"Das Publikum wurde betrogen"Landis legt gegen Armstrong nach

Ex-Radprofi Floyd Landis bezichtigt Lance Armstrong weiterhin des systematischen Dopings, ändert aber seine Strategie. Mit geschickten Provokationen versucht er, Armstrong zu einer Strafanzeige gegen ihn zu bewegen. Eine Aussage unter Eid fürchtet Armstrong aber wie der Teufel das Weihwasser.
Der geständige Dopingsünder Floyd Landis hat in der ARD seine Vorwürfe gegen Tour-de-France-Rekordsieger Lance Armstrong erneuert. In einem "Sportschau"-Beitrag wurde aus E-Mails zitiert, die Landis an seinen ehemaligen Teamkollegen geschrieben haben soll. Darin forderte der frühere Radprofi den umstrittenen Texaner auf, juristische Schritte gegen ihn einzuleiten. "Bitte hören Sie mit Ihren Drohungen auf und erstatten Sie stattdessen Strafanzeige. Die Anschuldigungen sind begründet. Das Publikum wurde betrogen", schreibt Landis in einer Email an Armstrong.
Wirklich fürchten muss Landis ein Strafverfahren nicht, weil Armstrong dann gezwungen werden könnte, unter Eid zu den Dopingvorwürfen auszusagen. Das hat er bislang stets vermieden, obwohl er jegliche gegen ihn erhobenen Vorwürfe kategorisch abstreitet.
Tour-Siege dank Blutdoping
Landis hatte bereits kurz vor dem Tour-Prolog am vergangenen Samstag via "Wall Street Journal" gegen Armstrong nachgelegt und ihn wie schon Ende Mai offen des jahrelangen Dopings bezichtigt. Laut ARD bekräftige Landis seine Anschuldigungen in der direkten Korrespondenz mit dem siebenfachen Tour-Champion: "Mr. Armstrong, ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit, dass ich Sie und unsere früheren Mannschaftskameraden beschuldige, Blutdoping betrieben und Dopingmittel genommen zu haben, so dass Sie dreimal die Tour de France gewinnen konnten."
Zwischen 2002 und 2004 waren Landis, dessen Tour-Sieg 2006 später wegen Testosteron-Dopings aberkannt wurde, und Armstrong gemeinsam im US-Postal-Team gefahren. RadioShack-Kapitän Armstrong hat Doping stets bestritten.
LeMond zweifelt ebenfalls
Der dreifache Tour-Champion Greg LeMond rückte seinen Landsmann Armstrong ebenfalls in die Nähe von Doping. "Ich habe Lance mal erzählt, hätte ich Epo genommen, dann hätte ich wohl mit acht Minuten anstatt mit acht Sekunden Vorsprung die Tour 1989 gewonnen. Darauf sagte Armstrong: 'Komm, jeder nimmt doch EPO'. So war das Gespräch mit Armstrong", sagte LeMond in der ARD. Er nahm damit Bezug auf seinen Tour-Sieg 1989, als er mit einem Vorsprung von nur acht Sekunden vor Laurent Fignon die Frankreich-Rundfahrt gewann.
Armstrongs vermeintliche Reaktion auf LeMonds Behauptung ist auch deshalb pikant, weil die Zeitung "L'Equipe" 2005 sechs eingefrorene Urinproben von Armstrong aus dem Jahr 1999 nachtesten ließ - und alle waren positiv auf Epo. Der Radsportweltverband UCI verzichtete jedoch darauf, Maßnahmen gegen Armstrong zu ergreifen. Lieber ließ man sich vom US-Amerikaner ein Anti-Doping-Labor sponsern, worin der Verband freilich keinen Interessenkonflikt erkennen kann.
Pevenage für UCI nicht glaubwürdig
Untätig bleibt di UCI vorerst auch in Sachen Rudy Pevenage. Der Mentor von Jan Ullrich hatte Mitte der Woche pauschale Dopingvorwürfe gegen die Tour-Teilnehmer geäußert. "Zur Zeit gibt es keinen Grund für eine Reaktion von uns. Da hat ein Typ etwas Falsches gemacht und sagt jetzt, andere haben auch etwas Falsches gemacht: Das ist ein bisschen einfach", kommentierte UCI-Sprecher Enrico Carpani die indirekten Anschuldigungen des Belgiers an die Adresse von Armstrong und weiteren, ungenannten Fahrern.
Kunden des Doping-Arztes Eufemiano Fuentes fahren im Radsport-Zirkus "weiter ungestraft vorne mit", hatte Pevenage gesagt. Er nahm damit auch Bezug auf die gerade laufende Tour. Namen wollte der Belgier nicht nennen: "Ich habe schon unheimlich viel Geld an Anwälte gezahlt, das reicht mir", erklärte der 56-Jährige.