Fed-Chef Powell vor dem Kongress Zinssorgen halten Dow Jones in Atem
22.06.2023, 23:09 Uhr Artikel anhören
Die Anleger bleiben angesichts der weiterhin restriktiven Geldpolitik der USA in Deckung.
(Foto: AP)
Befürchtungen vor einer länger anhaltenden restriktiven Geldpolitik in den USA sorgen an den Börsen für Zurückhaltung. Zulegen können allerdings Technologiewerte. Der Zinsentscheid in der Türkei bleibt hinter den Erwartungen von Experten zurück.
Die Aussicht auf weiter steigende US-Zinsen hat den Anlegern an der Wall Street zugesetzt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss kaum verändert bei 33.946 Punkten. Der breit gefasste S&P 500 legte moderate 0,4 Prozent auf 4381 Punkte zu. Nur der technologielastige Nasdaq verbuchte dank Kursgewinnen bei Apple und Amazon größere Aufschläge und rückte rund ein Prozent auf 13.630 Punkte vor.
US-Notenbank-Chef Jerome Powell sagte vor dem Banken-Ausschuss im Kapitol, dass es angesichts der hartnäckigen Inflation in diesem Jahr "vielleicht noch zwei" Zinserhöhungen geben könnte. Der Dollar erhielt dadurch Rückenwind: Der Dollar-Index stieg um 0,4 Prozent auf 102,40 Punkte.
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Spekulationen von Investoren auf baldige Lockerungen erteilte Powell am zweiten Tag seiner Anhörung im Kongress eine Abfuhr: In absehbarer Zeit werde es keine Senkungen geben, sondern erst, wenn es Gewissheit gebe, dass sich die Teuerung auf die anvisierten zwei Prozent herunterbewegt, so Powell. "Die Sorge der Anleger ist, was am Aktienmarkt passieren könnte, wenn es die Notenbank mit den Erhöhungen übertreibt und der Schaden, der einige Zeit später daraus resultiert, schlimmer ist als das eigentliche Problem", fasste Stratege Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets zusammen.
Die Konjunktursorgen drückten die Rohstoffpreise: Rohöl der Sorte Brent und US-Leichtöl WTI verbilligten sich jeweils um rund vier Prozent auf 74,10 und 69,43 Dollar pro Barrel. Daraufhin sanken die Kurse von Energiewerten. Zugleich trennten sich die Anleger von Staatspapieren. Im Gegenzug stieg die Rendite zehnjähriger US-Treasuries auf 3,795 Prozent.
Bankenwerte geben nach
Die restriktive Haltung Powells schürte auch Sorgen, dass sich das Kreditwachstum im Bankensektor abschwächt. Aktien der Großbanken JPMorgan Chase, Wells Fargo, Goldman Sachs, Bank of America, Morgan Stanley und Citigroup fielen zwischen 1,4 und 2,1 Prozent. Auch die Regionalbanken gaben ab, der Sektorindex verlor mehr als 2,8 Prozent.
Die in den USA notierten Aktien von Accenture fielen um 1,9 Prozent, nachdem das IT-Beratungsunternehmen für das vierte Quartal einen Umsatz unter den Markterwartungen prognostiziert hatte. Auch Darden Restaurants, die Muttergesellschaft der Restaurant-Kette Olive Garden, verschreckte die Investoren mit einem enttäuschenden Jahresausblick. Die Papiere rutschten um 2,6 Prozent ab.
In London überraschte die britische Notenbank die Investoren mit einer kräftigen Zinserhöhung um einen halben Punkt auf 5,0 Prozent - das höchste Niveau seit 2008. Doch damit ist angesichts der alarmierend hohen Teuerung auf der Insel das Ende der Fahnenstange wohl noch nicht erreicht. "Viele Kapitalmarktteilnehmer gehen davon aus, dass die BoE ihren Erhöhungskurs erst bei einem Leitzins von sechs Prozent beenden wird", sagte Ökonom Dirk Chlench von der LBBW. "Diese Spekulationen erscheinen uns indes etwas überzogen." Das Pfund Sterling begab sich auf Richtungssuche und stand zuletzt kaum verändert bei 1,2745 Dollar.
Der Schweizer Franken lag etwas schwächer, nachdem die Notenbank dort die Zinsen um 25 Basispunkte angehoben hat. In Norwegen wurden die Zinsen um 50 Basispunkte erhöht, was der Landeswährung Krone Aufwind verschaffte. Die türkische Lira tauchte hingegen auf ein Rekordtief - der Dollar stand mehr als fünf Prozent höher bei 24,80 Lira. Zwar verließ die türkische Zentralbank ihren ultralockeren Kurs und hob die Zinsen von 8,5 auf 15,0 Prozent an. Von Reuters befragte Ökonomen hatten allerdings mit einem noch größeren Schritt nach oben auf 21,0 Prozent gerechnet.
Quelle: ntv.de, mli/rts