F40 und Scuderia Spider 16M Mit zwei Sehnsuchts-Ferraris auf der Straße
21.10.2022, 16:19 Uhr
Der F40 verströmt Achtzigerjahre-Flair.
(Foto: Patrick Broich)
Warum bloß die außergewöhnliche Ferrari-Legende F40 gemeinsam mit einem Scuderia 16M besprechen? Weil sie ein Ferrari-Liebhaber in seiner Sammlung hat. Außerdem liegen sie etwa 20 Jahre auseinander, was einen interessanten Vergleich ermöglicht. Beide darf ntv.de am Steuer erleben.
Das Phänomen Ferrari ist definitiv kein westdeutsches, so viel wäre bewiesen nach dem Besuch eines Selfmademans aus Thüringen. Ein paar schöne Stücke aus Maranello hat der Markenliebhaber zusammengetragen und ist noch lange nicht am Ende angelangt.

Form und Funktion: Der F40-Heckflügel sieht markant aus und sorgt für Abtrieb.
(Foto: Patrick Broich)
Jedenfalls boten die Garagen hier und heute neben dem Sehnsuchts-Ferrari schlechthin - natürlich, der F40 ist gemeint - auch einen Scuderia 16M Spider. Und das trifft sich aus verschiedenen Gründen eigentlich doch recht gut, was flüchtig betrachtet womöglich verborgen bleiben mag. Beide sind Achtzylinder. Beide sind Sammler-Autos. Beide wollen maximalen Fahrspaß bieten. Dass der F40 heute viel wertvoller ist als das sportliche Topmodell einer Einsteiger-Baureihe, trifft zu. Aber Fun Fact: Der Scuderia Spider ist mit 499 Exemplaren das deutlich seltenere Auto. Schließlich wurden vom F40 am Ende 1315 Exemplare gebaut - Ferrari hat sich dazu breitschlagen lassen, wegen der großen Nachfrage wesentlich mehr Einheiten herzustellen als ursprünglich geplant.
Wer den F40 bespricht, muss ins Jahr 1984 zurückblicken. Damals erschien der GTO ("Gran Turismo Omologato" - die 288 ist keine offizielle Bezeichnung) als Homologationsfahrzeug für das Gruppe B Rallye-Engagement. Ein Konzept war geboren, das es bei Ferrari bisher nicht hab: So bestückten die Ingenieure den 2,9 großen Achtzylinder mit zwei japanischen IHI-Abgasturboladern. Das Triebwerk brachte es auf 400 PS (mehr als je zuvor bei Ferrari) und beschleunigte den 1284-Kilogramm-Athleten brachial - bei Porsche waren zu dieser Zeit maximal 300 PS vorgesehen.
Der F40 ist ein Leichtgewicht
So gesehen ist der F40 eine konsequente Weiterentwicklung des GTO, jetzt aber viel radikaler. Während der Vorgänger mehr als schneller Straßensportler konzipiert war, wollte der F40 ein Racer mit Straßenzulassung sein. Neben dem konsequenten Leichtbau (wie schon beim Vorgänger mit Kunststoff-Kohlefaser-Karosse) liegt der Fokus jetzt auch auf einer Aerodynamik, die vor allem den Abtrieb im Visier hat. Die vielen Karosserie-Gimmicks wie Luftleitebenen und -Einlässe existieren, um die perfekte Balance zwischen Abtrieb und cw-Optimum zu erreichen. Den großen Spoiler fährt der Italiener nicht zum Spaß spazieren. Verzicht auf jeglichen Komfort prägen seinen Charakter außerdem.
Der analog zum GTO ebenfalls mit den beiden IHI-Ladern bestückte F40 wiegt ähnlich viel beziehungsweise wenig - nämlich 1254 Kilogramm. Er besitzt ein spartanisches Innenleben, nicht einmal die Scheibenheber sind elektrisch. Nur auf die Klimaanlage hat Ferrari dann doch nicht verzichtet. Besser so mit dem schweißtreibenden Achtzylinder im Nacken.
Okay, genug gefachsimpelt, sondern ausprobieren! Erstmal über den Schweller klettern und den F40 erklimmen, der im ersten Leben übrigens Rennfahrerlegende Gerhard Berger gehörte. Dann den Vierpunktgurt anlegen und auf den unbeschrifteten Startknopf langen. Der Achtender schnaubt los, besitzt Suchtpotenzial, keine Frage. Das Kupplungspedal geht noch strammer als vermutet, die Übersicht ist bescheiden. Macht aber nichts, denn den F40 dürften die wenigsten Verkehrsteilnehmer überholen. Und selbst wenn sie es könnten, würden sie es aus Ehrfurcht unterlassen.
Auch der Scuderia ist ein Hoch-Performer
Das Motoröl hat der Besitzer schon erwärmt, also darf ich den Achtzylinder tief durchatmen lassen. Erst schiebt die rollende Legende moderat-druckvoll, um sie dann bei einsetzendem Ladedruck in den richtigen Horizont zu schmettern. Moment, aber der Oldie hat doch "nur" 478 PS - verglichen mit aktuellen Supersportlern also wenig. Richtig, aber wie war das noch einmal mit dem Gewicht? Der Legenden-Ferrari ist ein Fliegengewicht und muss nur 2,62 Kilogramm pro Pferdestärke schleppen. Kein Wunder, dass der wirklich böse ist.

Was unscheinbar aussieht, ist geballte Technik: der aufgeladene F40-Achtzylinder.
(Foto: Patrick Broich)
Zeitgenössische Fachmagazine haben um die elf Sekunden für den Spurt von 0 auf 200 km/h ermittelt - heute immer noch mehr beachtlich, Ende der Achtziger unvorstellbar. Ich belasse es bei gerader Landstraße und benehme mich nach wenigen Sprints wieder, denn ein F40 ist zu wertvoll geworden, um Unsinn damit zu treiben.
Mein Auto-Date bietet mir anschließend noch das Steuer des Scuderia Spider an - hierbei handelt es sich um die offene, scharfgemachte Version der breit angelegten F430-Baureihe. Breit angelegt heißt in diesem Fall: Es gibt viele, viele Tausend 430-Exemplare. Stopp, aber doch nicht vom Scuderia, das war doch schon Thema.
Carbon ist allgegenwärtig

Ein Auspuffendrohr links, eines rechts plus Diffusor: Das muss ein Scuderia sein.
(Foto: Patrick Broich)
Ganz genau, mit dem von 490 auf 510 PS erstarkten Racer, der die Modellbezeichnung "430" übrigens nicht im Namen trägt, feierte Ferrari seine Konstrukteursmeisterschaft des Jahres 2008. Die Entwickler griffen tief in die Trickkiste, überarbeiteten das Ansaugsystem des willig drehenden V8. Respekt verdient, dass es den Technikern gelang, die Trackvariante im Gegenzug um 100 Kilogramm abzuspecken - der Einsatz von leichten Materialien wie Carbon macht es möglich. Selbst die Luftfilterkästen und der Kasten um den Kühlmitteleinfüllstutzen bestehen aus Sichtcarbon, als Deko im Innern kommt es sowieso zum Einsatz.
Experten erkennen die Ausgabe für den Kurs am markanten Diffusor. Der ist nicht nur optisch fein, sondern sorgt auch für den nötigen Abtrieb auf dem Track, um auch noch die letzte Zehntelsekunde herauszuholen. Übrigens beschleunigt der Scuderia auf die Sekunde genauso schnell auf 200 Sachen wie der turboaufgeladene Oldie - eine weitere Gemeinsamkeit also.
Schön piano
Für den Scuderia gilt aber bei der Ausfahrt das Gleiche wie für den F40: schön piano. Rasch in die Sportsessel setzen, den klangvollen Achtzylinder per Knopfdruck starten und moderat erwärmen. Die umliegenden einsamen Landstraßen geben allerdings schon die Möglichkeit, das in den oberen Drehzahlregionen kehlig kreischende Aggregat wenigstens ein bisschen zu fordern. Zehntausend Rotationen erlaubt der Tourenmesser, bei 8500 immerhin stehen die besagten 510 PS bereit.
Und da selbst der offene 16M nur etwas mehr als 1400 Kilogramm auf die Waage bringt, kann man sich vorstellen, wie dramatisch er seine Passagiere in die Sitzgelegenheiten presst. Einmal ordentlich durchladen mit dem rechten Pedal und der Magen fährt Achterbahn im wahren Sinne des Wortes. Das Gefühl ist anders als im F40. Der Saugmotor schiebt linear und das im Augenwinkel immer sichtbare Manettino mit den verschiedenen Modi erinnert daran, dass der Scuderia den Rettungsanker in Form eines Stabilitätsprogramms besitzt, was eine psychologisch große Wirkung nach sich zieht. Für den Scuderia entwickelten die Techniker sogar ein spezielles, von der Formel 1 inspiriertes Set-up - um solche Unterschiede herauszufahren, muss man schon Track-Erfahrung mitbringen. Sei es drum, Fahrspaß bereitet er so oder so.
Ferrari F40 und Scuderia Spider 16M machen sehnsüchtig
Doch kann der Scuderia 16M auch moderat cruisen, immerhin besitzt er ja ein zu öffnendes Verdeck. Und Cabrios laden ja immer auch dazu ein, gelegentlich bei frischer Luft die Gegend zu erkunden. Tatsächlich ist das Fahrwerk naturgemäß straff, aber nicht erschütternd hart. Und das auf der Rennstrecke brutal schnell agierende automatisierte Sechsgang-Getriebe lässt sich entspannter Gangart frei von Zugkraftunterbrechungen schalten. Jedenfalls wenn man Ferraris Schaltstrategie erkannt hat und mit dem Gaspedal entsprechend mitdenkend umgeht.
Die sonst bei derartigen Vergleichen obligatorische Frage, welchen Kandidaten man nehmen solle, stellt sich hier nicht - man muss natürlich beide haben. An den Legendenstatus des F40 reicht der Scuderia natürlich nicht heran, die Performance dafür dürfte er übertreffen. Natürlich, er ist ja auch 20 Jahre jünger. Und günstiger. Also bitte unbedingt die Ferrari-Offerten in den einschlägigen Börsen studieren, wenn es das Budget irgendwie hergibt!
Quelle: ntv.de