35 Jahre nach Wiedervereinigung Noch immer wollen Tausende ihre Stasi-Akten einsehen
02.10.2025, 11:29 Uhr Artikel anhören
Schnipsel von Akten der ehemaligen Staatssicherheit der DDR.
(Foto: picture alliance / SZ Photo)
Die Akten der Staatssicherheit offenbaren Tausende Schicksale. Durch sie erfahren ehemalige DDR-Bürger, wie sie bespitzelt wurden. Auch nach Jahrzehnten deutscher Einheit gehen etliche Anträge auf Einsicht beim Bundesarchiv ein.
Auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung ist das Interesse an Stasi-Akten groß. Im ersten Halbjahr 2025 erreichten das Bundesarchiv, wo die Unterlagen lagern, 16.213 Anträge zur persönlichen Einsicht in Akten der DDR-Staatssicherheit, wie ein Sprecher des Bundesarchivs mitteilte.
Damit dürften die Zahlen mit denen der Vorjahre vergleichbar sein: Im Gesamtjahr 2024 erreichten das Bundesarchiv nach eigenen Angaben 28.571 Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, im Jahr zuvor waren es 30.969.
Das Interesse der Menschen an den Geschehnissen und der eigenen Familiengeschichte ist laut Bundesarchiv groß. Präsident Michael Hollmann erklärte: "Das Stasi-Unterlagen-Archiv und die weiteren DDR-Unterlagen im Bundesarchiv geben Zeugnis von der Unterdrückung von Menschen und der Missachtung von Presse- und Meinungsfreiheit in einer Diktatur, der SED-Diktatur."
Tausende Anträge in Außenstellen
Im laufenden Jahr verzeichnete die Zentralstelle in Berlin die meisten Anträge (5781). Anfragen sind aber auch in den zwölf Außenstellen in den fünf Ost-Ländern möglich. Die meisten Anträge gab es in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni laut Bundesarchiv dabei in Sachsen mit 3935 Fällen. Dort gibt es Standorte in Dresden (1817), Leipzig (1102) und Chemnitz (1016).
In Thüringen verzeichnete das Bundesarchiv 2476 Anträge, die meisten in der Landeshauptstadt Erfurt (1292). Weitere Anfragen waren in Gera (678) und Suhl (506) möglich. In Mecklenburg-Vorpommern erreichten die Außenstellen in Neubrandenburg, Rostock, Schwerin insgesamt 1797 Anfragen. In Sachsen-Anhalt (Halle und Magdeburg) waren es 1597. Die einzige Außenstelle in Brandenburg mit Sitz in Frankfurt (Oder) registrierte nach den Angaben 627 Anträge.
Hinzu kommen jeweils Anfragen von Behörden, Wissenschaft und Medien. Im Gesamtjahr 2024 bearbeitet das Bundesarchiv nach eigenen Angaben 1101 solcher Fälle.
Gesamtzahl der Anträge geht in die Millionen
Seit Beginn des Stasi-Archivs im Jahr 1990 gab es laut Bundesarchiv mehr als 7,5 Millionen Anfragen, darunter fast 3,5 Millionen Anträge von Bürgerinnen und Bürgern. Die höchsten Zahlen gab es nach der Statistik im Jahr 2019 mit 56.526 Anträgen.
Die Unterlagen gehören seit 17. Juni 2021 zum Bundesarchiv, nachdem die Stasi-Unterlagen-Behörde nach rund drei Jahrzehnten aufgelöst worden war. Unter den einst von DDR-Bürgerrechtlern bewahrten Millionen Dokumenten sind Akten zur Bespitzelung von Bürgern durch die Staatssicherheit, aber auch Fotos und Tonträger.
Das Bundesarchiv ist beim zentralen Fest zur Deutschen Einheit in Saarbrücken vertreten. "Das Fest zur Deutschen Einheit sollte ein Feiertag der Demokratie sein, an dem wir uns klarmachen, dass es auch dunkle Kapitel unserer Geschichte gab, die uns herausfordern für die Gegenwart und Zukunft", betonte Präsident Hollmann.
Quelle: ntv.de, nbr/dpa