Besser als "Glorreiche Sieben"? Wie elf Aktien Europas Börsen dominieren
28.02.2024, 18:13 Uhr Artikel anhören
Granola - oder Müsli - klingt weniger beeindruckend als die "Glorreichen Sieben", aber aus Anlegersicht bieten die "GRANOLAS" Vorteile gegenüber den US-Tech-Giganten.
(Foto: IMAGO/Pond5 Images)
Die Großen werden immer größer, resümiert ein Star-Analyst. In den USA sind es die "Glorreichen Sieben", die die Wall Street maßgeblich bewegen. Auch Europas Börsen werden von einer kleinen Gruppe von Schwergewichten dominiert. Die "GRANOLAS" bieten Anlegern sogar Vorteile gegenüber den US-Börsenstars.
Das Phänomen ist von der Wall Street seit Langem bekannt: Der Erfolg der Börsen ist zu einem immer größer werdenden Teil nur noch auf eine kleine Anzahl von Aktien zurückzuführen. In den USA sind das die Tech-Giganten der "Glorreichen Sieben". Apple, Meta, Nvidia, Tesla, Amazon, Alphabet und Microsoft stellen zusammen fast 30 Prozent des Börsenwertes des S&P 500, dem Index, der die 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA umfasst. Gleichzeitig sind sie für fast die Hälfte des Kursgewinns dieses Indexes in den vergangenen zwölf Monaten verantwortlich. Mit anderen Worten: Von dieser kleinen Gruppe von Aktien hängt die Entwicklung des gesamten US-Marktes ab.
Weniger bekannt ist, dass es auch in Europa eine solche Gruppe von Schwergewichten gibt. Die Investmentbank Goldman Sachs gab ihr nach den Anfangsbuchstaben der Unternehmen das Akronym "GRANOLAS". Die elf Unternehmen GSK, Roche, ASML, Nestlé, Novartis, Novo Nordisk, L'Oréal, LVMH, Astrazeneca, SAP und Sanofi dominieren den europäischen Markt in ganz ähnlicher Weise wie die "Glorreichen Sieben" die Wall Street.
Die Dimensionen in Europa sind zwar kleiner: Die elf "GRANOLAS" haben zusammen nur einen Börsenwert von rund drei Billionen Dollar. Das wertvollste Unternehmen darunter ist der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk mit einer Bewertung von gut 550 Milliarden Dollar. Die sieben US-Schwergewichte bringen dagegen zusammen 13 Billionen auf die Waage, sechs von ihnen sind jeweils mehr als eine Billion Dollar wert, nur Tesla bleibt mit einem Börsenwert von 630 Milliarden Dollar unter der Billionen-Schwelle.
Doch die Dominanz in ihrem Markt ist ähnlich. Gemeinsam stellen die "GRANOLAS" etwa ein Viertel der Marktkapitalisierung aller im Index Stoxx Europa 600 enthaltenen europäischen Unternehmen. Dieses Gewicht, gepaart mit einer überdurchschnittlichen Kursentwicklung, führt dazu, dass sie für rund 60 Prozent des Anstiegs des gesamten Index im vergangenen Jahr verantwortlich sind - die restlichen 540 zusammen nur für 40 Prozent der Entwicklung, wie es in einer aktuellen Analyse von Goldman Sachs heißt. Die "GRANOLAS" sind der Hauptgrund, dass sich der europäische Aktienmarkt so stark entwickelt hat. Wie der DAX hat auch der Stoxx 600 gerade ein Allzeithoch erklommen.
Vorteil: weniger Volatilität
Gegenüber den "Glorreichen Sieben" haben die "GRANOLAS" einen Vorteil aus Sicht der Anleger. Bei vergleichbarer Rendite schwankt ihre Kursentwicklung weniger stark. Das ist darauf zurückzuführen, dass die sieben US-Börsenschwergewichte alle derselben Branche, der Technologiebranche, zuzurechnen sind. Die hat zwar ein gigantisches Wachstum verzeichnet, ist aber anfällig für Zins- und Konjunkturschwankungen. In den "GRANOLAS" sind dagegen ganz unterschiedliche Branchen vertreten, mit sechs Unternehmen dominiert die als weitgehend konjunkturunabhängig geltende Gesundheits- und Pharmabranche.
Zudem bieten die "GRANOLAS" ihren Aktionären verlässliche Ausschüttungen mit einer durchschnittlichen Dividendenrendite von etwa 2,5 Prozent pro Jahr. Die US-amerikanischen Tech-Giganten zahlen teilweise gar keine Dividende.
Ein Grund, warum sich diese Riesen an der Börse besser entwickeln als der Rest des Marktes, liegt darin, dass sie alle global ausgerichtet sind und nur noch einen geringen Teil ihres Umsatzes in ihrem Heimatmarkt erwirtschaften. Laut der Goldman-Analyse beträgt der Anteil des Auslandsgeschäfts bei den "GRANOLAS" im Durchschnitt 80 Prozent. Von der stagnierenden europäischen Konjunktur sind sie weitgehend abgekoppelt.
Daneben hat aber auch die Dominanz dieser Aktien in verschiedenen Börsenindizes einen selbstverstärkenden Effekt. In den vergangenen Jahren hat die Zahl passiver Investoren stark zugenommen. Die legen ihr Geld in Index-Fonds an, also Fonds, die Börsenindizes wie den S&P 500 oder den DAX nachbilden. In der Form von ETF ist passives Investieren auch bei Kleinanlegern sehr beliebt. Das führt dazu, dass in die Aktien der Index-Schwergewichte automatisch das meiste Geld fließt, wodurch ihre Dominanz weiter verstärkt wird.
"Die Großen werden immer größer", zitiert die "Financial Times" den Aktien-Chefanalysten von Goldman Sachs, Peter Oppenheimer. Er erwartet, dass die "GRANOLAS" in den kommenden fünf Jahren für "nahezu das gesamte" zusammengefasste Umsatzwachstum aller im Stoxx Europe 600 enthaltenen Unternehmen stehen dürften.
Quelle: ntv.de