Günstiger Koffein-Kick Was hinter dem Hype um den Coffee-to-go von LAP steckt


Inzwischen poppen immer mehr der minimalistisch eingerichteten Filialen mit dem blauen Logo auf – und das oft in bester Kiezlage.
Während der Preis für Kaffee im Einzelhandel und außer Haus steigt, setzt LAP Coffee auf ein radikales Gegenmodell: kleine Filialen, digitale Prozesse – und Cappuccino für 2,50 Euro. Während die Schlangen vor den Läden wachsen, geraten unabhängige Cafés unter Druck.
Kaffee ist derzeit so teuer wie seit Jahren nicht mehr. Der Grund: Die Importpreise für Rohkaffee sind deutlich gestiegen - ausgelöst durch Ernteausfälle in den Anbauländern, die zunehmend unter extremen Wetterbedingungen leiden. Kaffeefans müssen für ihr Lieblingsgetränk deswegen inzwischen tief in die Tasche greifen - oder sie gehen in eine der 20 Filialen von LAP Coffee in Berlin, Hamburg oder München. "Die Deutschen sind Europameister im Kaffeetrinken zu Hause, beim Out-of-Home-Konsum aber Schlusslicht. Das verändern wir gerade und zeigen: Kaffeetrinken in der Stadt muss kein Luxus sein", sagt LAP-Gründer Ralph Hage ntv.de.
Inzwischen poppen immer mehr der minimalistisch eingerichteten Filialen mit dem blauen Logo auf - und das oft in bester Kiezlage. "LAP bietet preislich attraktive Kaffeevarianten ohne viel Schnickschnack. Insbesondere für die Gen Z handelt es sich dabei um ein sogenanntes Minimum Lovable Product. Es befriedigt das Bedürfnis nach gutem Kaffee, ist aber einigermaßen erschwinglich", sagt Investor Philipp Klöckner auf Anfrage von ntv.de. Er selbst hat nicht in LAP investiert.
Vollautomat statt Siebträger
Das Konzept der Kaffeekette trifft einen Nerv. Bei LAP, was eine Abkürzung für "Life Among People" ist, stehen die Kunden in Berlin-Mitte oder Prenzlauer Berg zu den Stoßzeiten Schlange. Denn verglichen mit einschlägigen Szenecafés sind die Preise bei LAP extrem moderat: Ein Espresso kostet 1,50 Euro, ein Cappuccino 2,50 und einen Flat White gibt es für 3 Euro. "Wir kalkulieren fair pro Tasse und bieten Alltagspreise statt Statusaufschlag", sagt Hage.
Die niedrigen Preise kann LAP anbieten, weil an anderen Stellen gespart wird. Die Filialen sind in der Regel sehr klein, Sitzplätze gibt es nur wenige. "Wir verkaufen Tassen, nicht Tischplätze", sagt Hage. Bezahlt wird ausschließlich kontaktlos. Das Konzept dahinter nennt sich Micro Retail: Dabei handelt es sich um eine moderne, flächen- und kosteneffiziente Variante des Einzelhandels, die meist durch digitale Technologie unterstützt wird.
Nicht nur im Preis unterscheidet sich LAP von vielen Szenecafés um die Ecke: Anstatt aus einer Siebträgermaschine kommt der Kaffee hier aus einem Vollautomaten der Schweizer Marke Eversys. So kann das Unternehmen nicht nur die Miete, sondern auch die Personalkosten niedrig halten. Ein Barista ist für die Zubereitung eines LAP-Kaffees nicht nötig. Lediglich die Milch wird per Hand aufgeschäumt. Hage spricht von einer "automatisierten Siebträgertechnik", die Temperatur und Druck stabil hält. Seine Bohnen bezieht die Kaffeekette aus der Berliner Rösterei 19grams.
Kaffeeketten eigentlich kein typisches Modell für Wagniskapital
Die Gründer von LAP Coffee sind in der Startup-Szene keine Unbekannten. Hage hat zuvor bei Delivery Hero gearbeitet und den inzwischen insolventen Lieferdienst Yababa gegründet. Tonalli Arreola war vor LAP bei Lime und Flink. Die beiden haben Investoren für ihr Geschäftsmodell gewonnen. Wie hoch die Finanzspritze ausgefallen ist, ist nicht bekannt.
Neben HV Capital, Foodlabs, Roundtable und Origins Ventures ist inzwischen auch der New Yorker VC Insight Partners mit an Bord. Im vergangenen Sommer sind auch Influencerin Diana zur Löwen, Tech-Unternehmer Roman Kirsch, Koro-Geschäftsführer Florian Schwenkert und David Brunier eingestiegen. Letzterer kennt sich mit Kaffee aus: Er hat 2019 in Südostasien die Kaffeekette Flash Coffee gegründet, die ein ähnliches Konzept wie LAP verfolgt.
Dass so viele Geldgeber früh eingestiegen sind, ist bemerkenswert. Normalerweise sind Kaffeeketten laut Klöckner kein typisches Modell für Wagniskapital. Allerdings habe nicht nur die Starbucks-Story, sondern auch die aufstrebende chinesische Kaffeekette Luckin Coffee bewiesen, dass das Konzept skalierbar sei, und Multi-Milliarden-Unternehmen innerhalb weniger Dekaden schaffen könne.
Die Investoren von LAP hat Gründer Hage zufolge vor allem die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells überzeugt. Das Unternehmen wachse außerdem profitabel. "Unsere Läden erreichen den Break-even in Monaten, nicht in Jahren. Die Filialen finanzieren sich selbst, und Kapital nutzen wir lediglich selektiv für neue Standorte, Team und Technik - nicht zur Quersubvention." Die niedrigen Preise sind nicht an die Unterstützung der Geldgeber gebunden: "Wir können auch ohne Investoren den Cappuccino für 2,50 anbieten", sagt Hage.
LAP ist in kurzer Zeit rasant gewachsen
Trotz der Aussicht auf ein Milliardenbusiness mit guten Margen, gibt Klöckner zu bedenken: "Für die Einrichtung von Coffee-Shops Eigenkapital abzugeben, kommt mir nicht 100 Prozent schlüssig vor. Das ist eigentlich die Aufgabe einer Bank, die dafür Kredite vergeben sollte." Leichter gesagt als getan. Banken wollten das Geschäftsmodell anfangs nicht finanzieren, sagt Hage.
LAP ist in kurzer Zeit rasant gewachsen. Die erste Filiale in der Nähe vom Rosenthaler Platz in Berlin-Mitte hat erst im September 2023 aufgemacht. Ein besonders hohes Risiko birgt das Tempo, das LAP beim Ausbau seines Filialnetzes hinlegt, laut Klöckner aber nicht. Schließlich lasse sich die Profitabilität der einzelnen Filialen gut überwachen und steuern. "Sicherlich werden vereinzelt auch mal schlechtere Expansionsentscheidungen revidiert und Filialen geschlossen werden müssen. Das ist aber Teil des Konzepts."
Einerseits könnte LAP sich Klöckners Einschätzung zufolge sehr schnell ausbreiten und schon bald mehrere Hundert Filialen unterhalten. Andererseits bringen sich sicher gerade Nachahmer-Konzepte in Stellung. "Am Ende hat das Modell keine Burggräben und fast jeder kann dieses Konzept kopieren. Auch deshalb würde ich eher nicht investieren", so der Investor.
In Berlin wächst derweil die Angst vor Verdrängung. Einige Cafés, die ohne Investorengelder zurechtkommen müssen, fürchten, dem Preisdruck schon bald nicht mehr standhalten zu können. Auch in den sozialen Medien wächst der Widerstand derweil. Die Kritik findet Hage scheinheilig. "Vor fünfzehn Jahren, als die ersten Specialty-Coffee-Shops in Berlin eröffneten, wurden sie als Hipster-Läden abgetan, die mit überteuertem Kaffee die Gentrifizierung befeuern", sagt der LAP-Gründer ntv.de. Jetzt, da eine erschwingliche Alternative erfolgreich sei, würden genau diese Läden plötzlich zu schützenswerten Kulturinstitutionen erklärt.
Quelle: ntv.de