Ende der Staatsleistungen Ampel will Kirchen auszahlen - Verhandlungen "sehr gut"
16.12.2022, 18:06 Uhr
Die Kirchen erhalten derzeit jährlich rund 550 Millionen Euro.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
Für ihre Enteignung Anfang des 19. Jahrhunderts erhalten die evangelische und katholische Kirche jährlich Entschädigungszahlungen. Diese Praxis soll seit Jahrzehnten abgeschafft werden. Die Ampel unternimmt einen neuen Versuch. Im Raum steht angeblich die Summe von rund zehn Milliarden Euro.
Die jährlichen Entschädigungszahlungen des Staates an die beiden großen christlichen Kirchen stehen erneut auf dem Prüfstand. Aktuell laufen "intensive und vertrauensvolle Gespräche" des Bundesinnenministeriums mit Ländern und Kirchen dazu, wie ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sagte. Im Mai 2021 hatten zwei Gesetzentwürfe der Opposition, die die Abschaffung der sogenannten Staatsleistungen vorsahen, die notwendige Mehrheit im Bundestag verfehlt. Damals hieß es, eine Lösung könne erst nach der Bundestagswahl gefunden werden.
Nach Informationen der "Bild" fordern die Kirchen eine Ablösung über elf Milliarden Euro. Die Zahl bestätigten weder die EKD noch die Deutsche Bischofskonferenz. "Zu Zahlen und Zeitrahmen lässt sich derzeit faktisch noch nichts sagen", sagte ein EKD-Sprecher. Die evangelische Kirche begrüße, dass die Koalition die Ablösung angehen und dafür einen "fairen Rahmen" schaffen wolle. "Die Verhandlungen laufen bisher sehr gut", sagte die FDP-Religionspolitikerin Sandra Bubendorfer-Licht der Zeitung.
Der katholische Eichstätter Bischof Gregor Hanke sagte der "Bild", er sei "für eine schnelle und einvernehmliche Lösung bei der Beendigung der Staatsleistungen - wenn die Kirchen jetzt pokern, stehen sie bei der rasant nachlassenden gesellschaftlichen Bedeutung der Kirchen am Ende ohne nennenswerte Ablöse da". Problematisch sei aber, wenn der Bund Gesetze beschließe und die Länder zahlen müssten.
EKD: Geld wichtiger Teil der Haushalte
Das Geld ist eine staatliche Gegenleistung für die Enteignung deutscher Kirchen und Klöster Anfang des 19. Jahrhunderts im Rahmen der Säkularisierung. Außer Hamburg und Bremen zahlen deshalb alle Bundesländer eine jährliche Summe an die katholische und die evangelische Kirche. Zuletzt waren es insgesamt rund 550 Millionen Euro pro Jahr.
Wie der EKD-Sprecher sagte, machen in einer Reihe von evangelischen Landeskirchen die Staatsleistungen einen bedeutenden Teil der Haushalte aus. Damit die "Aufgaben der Kirche, nicht zuletzt im sozialen Wirken, auch künftig weiter erfüllt werden können, halten die Kirchen einen Wertersatz nach dem Äquivalenzprinzip für richtig."
Schon in der Weimarer Verfassung war vorgesehen, die regelmäßigen Zahlungen durch eine einmalige angemessene Entschädigung abzulösen. Dieses Vorhaben wurde in das Grundgesetz übernommen - aber bis heute nicht in die Tat umgesetzt.
In der "Zeit" sagte der SPD-Kirchenbeauftragte Lars Castellucci, dass die Ampelkoalition die Staatsleistungen unbedingt ablösen wolle. Eckpunkte sollten im kommenden Jahr vorliegen, 2024 solle das nötige Gesetz verabschiedet werden.
Bislang war immer die Höhe der Ablöse ein großer Streitfaktor. Die diskutierten Lösungen reichten nach Angaben der katholischen Deutschen Bischofskonferenz vom Zehnfachen - also aktuell fünfeinhalb Milliarden Euro einmalig - bis zu einem 40-Fachen der Jahressumme, was dann 22 Milliarden Euro wären.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP