Corona-Lage nach Karneval Hohe Nachfrage nach PCR-Tests in Köln
28.02.2023, 17:54 Uhr
Ein Abstrichstäbchen wird in einer ambulanten Coronatest-Einrichtung für die Analyse vorbereitet.
(Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/)
Nach dem Karneval steigen die Corona-Fallzahlen in den Narrenhochburgen stark an. Das war zu erwarten. Klar ist aber auch, dass viele Fälle gar nicht in die Statistik eingehen.
Vor drei Jahren verzeichnete Nordrhein-Westfalen nach dem Karneval die erste große Infektionswelle mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2. Einige der Infektions-Cluster standen damals im direkten Zusammenhang mit den Feierlichkeiten. Auch drei Jahre später wirkt die Narrenzeit noch wie ein Katalysator für Ansteckungen, wie sich in den Zahlen zeigt.
Vor allem in Köln ist die Zahl der Fälle nach der Karnevalswoche sprunghaft angestiegen - und zwar stärker als in den beiden vorangegangenen Jahren, wie die Stadt Köln gegenüber ntv.de bestätigte. "In dieser Karnevalssaison gab es keinerlei pandemiebedingte Beschränkungen oder Auflagen", hieß es zur Begründung. Auch der Wegfall der Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr wird als mögliche Ursache genannt.
Inzidenzanstieg in allen Narrenhochburgen
Trotzdem sticht Köln im landes- und bundesweiten Vergleich hervor: So lag die Sieben-Tage-Inzidenz in ganz Nordrhein-Westfalen zuletzt bei 205 Fällen je 100.000 Einwohner. In Köln sprang sie hingegen nach einem typischen, meldebedingten "Wochenend-Knick" auf gut 412. Auch Aachen, Düsseldorf und Mainz verzeichnen nach Karneval beziehungsweise Fastnacht Anstiege in den Fallzahlen (eine erste Auswertung hatte ntv.de bereits in diesem Artikel vorgenommen).
In die Statistik des Robert-Koch-Instituts gehen jedoch nur laborbestätigte Infektionen ein. Da die dazu erforderlichen PCR-Tests nur noch selten durchgeführt werden, muss man von einer deutlichen Untererfassung ausgehen. Die Meldestatistik zeigt insofern lediglich einen Trend auf - begrenzt auf den Zeitraum, in dem ein bestimmtes, einheitliches Vorgehen bei PCR-Testungen galt. Wie viele Menschen tatsächlich an Corona erkrankt sind, lässt sich daraus nicht ableiten.
Auch das Kölner Gesundheitsamt gehe von einer erheblichen Untererfassung der Corona-Fälle aus, "da es die meisten Kölnerinnen und Kölner mittlerweile bei einem positiven Schnelltest belassen und keinen PCR-Test zur Bestätigung durchführen", teilt die Stadt gegenüber ntv.de mit. Dabei habe die Möglichkeit zur kostenlosen PCR-Nachtestung bislang "immer" bestanden. Erst zum 1. März entfällt diese mit dem Ende der Corona-Schutzverordnung. Es könne aber sein, dass Arztpraxen weiterhin kostenlose Abstriche vornehmen, so die Pressestelle Kölns.
Mehr als 1000 PCR-Tests an einem Montag
Die Nachfrage nach Labortests scheint nach wie vor groß: Die Zahl der allein am Montag durchgeführten PCR-Tests gab die Stadt mit 1117 an. Das sei tatsächlich mehr als sonst üblich, räumt das Kölner Gesundheitsamt auf Nachfrage ein. Innerhalb von vier Wochen habe sich das Testaufkommen verdoppelt. Fast jeder zweite Test falle mittlerweile positiv aus.
Aus den privaten Testzentren, Apotheken und Arztpraxen wurden zudem 6926 Antigen-Schnelltests gemeldet, von denen 9,23 Prozent positiv ausfielen. Die Pressestelle weist aber darauf hin, dass viele Schnelltests Zuhause durchgeführt und nicht von der Statistik erfasst werden können.
Das Test- und Meldewesen kann nach wie vor nur einen Bruchteil des Infektionsgeschehens abbilden. Zur Bewertung der Lage sollten stattdessen Krankenhausdaten und Abwasseruntersuchungen hinzugezogen werden. Darauf wies auch Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in einer Pressekonferenz am Dienstag hin. Aktuell seien demnach landesweit 4125 Patientinnen und Patienten aufgrund einer Corona-Erkrankung in den Krankenhäusern in Behandlung. Die meisten davon liegen auf einer Normalstation. Nur 109 Patientinnen und Patienten müssen beatmet werden.
Solche Zahlen hätte er sich auch schon vor drei Jahren gewünscht, sagte Naumann in seinem Rückblick auf den dramatischen Beginn der Pandemie. Allein in Nordrhein-Westfalen sind seit 2020 laut dem Gesundheitsministerium in Düsseldorf mehr als 31.000 Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben.
Doppelt so viele Corona-Patienten in den Krankenhäusern
Beim diesjährigen Karneval spielte dies keine Rolle mehr. Zum ersten Mal seit 2020 wurde in den Hochburgen wieder ohne Einschränkungen gefeiert. Die Risiken dürften jedem bewusst gewesen sein: Schon vor den Feiertagen waren die täglich gemeldeten Infektionszahlen in Nordrhein-Westfalen gestiegen, wenn auch moderat.
Auffällig ist, dass im gleichen Zeitraum die Zahl der Corona-Patientinnen und -Patienten in den Krankenhäusern deutlich zugenommen hat. Ende Januar lagen noch weniger als 2000 Personen mit einer schweren Corona-Erkrankung im Krankenhaus. Hier gab es also in wenigen Wochen eine Verdopplung, die sich in der Fallstatistik zuvor nicht unmittelbar abgezeichnet hat. Weil Krankheitsschwere und -dauer bei Corona aber stark variieren, lassen sich solche Entwicklungen nur schwer vorhersagen. Die lückenhafte Fallerfassung ist also nur ein Faktor unter vielen, die eine Einschätzung erschweren.
Abwasseruntersuchungen dauern lange
Auch die Abwasseruntersuchungen, die bisher in Pilotprojekten durchgeführt werden, haben ihre Schwächen und helfen bislang wenig dabei, die Auswirkungen der uneingeschränkten Karnevalsfeierlichkeiten auf die aktuelle Corona-Entwicklung zu bewerten. Die Datenauswertung ist aufwändig und braucht Zeit. So stammt die jüngste Ausgabe des wöchentlichen Abwassermonitorings des Landes vom 24. Februar und bezieht sich nur auf den Zeitraum bis zum 15. Februar. Schon damals, noch vor Beginn der Karnevalswoche, zeichnete sich bereits ein leichter Anstieg der Viruslast ab.
Zukünftige Berichte dürften den steigenden Trend in der Meldestatistik bestätigen. Sollte der Anstieg der Viruslast im entsprechenden Zeitraum deutlich höher ausfallen als in den RKI-Zahlen, wäre das ein weiterer Hinweis auf das Ausmaß der Untererfassung. Beziffern lässt sich diese aber dennoch nicht.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass das aktuelle Infektionsgeschehen eine höhere Dynamik aufweist als in der offiziellen Statistik zu sehen ist - und selbst, wenn sich diese Annahme beweisen ließe - bleibt es eine folgenlose Erkenntnis. Denn abgesehen von den individuellen Schutzmaßnahmen des Einzelnen gibt es außerhalb von medizinischen Einrichtungen kaum noch gesundheitspolitische Interventionen, die die Infektionsketten durchbrechen könnten. Ab dem 1. März ist die Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen endgültig Geschichte. Das Virus jedoch bleibt und wird auch weiterhin Infektionswellen auslösen - wenn auch weniger folgenschwere, hofft man.
Quelle: ntv.de