Mit Fortnite gegen Missbrauch Dänische Polizei jagt Verbrecher in Videospielen
06.07.2023, 11:22 Uhr Artikel anhören
"So wie man auf der Straße ein Polizeiauto sieht, kann man jetzt in der digitalen Welt einen Polizisten sehen", erklärt die Chefin der zuständigen Einheit.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Counter-Strike, Fifa oder Fortnite: Die dänische Polizei fährt auch vom Schreibtisch aus Streife. Die Wirkung eines vorbeifahrenden Polizeiautos habe online die gleiche Wirkung wie in der realen Welt, heißt es. Seit Beginn ihrer Arbeit haben die Beamten bereits mehr als 5.200 Hinweise erhalten.
In der Zentrale der dänischen Polizei kleben die Beamten vor ihren Bildschirmen und spielen Counter-Strike. Das Videospiel ist kein Zeitvertreib für die Pause, Gaming gehört zu den Aufgaben dieser Online-Streife. Statt auf der Straße sind die Polizisten im Internet unterwegs, um vor allem Kinder vor Missbrauch und Betrug zu schützen. Die zehnköpfige "Politiets Online Patrulje" wurde vergangenes Jahr im April eingesetzt, nachdem die Internet-Kriminalität während der Corona-Pandemie stark zugenommen hatte. Sie ist vor allem Sexualstraftätern und Wirtschaftskriminellen auf der Spur.
"So wie man auf der Straße ein Polizeiauto sieht, kann man jetzt in der digitalen Welt einen Polizisten sehen", erklärt die Leiterin der Einheit, Sisse Birkebaek. Das Signal sei das gleiche, sagt Miriam Michaelsen, Anwältin und Gründerin des Vereins Digitale Verantwortung: "Wenn man die Polizei vorbeifahren sieht, kann das sowohl für die Opfer als auch für die Kriminellen eine Wirkung haben. Das ist online genauso."
Mehrmals im Monat spielen die Online-Polizisten beliebte Spiele wie Fifa, Fortnite oder Counter-Strike. Sie sitzen in Uniform vorm Computer, und auch im Internet geben sie sich meist als Polizeibeamte zu erkennen; selten ermitteln sie verdeckt. Sie nennen sich "Officer", beobachten und pflegen Kontakte, als wären sie persönlich auf Streife in der Nachbarschaft unterwegs. Die Polizei ist in Dänemark hoch angesehen. Laut einer aktuellen Umfrage vertrauen 87 Prozent der Dänen den Beamten.
Ermittlungen in 65 Fällen
"Wir sagen im Chat: 'Hey, wir sind zwei Polizisten, wir brauchen drei Freiwillige. Ihr könnt kommen und mit uns spielen", erklärt Jeppe Rimer Torup die Arbeit der Einheit. "Langsam wächst die Zahl unserer Follower", sagt der 36-Jährige. Derzeit haben die Beamten 127.000 Follower auf Tiktok, 23.000 auf Twitch, einer Streaming-Plattform für Gamer, 10.000 auf Facebook und 6.000 auf Instagram.
Die Polizisten treten Facebook-Gruppen bei und bieten sich als Gesprächspartner an: "Wir sind von der Polizei und wenn ihr mit uns reden wollt oder Fragen habt, schießt einfach los." Meistens funktioniere das, sagt Rimer Torup. Seit Beginn ihrer Arbeit hätten sie mehr als 5.200 Hinweise erhalten. "Wir sehen viel Cyber-Grooming und Versuche, junge Leute zu belästigen, zu erpressen und in der Gaming-Community zu bestehlen", sagt Leiterin Birkebaek. In 65 Fällen wurden Ermittlungen eingeleitet.
Online-Polizist Rimer Torup kümmert sich auch in seiner Freizeit um Jugendliche und kennt ihre Sorgen. Er engagiert sich in einem E-Sport-Club, in dem Wettkämpfe mit Computerspielen ausgetragen werden. Viele der Teilnehmer stammen aus benachteiligten Familien. Alle sechs, die an diesem Tag mitspielen, kennen die Online-Patrouille. Noch hat keiner von ihnen Kontakt mit ihr aufgenommen. "Sie sind viel zu cool, um das zuzugeben", scherzt Rimer Torup.
Über die Finanzierung der Einheit wird jedes Jahr neu entschieden. Rimer Torup hofft, dass sie zur Dauereinrichtung wird. "Ich glaube nicht, dass wir mit einer Online-Patrouille wie dieser alle Probleme der digitalen Gewalt lösen können", sagt Anwältin Michaelsen. "Aber wenn 10, 15, 20 Menschen auf diese Weise geholfen wird, macht das schon einen Unterschied."
Quelle: ntv.de, Camille Bas-Wohlert, AFP