangebot an E-Autos zu, herrscht ein beinharter Rabatt- und ruinöser Verdrängungswettbewerb. Politische Visionen von überwiegenden E-Auto-Flotten auf den Straßen bis 2035 erweisen sich als Fata Morgana.

In dem klassischen Hochpreis-Marktsegment herrscht dank der variantenreichen Aufholkonkurrenz der restlichen Autohersteller ein wachsendes Überangebot. Gleichzeitig mehren sich die Zeichen einer beginnenden Marktsättigung. Ausweichmärkte nach unten oder eine andere Technologie stehen Tesla nicht zur Verfügung.

Statt reiner Batterie-Autos (BEV) werden zunehmend Hybride (HEV) gefragt, insbesondere Plug-in-Hybride (PHEV), die Tesla aus Imagegründen nicht im Programm hat und aus technologischen Gründen wegen Inkompatibilität mit autonomem Fahren auch nie ins Programm aufnehmen kann. Hybride und PHEV sind weltweit auf dem Vormarsch.

Jetzt rächt sich, dass Tesla-CEO Elon Musk in seiner Monopolphase eine absichernde Verbreiterung und Vertiefung seiner Fahrzeugpalette in preiswerte, untere Marktsegmente versäumt hat. Eine Palette von vier Hochpreis-Grundmodellen (Model, S und X, Model 3 und SUV Model Y, plus stählernes Sondermodell Cybertruck und Elektro-LKW Semi) reichen nicht aus, dem zunehmenden Wettbewerbsdruck auf sämtlichen Marktsegmenten mit rentabler Skalierung standzuhalten. Lediglich der Massenmarkt hat bei E-Autos noch große Wachstumspotenziale.

Problemfaktor China

Vor allem im Hauptabsatzmarkt China muss Tesla heftig unter der Preiskonkurrenz mit den heimischen Wettbewerbern und ihrem wachsenden Angebot an kleinen und billigen Elektroautos leiden. Jetzt rächt sich, dass Musk in seinem Modellangebot weder über kleine, preiswerte Elektroautos verfügt noch über Autos mit Verbrennertechnik wie Hybride jedweder Art.

"Viele Hunde sind des Hasen Tod" heißt es im Volksmund. Alles in allem gehen dem "Ausreißer" Tesla die Kräfte aus, verzettelt sich Musk als Spiritus Rector mit einer Reihe anderer Projekte (Raketen, Tunnel, Speicherbatterien, X alias Twitter). Vor allem die Batterie-Elektromobilität erweist sich für Tesla als technologische und marktmäßige Schmalspur, besser: Einbahnstraße.

Und nicht zu vergessen sind auch die Folgen des Handelskrieges zwischen den USA und China - mit prohibitiv hohen Zöllen auf Elektroautos und Batterieelektronik aus China. Tesla könnte nur noch in China selber verkaufen, der Rest der Welt wäre versperrt. Verbrennerautos dagegen könnte man zur Not auch ohne Zulieferungen aus China bauen.

Hinzu kommt als wesentlicher interner Belastungsfaktor die sprunghafte und exzentrische Unternehmens- und vor allem Personalführung Elon Musks. Spektakuläre Entlassungen von Führungskräften mit wichtigen Kernfunktionen oder wie jüngst harte Jobstreichungen und wachsweiche Durchhalteparolen sowie plötzliche Schließung ganzer Abteilungen oder auch die permanente Androhung von Kahlschlägen sind kein guter Nährboden, um einer krisenhaften Entwicklung eines Unternehmens erfolgreich entgegenzuwirken.

Zusammengefasst kann man zu dem Urteil kommen, dass Tesla à la longue aus dem Markt ausscheidet. Als Übernahmekandidat kommt das Unternehmen kaum infrage, weil alle denkbaren Interessenten aus der Branche das Gleiche wie Tesla inzwischen selber können und technologisch noch mehr dazu. Und weil es bislang einen Markt für Gigafactorys nicht gibt. Und auch nicht geben wird, wer kann mit solchen riesigen Arealen etwas anfangen. Vielleicht der Denkmalschutz!

Quelle: ntv.de

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