Heute nur geringe Verluste Wieso kollabiert die russische Börse nicht?
28.03.2022, 18:01 Uhr
Nicht nur an der Börse, auch beim Rubel wurde ein Zusammenbruch bisher abgewendet.
(Foto: imago images/ITAR-TASS)
An der Moskauer Börse wird wieder gehandelt. Nach der Achterbahnfahrt Ende vergangener Woche halten sich die Verluste in Grenzen. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Der russische Angriff auf die Ukraine verläuft überhaupt nicht nach Plan, der Westen verhängt heftige Wirtschafts- und Finanzsanktionen - und die Börse in Moskau hält sich trotzdem vergleichsweise wacker. Heute erlaubte die Börse erstmals wieder den Handel mit Aktien aller russischen Unternehmen, am vergangenen Donnerstag und Freitag war das nur mit Papieren von 33 Unternehmen möglich. Der auf Rubel lautende Börsenindex MOEX verlor im vorsichtshalber verkürzten Handel nur 2,2 Prozent, der RTS, der auf US-Dollar basiert, gab lediglich 0,8 Prozent nach.
Die Börse war nach dem Kriegsbeginn am 24. Februar über Wochen geschlossen. Denn die Aktien etwa des Gas-Riesen Gazprom, des Ölkonzerns Lukoil und der staatlichen Fluggesellschaft Aeroflot waren nach dem Einmarsch der russischen Armee eingebrochen, weshalb der Handel mit den Wertpapieren schnell ausgesetzt wurde.
Börsenbetreiber und Zentralbank versuchen nun, mit einer kontrollierten Öffnung Druck aus dem Kessel zu nehmen. Nach den deutlichen Kursverlusten am Freitag ist dies heute halbwegs gelungen.
Dass die Kurse nicht kollabieren, hat mehrere Gründe. Zunächst einmal ist es Ausländern verboten, ihre russischen Aktien zu verkaufen - das dürfen nur Russen. Ein weiterer Punkt: Die russische Regierung hat angekündigt, die Kurse zu stützen. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass das Finanzministerium durch Aktienkäufe am Markt eingreift. In welchem Umfang das geschieht, ist nicht bekannt.
Deutliche Verluste
Hinzu kommt, dass Leerverkäufe in Moskau derzeit nicht erlaubt sind. Bei diesen - an den Börsen weltweit völlig üblichen und weit verbreiteten - Wetten auf fallende Kurse leihen sich Investoren Aktien und verkaufen sie sofort. Ihr Kalkül: Die Kurse fallen, und sie können die Aktien billiger zurückkaufen und an ihre Besitzer zurückgeben. Die Differenz streichen sie als Gewinn ein. Diese Praxis kann den Druck auf Kurse erhöhen. Derzeit steht in den Sternen, wann diese Deals an der russischen Börse wieder erlaubt sein werden.
Trotz aller Einschränkungen haben die russischen Aktien seit dem Einmarsch kräftig an Wert verloren. Der MOEX rauschte rund 21 Prozent in die Tiefe, der RTS mehr als 33 Prozent. Die Fluggesellschaft Aeroflot brach um knapp 48 Prozent ein. Gazprom-Aktien verbilligten sich um knapp 23 Prozent, die Papiere von Lukoil um 15 Prozent. Der Aktienkurs der Sberbank sank um 37 Prozent.
Das Beispiel der russischen Großbank gibt einen Hinweis auf die Wirkung der Eingriffe der Behörden in Moskau. Die in New York gehandelten Sberbank-Aktien sind seit Kriegsbeginn um fast 95 Prozent abgestürzt. Derzeit sind sie vom Handel ausgesetzt.
Quelle: ntv.de