Nach Protesten auf Rügen Umstrittenes LNG-Terminal startet Probebetrieb
24.02.2024, 11:31 Uhr Artikel anhören
In Mukran entsteht ein Liegeplatz für das neue Terminal.
(Foto: dpa)
Im Hafen von Mukran auf Rügen geht das dortige LNG-Terminal nach monatelangem Protest in den Probebetrieb. Kritiker halten die deutschen Pläne zum Flüssiggas-Ausbau für überzogen. Eine Gasmangellage sei nicht zu erwarten.
Das umstrittene Flüssiggas-Terminal in Mukran auf Rügen hat am Samstag seinen Probebetrieb aufgenommen. Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern habe zuvor die Genehmigung erteilt, teilte die Betreiberfirma Deutsche ReGas mit. Demnach erreichte das Spezialschiff "Energos Power" bereits den Industriehafenhafen Mukran. Es sei das erste von zwei für das Terminal geplanten Regasifizierungsschiffen.
"Die Deutsche ReGas hat erneut geliefert und ist jetzt in der Lage, einen größeren Beitrag zur Versorgungssicherheit Deutschlands, insbesondere des Ostens, und auch der osteuropäischen Nachbarländer zu leisten", teilte Stephan Knabe, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen ReGas, mit. Der Probebetrieb habe zum Ziel, alle land- und schiffsseitigen Systeme zu testen und in Betrieb zu nehmen. Im Frühjahr dieses Jahres werde dann auch die "Neptune" den Hafen in Lubmin verlassen und nach notwendigen Umrüstarbeiten im Sommer den Betrieb in Mukran aufnehmen.
Seit Monaten hatte es Streit um die LNG-Anlandeanlage vor Rügen gegeben, deren Bau das Bundeskabinett im Mai 2023 beschlossen hatte. Während Umweltschützer und Kommunalpolitiker geklagt hatten, betonte die Bundesnetzagentur, dass LNG-Importe über die Ostsee eine notwendige Versicherung für Versorgungsengpässe beim Gas seien. Ende Januar hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Eilanträge von zwei Umweltverbänden abgelehnt, die zuvor gestoppten Arbeiten im Greifswalder Bodden durften damit weitergehen.
Die Bundesregierung hatte sich entschieden, LNG-Kapazitäten an den deutschen Küsten aufzubauen, um Ersatz für die früheren Gaslieferungen aus Russland zu ermöglichen. Neben dem Pipelinegas, etwa aus Norwegen, ist deshalb der Import von US-amerikanischen LNG erheblich gestiegen. Dafür bedarf es der Anlandeanlagen an der Küste, von denen aus das gelieferte Erdgas dann in die Pipelines eingespeist wird. Bis zur Bereitstellung fester Terminals setzt Deutschland schwimmende Speicher- und Wiederverdampfungsterminals (FSRUs) ein.
Institut kritisiert LNG-Strategie
Zwei Jahre nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine und dem Beginn der anschließenden Energiekrise hat sich die Lage auf dem Gasmarkt nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wieder entspannt. "Eine Gas-Mangellage liegt nicht vor und ist auch nicht absehbar", sagte Claudia Kemfert, Forschungsdirektorin der DIW-Abteilung Energie, kürzlich den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Es ist an der Zeit, den Gasnotfallplan aufzuheben." Auch der geplante Ausbau von LNG-Importkapazitäten ist laut einer Analyse des DIW in diesem Umfang nicht mehr notwendig. Die Pläne der Bundesregierung für den Bau weiterer LNG-Terminals seien überzogen: "Der überdimensionierte LNG-Infrastrukturausbau ist nicht erforderlich, um eine potenzielle Gasmangellage zu vermeiden und sollte daher nicht weiterverfolgt werden", heißt es in der Analyse. Für den Winter 2023/24 bestand demnach "zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Gasknappheit".
Im letzten Jahr sagte Kemfert im Interview mit ntv.de: "Wir bauen überdimensionierte Gaskapazitäten auf. In Deutschland, aber auch in den Nachbarländern. Das war bereits bei Nord Stream 1 und Nord Stream 2 unser Fazit. Im letzten Jahr haben wir in einer Studie auch schon belegt: Wir brauchen kein einziges festes und dauerhaftes LNG-Terminal. Drei temporäre zum Übergang würden ausreichen und uns eine Menge Geld sparen."
Quelle: ntv.de, rog/rts