Kühler Berlinale-Auftritt Liebe Lena, ...
20.02.2018, 19:20 Uhr
Gott schütze das doppelseitige Klebeband.
(Foto: imago/Future Image)
... was war da los auf dem roten Teppich vor dem Berlinale-Palast? Muss man sich Sorgen machen? n-tv.de findet schon. Also, nicht alle, aber eine zumindest. Deswegen hier ein offener, kleinkarierter Brief an die sonst so schöne, schlaue Lena Meyer-Landrut.
"Liebe Lena, heute habe ich ein Foto gesehen von deinem Auftritt auf dem roten Teppich der Berlinale. Es ging um Emily Atefs Film 'Drei Tage in Quiberon', in dem der wunderbare Charly Hübner mitwirkt, die fantastische Marie Bäumer, die endlich ja gesagt hat dazu, die Romy Schneider zu spielen - aber nur, weil es sich um einen Ausschnitt, um drei Tage im Leben der großen Romy Schneider handelt, so Bäumer, und, an ihre Kollegen gerichtet: 'Ich war irgendwo im Nebel verschwunden in dieser Zeit, ich habe aber gesehen und gespürt, wie unglaublich ihr da um mich rum wart'. Erkennt man, dass da 'ne Menge Herzblut im Spiel ist, oder?
Na klar, bei dieser Premiere ist natürlich damit zu rechnen, dass einige schöne Frauen vor dem Berlinale Palast die Objektive der Kameras suchen. Das heißt, da muss man schon ein bisschen auffahren, wenn man mitspielen will. Nun bist du, Lena, ja keine Schauspielerin, sondern eine Sängerin, eine sehr gute, wie ich finde. Und eine, die gerade eine Pause gemacht hat - und nun wieder da ist. Eines steht fest: Das haben alle mitgekriegt, dass du wieder da bist. Die 'Bild'-Zeitung schreibt: 'Heißer Auftritt trotz eisiger Kälte - Lena, mehr geht nicht.' Und über diese Zeile bin ich nun in meinen klobigen Ugg-Boots gestolpert. Und muss widersprechen.
Marie, Emily
Es ist also klirrend kalt in dieser Berliner Februar-Nacht, die Hauptfrauen des Abends sind eigentlich Marie Bäumer und Emily Atef, die Hauptdarstellerin und die Regisseurin, und auf ihnen sollte das Hauptaugenmerk daher logischerweise liegen. Wie bei einer Hochzeit, da stiehlt man der Braut auch nicht die Show. Die Kameras klicken aber in Richtung Lena Meyer-Landrut.
Das mag nun also ein bisschen kleinlich rüberkommen, denn ich mag dich, aber es ist so ignorant, dein Verhalten. Auch ein bisschen respektlos. Denn auch, wenn die anderen Damen bei Weitem nicht mit einem methusalemschen Alter gesegnet sind, so haben sie dir doch einige Jahre voraus. Und stellen sich zum Glück nicht halbnackt auf den roten Teppich bei minus zwei Grad Celsius. Sie sind in schwarzen Kleidern gekommen, vielleicht, um Solidarität zu "#MeToo" zu bekunden? Gerade hat Prinzessin Kate sich üble Kritiken einholen müssen, als sie bei den BAFTA-Awards in Dunkelgrün - und nicht in Schwarz - über den Teppich schritt. Wobei das natürlich vollkommen korrekt ist, denn Mitglieder des englischen Königshauses tragen kein Schwarz außer auf Beerdigungen, wenn es irgend möglich ist. Ganz egal, wie sehr sie auch mit 'Time's Up' sympathisieren und gegen Frauendiskriminierung sind. Auf jeden Fall hast du, Lena, nun ungefähr 90 Prozent der Fotos dieses Filmabends auf deiner Haben-Seite. Marie Bäumer sieben, Emily Atef zwei, Charly Hübner ist auf einem Gruppenfoto. Das ist nicht fair.
Mehr Kopf, weniger Körper
Deswegen nur ein Rat: Mal abgesehen davon also, dass die Farbe des Kleides nicht stimmte (auch wenn sie sehr schön war), dass es einfach zu wenig Stoff war (wie gesagt, ist nur meine Meinung, das sehen andere anders), und dass es gar nicht um dich ging, wünscht man dir doch mal ganz allgemein einen gesegneteren Appetit. Denn das, was wir dann von dir sehen, ist nun auch wieder zu wenig. Das ist kein gutes Vorbild für die kleinen Mädchen, die normalerweise gerne deine Musik hören. Und ich weiß, ja, es ist spießig und kleinkariert und muttimäßig, und andere sagen 'weniger ist mehr' - aber das stimmt eben oft auch gar nicht, was die anderen Leute so sagen. Manchmal ist mehr mehr. Manchmal ist mehr Stoff gut (keine Burka, falls das jetzt kommen sollte, gähn), manchmal spielt Größe eine Rolle (upps), manchmal ist 'tiny' einfach scheiße, manchmal bedeutet 'wenig' auch irgendwie 'arm', und manchmal spielt auch innere Haltung eine Rolle. Manchmal ist mehr Kopf besser als mehr Körper. Glaub mir: Ich bin eine alte Frau, die schon viel gesehen hat. Und du kannst mehr, als halbnackt auf roten Teppichen rumstehen.
In großer Zuneigung, deine Sabine Oelmann."
Quelle: ntv.de