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Größter Finanzbetrug des Landes Vietnam verurteilt Unternehmerin zum Tode

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Die vietnamesische Geschäftsfrau Truong My Lan wurde wegen Korruption und Betrugs zum Tode verurteilt. Ihrer Familie zufolge will sie jedoch Berufung einlegen.

Die vietnamesische Geschäftsfrau Truong My Lan wurde wegen Korruption und Betrugs zum Tode verurteilt. Ihrer Familie zufolge will sie jedoch Berufung einlegen.

(Foto: picture alliance/dpa/VnExpress via AP)

Seit 2016 geht Vietnams kommunistische Regierung gezielt gegen Korruption vor. Nun wird eine Immobilienmagnatin ungewöhnlich hart bestraft. Der Vorwurf: Veruntreuung von Milliardensummen und Bestechung von Beamten.

Eine Immobilienmagnatin, deren Unternehmen in Vietnam Luxuswohnungen, Bürogebäude, Hotels und Einkaufszentren baute, ist wegen ihrer Rolle in Vietnams größtem Finanzskandals zum Tode verurteilt worden. Die Jury des Volksgerichts in Ho-Chi-Minh-Stadt befand Truong My Lan, die Chefin der Immobilienfirma Van Thinh Phat, wegen Bestechung, Veruntreuung und der Verletzung von Bankvorschriften für schuldig, wie die staatlichen Medien "Thanh Nien" und "VnExpress" berichteten. Dass bei Finanzverbrechen die Todesstrafe verhängt wird, ist jedoch ungewöhnlich.

Die Geschäftsfrau, die als Drahtzieherin eines riesigen Netzwerks der organisierten Kriminalität bezeichnet wird, ist laut Staatsanwaltschaft verantwortlich für einen Schaden von umgerechnet insgesamt 25 Milliarden Euro. Fast die gesamte Summe soll Lan nun erstatten. "Die Handlungen der Angeklagten haben das Vertrauen in die Führungsstärke der Partei und den Staat untergraben", hieß es bei der Urteilsverkündung.

Veruntreuung immenser Summen über Briefkastenfirmen

Die Angeklagte soll zwischen 2012 und 2022 umgerechnet rund 11,6 Milliarden Euro aus der Saigon Joint Stock Commercial Bank (SCB) veruntreut und Regierungsvertreter bestochen haben. Der Betrag entspricht fast drei Prozent des vietnamesischen Bruttoinlandsprodukts. Lan war zeitweise und illegal die größte Aktionärin der staatlichen Bank, die zu 90 Prozent ihrer Immobiliengruppe gehört. Sie soll die Verantwortlichen der Bank angewiesen haben, 2500 Kredite an Briefkastenfirmen zu genehmigen, bevor sie Beamte bestach und die Gelder in bar abzweigen ließ.

Außerdem habe Lan 42.000 Privatpersonen geschädigt. Laut Polizei können die Betroffenen seit Lans Verhaftung kein Geld mehr von ihren Konten der SCB abheben und erhielten bisher weder Zinsen noch Tilgungszahlungen. In Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt protestierten nach der Verhaftung Hunderte Menschen. Öffentliche Kundgebungen dieser Art sind selten in Vietnam.

Lan bekennt sich als nicht schuldig

Die Verurteilte bestreitet die Vorwürfe und beschuldigte Untergebene. Vor Gericht sagte Lan vietnamesischen Medien zufolge, sie denke an Suizid. "Ich bin so wütend auf mich, dass ich dumm genug war, mich in dieses sehr harte Geschäft, den Bankensektor, hineinziehen zu lassen, von dem ich wenig verstehe", so die Firmenchefin. Von Lans Anwälten war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Bereits vor Verkündung des Urteils hatte ein Familienmitglied erklärt, Lan werde Berufung einlegen. Nun hieß es, man werde weiterkämpfen und sehen, was man tun könne. Im Prozess hatte Lan laut Berichten unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft auf nicht schuldig plädiert.

Als Lan im Oktober 2022 als Teil der Anti-Korruptions-Kampagne in Vietnam verhaftet wurde, hatte das im ganzen Land für Aufsehen gesorgt. Vor allem das Ausmaß des mutmaßlichen Betrugs hatte viele geschockt.

Vietnam ist seit 2016 im Kampf gegen die Korruption

Der Zeitung "Thanh Nien" zufolge wurden 85 weitere Angeklagte in diesem Fall zu Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren auf Bewährung und lebenslanger Haft verurteilt. Darunter waren Beamte der Zentralbank, Ex-Regierungsmitglieder sowie Führungspersonal der SCB. Eine der Angeklagten ist die frühere Zentralbankmitarbeiterin Do Thi Nhan, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Sie hatte nach Überzeugung des Gerichts von Lan etwa 4,8 Millionen Euro Bestechungsgeld angenommen. Zudem beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft mehr als 1000 Immobilien Lans.

Das Verfahren hatte am 5. März begonnen und endete früher als geplant. Er ist einer der aufsehenerregendsten Prozesse der Anti-Korruptions-Kampagne, die 2016 vom Generalsekretär der Kommunistischen Partei, Nguyen Phu Trong, eingeleitet wurde. Allerdings hat diese Kampagne bislang wenig greifbare Ergebnisse erbracht. Seit ihrem Beginn wurden Hunderte ranghohe Staatsdiener und bedeutende Wirtschaftsmanager strafrechtlich verfolgt oder zum Rücktritt gezwungen. Im März trat der ehemalige Präsident Vo Van Thuong zurück, nachdem er in einen Korruptionsskandal verwickelt worden war. Damit war er der zweite vietnamesische Präsident, der zurücktrat.

Experten vermuten, dass möglicherweise auch andere Banken und Firmen in ähnliche Machenschaften verwickelt sein könnten. Einige ausländische Investoren schreckte das von einem Engagement in Vietnam ab, das sich als Standort für Zulieferfirmen als Alternative zu China positionieren will.

Es ist nicht bekannt, wie viele Todesurteile in Vietnam vollstreckt werden. Amnesty International geht jedoch davon aus, dass es einige Dutzend pro Jahr sind.

Quelle: ntv.de, mes/AP/AFP/dpa/rts

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