Wirtschaft

"Zwischen Falke und Taube" Unsichere Fed drückt Stimmung an der Wall Street

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Die Renditen der einjährigen US-Staatsanleihen bewegen sich in Richtung fünf Prozent.

Die Renditen der einjährigen US-Staatsanleihen bewegen sich in Richtung fünf Prozent.

(Foto: REUTERS)

US-Anleger klebten einmal mehr an den Lippen von Fed-Chef Powell. Doch der vermied weiterhin einen klaren Pendelausschlag. Man wolle die Wirkung der Zinserhöhungen beobachten. Damit ist das Thema Anhebung nicht vom Tisch, wahrscheinlicher geworden ist sie aber auch nicht.

Die Rede des US-Notenbankchefs Jerome Powell hat die Stimmung an der Wall Street getrübt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss 0,8 Prozent tiefer auf 33.414 Punkten. Der technologielastige Nasdaq gab rund ein Prozent auf 13.186 Punkte nach. Der breit gefasste S&P 500 büßte 0,8 Prozent auf 4278 Punkte ein. "Powell bewegt sich weiterhin auf der Mittellinie zwischen Falke und Taube. Die Fed ist sich immer noch nicht sicher, ob sie genug getan hat", resümierte Marktstratege David Russell von TradeStation.

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Der Vorsitzende der US-Notenbank Fed sagte bei einem an den Finanzmärkten mit Spannung erwarteten Auftritt in New York, es sei Geduld gefragt, um zu sehen, wie die seit Anfang vorigen Jahres vollzogenen rasanten Zinserhöhungen wirkten. Die Analysten zeigten sich allerdings gelassen. "Powell hielt sich zwar den Rücken für künftige Zinserhöhungen frei, änderte aber nichts an der Einschätzung, dass die US-Notenbank die Zinsen bei ihrer nächsten Sitzung und wahrscheinlich auch für den Rest des Jahres unverändert lassen wird", sagte etwa Chris Zaccarelli von Independent Advisor Alliance.

Am Bondmarkt kehrten die Anleger Staatsanleihen den Rücken angesichts der Aussicht auf weiter hoch bleibende Zinsen. Die Kurse fielen, im Gegenzug ging es bei den Renditen weiter aufwärts. Die zehnjährigen US-Treasuries rentierten zeitweise mit 4,996 Prozent nach 4,902 Prozent am Vortag. Damit kratzte die Rendite an der Marke von fünf Prozent, die zuletzt 2007 überwunden wurde. "Wird die Fünf-Prozent-Marke letztendlich überschritten werden? Ich denke, die Antwort lautet ja, und dies wird wiederum zu noch mehr Volatilität führen", sagte Russell Hackmann, Präsident des Finanzdienstleisters Hackmann Wealth Partners. Der Zinssatz der US-Staatsanleihe ist nicht nur für die Refinanzierungskosten des Staates eine wichtige Größe. Auch viele Verbraucher- und Firmenkredite richten sich daran aus.

Rohöl WTI
Rohöl WTI 61,68

Am Ölmarkt war weiterhin Nervosität angesichts des anhaltenden Nahost-Konflikts zu spüren. Zwar ist der durch die Kämpfe zwischen Israel und radikalen Palästinensern getriebene starke Preisanstieg teilweise zum Erliegen gekommen. "Aber der Markt steht aufgrund der geopolitischen Spannungen immer noch unter Aufwärtsdruck", ergänzte Tina Teng, Analystin bei CMC Markets. Die Nordsee-Ölsorte Brent und die leichte US-Sorte WTI verteuerten sich um jeweils mehr als zwei Prozent auf 93,47 beziehungsweise 90,58 Dollar pro Barrel (159 Liter).

Das als sicherer Hafen geltende Gold hat sich dagegen seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober um mehr als sechs Prozent verteuert, am Donnerstag lag der Preis des Edelmetalls 1,3 Prozent höher bei 1973 Dollar je Feinunze.

Konjunkturdaten ohne klaren Fingerzeig

Aktuelle Konjunkturdaten wiesen in unterschiedliche Richtungen und halfen bei der Richtungsfindung wenig. Während ein überraschend deutlicher Rückgang der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe von einer nach wie vor guten Beschäftigungslage zeugte, erholte sich der Philadelphia-Fed-Index für Oktober weniger als erwartet und verharrte im negativen Bereich. Händler betonten aber die Bedeutung des Arbeitsmarktes für die Inflation, und die wöchentlichen Arbeitsmarktdaten zeigten, dass der Arbeitsmarkt eng und damit die Inflationsgefahren hoch blieben. Die Arbeitsmarktdaten seien daher als Signal zu werten, dass die Leitzinsen weiter hoch bleiben dürften. Belastet von den hohen Zinsen sank der Verkauf bestehender Häuser im September indes auf das niedrigste Niveau seit 2010.

Tesla
Tesla 383,60

Bei den Unternehmen verprellte die rückläufige Gewinnmarge bei Tesla die Investoren. Der US-Elektroautohersteller bekommt den selbst angezettelten Preiskrieg zu spüren. Die Tesla-Titel verloren 9,3 Prozent. Ein enttäuschendes Quartalsergebnis drückte auch die Aktie von Blackstone, die 7,9 Prozent verlor. Die Gewinne des Vermögensverwalters gingen im dritten Quartal aufgrund eines Rückgangs der Verkäufe in seinem Immobiliengeschäft stärker als erwartet zurück.

Aus den Depots flogen auch Lam Research. Die Anteilsscheine des Chipausrüsters bröckelten nach einem enttäuschenden Ausblick für den Umsatz im zweiten Quartal um 6,3 Prozent ab. Die Papiere von Netflix sprangen dagegen um 16,1 Prozent in die Höhe. Der Kampf gegen die unerlaubte Weitergabe von Passwörtern verhilft dem Streaming-Dienst zu einem kräftigen Anstieg der Nutzerzahlen. Gleichzeitig kündigte der Konzern Preiserhöhungen für einige seiner Abonnements an. Gefragt waren auch AT&T mit einem Kursplus von 6,6 Prozent. Ein brummendes Neukundengeschäft hat dem US-Telekomkonzern ein über den Erwartungen liegendes Quartalsergebnis eingebracht.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ

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