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Trump, Ukraine, Gaza bei Miosga "Absurd": Nouripour fordert Taurus und Verhaftung von Putin bei Budapest-Gipfel

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"Wenn wir uns permanent von Angst leiten lassen, gewinnen die Diktaturen dieser Welt", sagt Nouripour.

"Wenn wir uns permanent von Angst leiten lassen, gewinnen die Diktaturen dieser Welt", sagt Nouripour.

(Foto: IMAGO/HMB-Media)

Kann ein Trump-Frieden auch in der Ukraine gelingen? Omid Nouripour glaubt nicht daran und schießt gegen Kanzler Merz. Während der Waffenstillstand in Gaza bröckelt, fordert der Vizepräsident des Bundestags, Deutschland müsse weg von: "Wer Taurus will, der will den Dritten Weltkrieg".

"Ich erinnere mich an einen Oppositionsführer, der heute Bundeskanzler ist, der flammende Reden darauf gehalten hat", wettert Omid Nouripour. Der Grünen-Politiker und Vizepräsident des Bundestags hält am Sonntagabend bei "Caren Miosga" einen Appell für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern mit etwa 500 Kilometern Reichweite an die Ukraine - und schießt gegen Friedrich Merz. Der Kanzler wolle von seiner vormaligen Unterstützung des Vorschlags nichts mehr wissen, aber weil US-Präsident Donald Trump der Ukraine nun wohl keine Tomahawk-Raketen schicken werde, brauche das Land deutsche und europäische Unterstützung in diesem Bereich.

In der ARD-Talkshow wird die "Methode Trump" diskutiert und ob ein Friedensplan nach der (brüchigen) Waffenruhe in Gaza auch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu einem Ende bringen könnte. "Der Ansatz von Donald Trump ist naiv", erklärt Nouripour zum geplanten Treffen des Präsidenten mit Wladimir Putin in Budapest nach dem jüngsten Telefonat der beiden, "das ist das Netteste, was ich sagen kann." Es sei bekannt, dass Russland die Zeit des Redens eiskalt ausnutze, um weiter zu bombardieren.

Statt Putin in Budapest mit Pomp zu empfangen wie vor zwei Monaten in Alaska, sollte der russische Machthaber dort lieber verhaftet werden. "Putin wird auch in Ungarn per Haftbefehl gesucht", sagt der Grünen-Außenexperte.

"Wenn die Tomahawk-Raketen nicht von Trump kommen, auch in Deutschland gibt es Marschflugkörper", fährt er fort. Es sei "absurd", dass die Ukraine immer noch nur Waffen mit geringer Reichweite erhielte. Man habe bereits gesehen, dass die Ukraine Erfolge feiern konnte, wenn sie Angriffe auf Infrastruktur auf russischem Gebiet unternehmen konnte. "Wenn wir wollen, dass die Ukraine den Krieg zur Friedensordnung gewinnt, dann sollten wir ihnen auch die Möglichkeiten geben, die dafür gebraucht werden", so Nouripour.

Deutschland müsse sich auch von falschen Vorstellungen befreien. "Es wird so getan, als gelte: 'Wer Taurus will, der will den Dritten Weltkrieg.'", sagt Nouripour. "Putin lebt davon, dass wir Dinge, die notwendig sind, nicht tun, weil wir Angst haben. Wenn wir uns aber permanent von Angst leiten lassen, gewinnen die Diktaturen dieser Welt." Der Grünen-Politiker erntet Applaus.

Trump sieht nur Putin als ebenbürtig

Auch Peter Neumann glaubt nicht an einen Erfolg der "Trump-Methode" in der Ukraine. Der Sicherheitsexperte vom King's College London meint: "Trump hat keine Sympathie für die Ukraine." Putin sehe er als ebenbürtig an, Wolodymyr Selenskyj aber nicht. Zudem wolle Trump mit Russland so schnell wie möglich die Beziehungen normalisieren, um Geschäfte zu machen, und der Krieg in der Ukraine sei eher ein lästiges Hindernis auf diesem Weg. Trump könnte jetzt bei einem von Putin vorgeschlagenen schnellen Deal mit Tauschangebot von Gebieten zuschlagen, fürchtet Neumann. "Das ist die Falle, in die Putin Trump locken will. Es wäre kein nachhaltiger und ein sehr schlechter Deal, weil es keine Sicherheitsgarantien für den Rest der Ukraine gäbe."

Beim Thema Taurus schaue Berlin besonders auf die "hybriden Möglichkeiten", mit denen Russland Deutschland "bestrafen" könnte, ist Neumann sicher. Generell müsse man aber dafür sorgen, dass Trump die Ukraine nicht komplett fallenlasse und weiterhin unglaublich wichtige Unterstützungen wie Geheimdienstinformationen oder Luftabwehr bereitstelle.

Die Journalistin Anna Sauerbrey, die deutsche Taurus-Lieferungen für sinnvoll, aber nicht wahrscheinlich hält, hat dagegen Hoffnung für die Methoden des US-Präsidenten im Ukraine-Krieg. "Trump hat Interesse an Frieden, weil er eitel ist und den Friedensnobelpreis will", sagt sie. "Er hat aber auch einen Horror vor dem Sterben und Sympathie für das ukrainische Volk." Trump habe auch nach dem letzten Putin-Treffen und mit seinem Erfolg in Gaza gemerkt, dass er "realpolitisch handeln muss, weil andere Hebel nicht wirken".

Zivilbevölkerung im Gazastreifen leidet im Machtvakkum weiter

Der "Erfolg" in Gaza bröckelt aber bereits wieder gewaltig, auch darüber diskutiert Talkmasterin Caren Miosga mit ihren Gästen. Die Waffenruhe ist schon wieder brüchig, es gab Angriffe des israelischen Militärs, das die Hamas beschuldigte, zuvor gefeuert zu haben. Alle Grenzübergänge sind geschlossen, Israel stoppt damit auch Hilfslieferungen.

Die Trump-Methode habe gleich am Anfang einen "Konstruktionsfehler" eingebaut, sagt Sicherheitsexperte Neumann. Man habe einen schnellen Deal gemacht, aber keinerlei Vorbereitungen für die Zeit nach der Geiselrückgabe getroffen. "Was passiert danach, wie macht man einen langfristigen Deal?" Dafür habe der US-Präsident nicht die nötige Geduld.

Nun könne man den Menschen in Gaza das Gefühl nicht geben, dass sich Besserung einstellt. Außerdem sei das erwartbare Machtvakuum im Gazastreifen entstanden, durch das für die Zivilbevölkerung noch mehr Leid entstehe. Ein weiteres Problem an Trumps Deal: "Er beruht auf der Idee, dass die Hamas sich entwaffnet und im Prinzip ihre eigene Auflösung bekanntgibt", erklärt Neumann, "das kann nicht funktionieren. Das ist der Knackpunkt und hat unglaublich viel Sprengkraft." Trump übe zwar Druck auf die Hamas-Unterstützer Katar und Türkei aus, aber in ihren Propaganda-Kanälen würde sich die Terrorgruppe aktuell als Gewinnerin des Krieges inszenieren.

Wie nachhaltig ist Trumps Frieden?

Auch Nouripour glaubt, dass die Bewohner Gazas "erleben" müssen, dass der Frieden ihnen etwas bringt. Damit würde die Unterstützung für die Hamas sinken. "Mit der Erlebbarkeit der Friedensdividende entsteht das Vertrauen", sagt der Außenexperte. Momentan müsse man auch nicht auf alle Punkte von Trumps Friedensplan schauen und sie umsetzen, sondern an den "besten sechs Tagen" seit zwei Jahren festhalten, den zwei Millionen leidenden Menschen in Gaza, die auch Geiseln der Hamas seien, helfen und die Sicherheit Israels gewährleisten. Erneut erntet er Applaus vom Publikum.

Erst die nächsten Wochen, Monate und Jahre werden zeigen, ob Donald Trumps Methode im Nahen Osten erfolgreich war und ein langfristiger Frieden erreicht werden konnte. Schon einmal glaubte ein US-Präsident vorschnell an einen Erfolg über das "Böse" in der Region: George W. Bush feierte 2003 mit "Mission Accomplished" die erste Etappe seines Irak-Feldzugs. Die verheerenden Folgen samt Bürgerkrieg und IS sind hinlänglich bekannt.

Auch wenn der Frieden kommt und fortdauert, "die Traumatisierung", sagt Omid Nouripour, "die bleibt, die wird teilweise vererbt". Oft werde verkannt, wie viel Krieg manche Menschen "in den Knochen tragen". Das gilt für Gaza, Israel und die Ukraine.

Quelle: ntv.de

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