Praxistest

VW T5 4Motion im Praxistest Auf allen Vieren

Bulli mit Allrad: Der VW T5 Multivan 4Motion in der Ausstattung Highline ist eine der edelsten Varianten des Evergreens aus Wolfsburg.

Bulli mit Allrad: Der VW T5 Multivan 4Motion in der Ausstattung Highline ist eine der edelsten Varianten des Evergreens aus Wolfsburg.

(Foto: Markus Mechnich)

Ein Bulli mit Allrad? Darauf setzt VW schon seit 25 Jahren. Auch die neuste Generation des T5 hat einen vierrädrigen Antrieb bekommen. Und wir haben uns aufgemacht, den Wolfsburger zu testen.

Lifestyle ist heutzutage ein geflügeltes Wort im Marketing der Autobranche. Irgendwie möchten die findigen Menschen aus der Werbung sogar unansehnlichste Kleinstwagen gerne als Lifestyle-Mobile verkaufen. Sieht ein Auto nicht ganz so aus, als wäre es mit der Schablone 08/15 gestanzt, so wird es direkt als trendiges Lifestylemobil für junge und hippe Generation vermarktet. Welche Blüten das Ganze annimmt, lässt bei einigen Importen aus Fernost ansehen, wo leicht exzentrische Autos mit aller Gewalt in die Lifestyle-Ecke gepresst werden. Der Kunde runzelt nicht selten die Stirn und wundert sich.

Nun gibt es aber auch Autos, die ganz ein einfach Lifestyle sind, obwohl sie vom Aussehen eher an Muttis Marmorkuchen von einst erinnern. Nett, aber nicht aufregend. Ein solches ist der Volkswagen T5, im Volksmund Bulli genannt. Dieses Auto muss weder hip aussehen noch irgendwie trendig sein. Nein, der T5 ist selbst der Trend, ebenso wie seine Vorfahren. Spätestens seit die Hippies mit den bunt bemalten Bullies der ersten Generation jointrauchend durch die Gegend fuhren ist das Auto cool. Er sieht bei Rockern ebenso gut aus wie beim Handwerker, dem Surfer oder dem Bauarbeiter. Der Radsportler wird damit genauso zufrieden kokettieren wie der Vorstandsvorsitzende bei der Rundfahrt mit Gästen.

Sitze für Gewichtheber

Wenn man in Wolfsburg eines kann, dann ist das Ableger eines Modells für jegliche Bedürfnisse zu schaffen. Das VW-Reich hat in Sachen Bulli alles zu bieten, was das Herz begehrt. Eine Pritsche für den Bauarbeiter, ein Kastenwagen für den Handwerker, den California für Camper oder den Multivan für die Familien. Hinzu kommen zahlreiche Sondermodelle aller denkbaren Arten. Aber eine Sache gibt es, die den Bulli der aktuellsten Generation einzigartig machen: Die Kombination aus Allradantrieb mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe der neuesten Generation zusammen verbaut in einem Transporter, das bietet nur VW an. Grund genug also für uns die Familie einzupacken und dem neuen Edel-Bulli aus Wolfsburg, der im Frühjahr 2010 sein Debüt feierte, mal bei einer ganz langen Fahrt auf den Zahn zu fühlen. Also machen wir uns auf den Weg nach Norden. Lange bevor Schnee und Eis halb Norddeutschland und ganz Skandinavien mit einer dichten Decke überzogen haben, sind wir nach Südschweden gefahren.

Der Bulli von Volkswagen war schon immer ein Lifestyle-Mobil. Spätestens seit die Hippies in den sechziger Jahren ihn dazu gemacht haben.

Der Bulli von Volkswagen war schon immer ein Lifestyle-Mobil. Spätestens seit die Hippies in den sechziger Jahren ihn dazu gemacht haben.

(Foto: Markus Mechnich)

Der Erstkontakt mit dem großen Braunen aus Wolfsburg verläuft sehr erfreulich. Innerhalb von wenigen Minuten wird aus den fünf Sitzen im Fond eine Dreierbank mit Tisch in der Mitte. Hinter der Sitzreihe entsteht riesig viel Platz für Gepäck. Ebenso schnell ist die abnehmbare Anhängerkupplung (844 Euro) montiert. Lästig nur, dass die unglaublich schweren Einzelsitze aus dem Auto gehievt werden müssen und im Keller zurückbleiben. Das Gewicht der beiden Sitze erfordert den festen Griff von zwei ausgewachsenen Männern, das ist schon heftig. Für Einzelgänger bleibt nur ausgiebiges Training in der Muckibude, sonst muss das Gestühl wohl drinnen bleiben.

Kein Transportergefühl hinterm Lenkrad

Ansonsten entsteht aber schon nach einer Stunde ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht. Das Auto ist voll geladen und fertig für die Reise. Das Gepäck wurde bis unter die Decke hinter der Rückbank gestapelt. Für fünf Personen ist es eng, aber ausreichend bequem. Wichtige Dinge für die Fahrt können in praktischen Boxen unter der Bank oder im Tisch verstaut werden. Auf dem Tisch sollte während der Fahrt nicht allzu viel geparkt werden, denn die nächste Kurve kommt bestimmt. Auch auf den beiden vorderen Plätzen geht es ausgesprochen geräumig zu. Bulli-Fahren war eben noch nie mit Platzmangel verbunden. Zumindest nicht für Fahrer und Beifahrer.

Aber der Wolfsburger zeigt sich in viele Gewändern. Der Allradantrieb ist nur am kleinen Typenschild auf der Heckklappe zu erkennen.

Aber der Wolfsburger zeigt sich in viele Gewändern. Der Allradantrieb ist nur am kleinen Typenschild auf der Heckklappe zu erkennen.

(Foto: Markus Mechnich)

Wer sich hinter das Lenkrad eines VW T5 Multivan 4Motion in der Highline-Ausstattung klemmt, den erwartet sicherlich alles andere als das Gefühl in einem Transporter zu sitzen. Dezent bläulich blinkt schon das Trittbrett der höchsten Ausstattungslinie. Hinter dem Steuer Platz genommen, begrüßt den Fahrer VW-Technik vom Feinsten. Das bereits erwähnte Doppelkupplungsgetriebe nimmt mit seinem Wählhebel an der Bulli-typischen Position dicht neben dem Lenkrad Platz. Darüber thront das Audiosystem, das neben Navigation und TV auch sonst alles bereit hält, was eine lange Reise versüßen kann. Festplattenplatz von 20 Gigabyte oder Multimediazugänge, die über den 7-Zoll-Bildschirm bedient werden können. Wenn man nicht wüsste, dass dieses schmucke Ding alleine schon 2618 Euro kostet, die in unserem Testwagen verbauten Dynaudio-Lautsprecher kommen dann noch mal auf 1541 Euro, könnte man sich glatt unbeschwert berauschen lassen. Das Touchscreen-System ist freilich nicht ohne Tücken. Von einer Bedienung während der Fahrt ist eigentlich eher abzuraten.

Hohe Qualität, üppige Motorisierung

Beeindruckend ist die hohe Fertigungskunst. Das Auto sieht aus, als ob Qualitätsfetischist und VW-Vorstand Winterkorn persönlich durch den Innenraum gekrochen wäre und sich davon überzeugt hätte, dass alles seine Ordnung hat. Kein Spalt ist unsymmetrisch, nichts klappert und nichts wackelt. Zwar findet sich recht viel Plastik, aber es ist von hoher Qualität und sehr gut verarbeitet. Eine Kombination aus Leder und Alcantara auf den Sitzen gibt es bei "Highline" in Serie, auch für die billigen Plätzen im Fond. "Abfahrt", schallt es von dort, wir haben eine Fähre zu erreichen. Die Klimaanlage belüftet uns auf dem Weg dahin in drei verschiedenen Zonen. Es geht gen Sonnenuntergang. Bulli-Fahren ist schon was Feines.

Gut. so viel Kraft wie sein Kontrahent hat der T5 nicht, aber mit den 180 PS des drehmomentstarken Diesels ist der Multivan sehr gut motorisiert.

Gut. so viel Kraft wie sein Kontrahent hat der T5 nicht, aber mit den 180 PS des drehmomentstarken Diesels ist der Multivan sehr gut motorisiert.

(Foto: Markus Mechnich)

Die Strecke nach Rostock verläuft ohne Probleme. Mit seinen 180 PS aus dem Zwei-Liter-Diesel mit doppelter Turboaufladung ist unser Bulli sehr kommod motorisiert. Selbst mit fünf Passagieren und voller Beladung schafft er es scheinbar mühelos auf Geschwindigkeiten von 160 und mehr Stundenkilometer. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 188 km/h. Allerdings entfernt er sich dabei auch deutlich von seinem Normverbrauch von 8,8 Litern Diesel. Wenn draufgetreten wird landet man schnell weit jenseits der zehn Liter. Auf dem ersten geschwindigkeitsbeschränkten Stück bleibt das Wolfsburger Lastentier bei einem Verbrauch von knapp unter zehn Litern auf 100 Kilometern. Nach Fahrt mit der Fähre kommen wir dem Normverbrauch noch näher. Nach den gemütlichen 300 Schweden-Kilometern messen wir einen Konsum von 9,7 Litern. Die Fahrt wurde zwar voll ausgelastet mit Gepäck und fünf Passagieren absolviert, aber auch sehr gemütlich auf den schwedischen Autobahnen und Nationalstraßen gefahren. Ein ordentlicher Wert.

Vorsicht Findlinge!

Sprit sparen ist ja eine ganz nette Beschäftigung, ganz besonders auf den sehr langatmigen skandinavischen Strecken, wo höchstens die schöne Natur für etwas Kurzweil sorgt. Aber dafür braucht man kein Allradauto und ein Bus ist auch nicht unbedingt optimal für ein solches Hobby. Wir entschädigen uns am nächsten Tag für die erlittene Langeweile mit einem Ritt über die schwedischen Feldwege. Den Begriff nehmen die Schweden übrigens wörtlich. Was bei uns auf keiner Straßenkarte zu finden wäre, wird hier als kleine Landstraße geführt. Auf den eingezeichneten Feldwegen müssen selbst Moutainbiker zu Fuß gehen. Ein ideales Einsatzgebiet für den Vierfüßler also, diese schwedischen Routen.

Hoch sitzen, tief blicken: Das VW-Instrumentarium zeigt reichhaltig Informationen. Das Touchscreen-Display ist gewöhnungsbedürftig.

Hoch sitzen, tief blicken: Das VW-Instrumentarium zeigt reichhaltig Informationen. Das Touchscreen-Display ist gewöhnungsbedürftig.

(Foto: Markus Mechnich)

Der T5 wühlt sich ordentlich durch und zeigt an keinem Hügel Schwächen. Bei einem solch schweren Auto wäre eine Bergabfahrhilfe vielleicht noch eine gute Idee, denn das Eigengewicht beschleunigt den T5 talwärts bedenklich schnell. Die Differentialsperre für die Hinterachse benötigen wir hingegen kaum. Dazu ist das Geläuft nicht tief genug. Das sieht auf Schnee wahrscheinlich anders aus. In den tiefen Acker trauen wir uns allerdings mit dem Wolfsburger dann nicht. Zu viele Findlinge verstecken sich im Schlamm und eine Bodenfreiheit von 16,7 Zentimeter ist nicht dazu angetan, unbesehen über ein Feld zu schreddern. Schon bei tiefen Schlaglöchern muss man auf den Bulli acht geben. Wahrscheinlich wäre die Fahrt mit dem Alu-Unterbodenschutz (1505,- Euro) etwas unbeschwerter, aber den hatte unser Testfahrzeug nicht an Bord. Für 2380,- lässt sich auch das gesamte Fahrzeug um rund drei Zentimeter höherlegen. Immerhin fühlt sich der T5 leer doch wesentlich leichter an.

Neue Kupplung im Allradgetriebe

Technisch neu am Allradantrieb, der sich bei VW 4Motion nennt, ist die elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung, die die bisher verbaute Haldexkupplung ersetzt. Mit der neuen Kupplung sind Schaltvorgänge unter Last besser möglich, was dem Vortrieb des Bullis auf schlechten Wegen spürbar zugute kommt. Stufenlos kann damit auch der Antrieb zwischen den beiden Achsen verteilt werden, im Extremfall macht sie aus dem Bulli auch einen reinen Hecktriebler. Optional bietet VW aber auch noch die bei uns vorhandene mechanische Differentialsperre für die Hinterachse an.

Praktisch veranlagt: Die Innenausstattung ist gut durchdacht.

Praktisch veranlagt: Die Innenausstattung ist gut durchdacht.

Zurück auf geteerten Straßen steht eine Landpartie an. Ein Anhänger mit Kanus ist das Objekt, das es für den Bulli zu ziehen gilt. Kein Problem für den Dicken aus Wolfsburg. Dank hoher Sitzposition, guter Rundumsicht und mächtig Dampf unter der Haube ist der Anhänger leicht zu meistern. Keine Frage, der T5 gehört zu den Autos, die für solche Aufgaben entwickelt wurden.

Karosse wankt, bleibt aber stabil

Aber kann er auch einen flotten Gang auf der Landstraße fahren? Auf dem Nachhauseweg geben wir mal etwas Gas. Das Fahrwerk des Bulli ist bisher nicht negativ aufgefallen -  Und das ist schließlich mit das Beste, was man über ein Fahrwerk sagen kann. Auch bei höheren Kurvengeschwindigkeiten, Allrad sei Dank,  zeigt sich der VW doch stabil. Nur schnelle Lastwechsel schmecken dem T5 nicht so gut. Die Karosserie zeigt dann Neigungen zum Wanken und an der Hinterachse entsteht Unruhe. Allerdings bei einer Bauhöhe von knapp zwei und einer Länge von knapp fünf Metern auch nicht verwunderlich. Ansonsten lässt sich der Bulli aber fast wie ein Pkw steuern. Die Größe und das beachtliche Gewicht von mindestens zwei Tonnen sind auf dem Fahrersitz kaum bemerkbar.

Bis zu 4525 Liter gehen da rein. Zwar keine Baumstämme, aber dennoch beachtlich.

Bis zu 4525 Liter gehen da rein. Zwar keine Baumstämme, aber dennoch beachtlich.

(Foto: Markus Mechnich)

Für unseren Ausflug nach Schweden hätten wir uns keinen besseren Begleiter vorstellen können. Der T5 Multivan bietet ungewöhnlich viel Platz, zeigt sich auch in kleinen Details sehr praktisch und funktioniert vor allem fast perfekt. Ob es wirklich eine Allradvariante braucht, muss jeder Käufer selbst entscheiden. Der Aufpreis von rund 3100 Euro gegenüber der Version ist jedoch moderat angesiedelt. Ein Offroader wird aus dem Bulli damit nicht. Dafür ist die Bodenfreiheit zu gering und die Karosserie zu anfällig für Beschädigungen. Mit viel Geldeinsatz lässt sich das zwar bessern, aber da gibt es sich günstigere Wege abseits der Straßen.

Teuer, aber gut

Und da wären wir auch beim einzig ernsten Kritikpunkt. Finanziell ist der T5 Multivan 4Motion eine Herausforderung. Schon der Grundpreis von 59.434 Euro dürfte die meisten Familienväter überfordern. Unser Testwagen lag mit nur einigen Dingen aus der schier endlosen Liste der Sonderausstattungen garniert bei gut 70.000 Euro. Das ist dicker Batzen Geld, den wohl nur wenige Familien wirklich aufbringen können.

Der Altmeister kann es eben immer noch am besten. Ob von zwei oder vier Rädern angetrieben.

Der Altmeister kann es eben immer noch am besten. Ob von zwei oder vier Rädern angetrieben.

(Foto: Markus Mechnich)

Die sich das leisten wollen oder können, bekommen dafür aber einen tadellosen Transporter mit Pkw-Qualitäten und schier endlosem Nutzraum. Dazu einen ausgesprochen potenten Motor, der einen ordentlich Verbrauch vorweisen kann. Die Reichweite von gut 1000 Kilometer bringt einen im Zweifelsfall dann noch viel weiter in den hohen Norden. Und dort, bei arktischen Bedingungen, ist auch der Allradantrieb auf die härteste aller Proben gestellt. Wir jedenfalls fahren zufrieden wieder gen Süden. Der Abschied vom T5 Multivan fällt schwer, aber ein Wiedersehen ist nicht ausgeschlossen.

 

Datenblatt

VW T5 Multivan 4Motion Highline

Abmessungen LxBxH
4,89 / 1,90 / 1,97 m
Leergewicht
1475 kg
Sitzplätze
7
Ladevolumen
normal / maximal - Rückbank raus und mittlere Sitze raus
664 l / 4525 l
Anhängelast gebremst/ungebremst
2500 / 750 Kilogramm
Maximale Zuladung
796 kg
Motor
4-Zylinder Diesel-Motor
mit 1.956 ccm Hubraum
und doppelter Turboaufladung
Getriebe
7-Gang Doppelkupplungsgetriebe
Leistung
180 PS (132 kW) bei 4000 U/Min
Kraftstoffart
Diesel
Antrieb
Allrad
Höchstgeschwindigkeit
188 km/h
max. Drehmoment
400 Nm zwischen 1500 und 2000 U/Min
Beschleunigung 0 - 100 km/h
 12,2 sek
Normverbrauch (Mittel/Innerorts/Außerorts)
Testverbrauch
8,8 l /7,5l / 11,1l
9,4l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
232 g/km
Grundpreis
Preis des Testwagens
59.434 Euro
ca. 70.000 Euro

 

Quelle: ntv.de

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