Regierungstreffen in Warschau Berlin will Beziehungen zu Warschau mit Scheckbuch beleben
30.06.2024, 19:39 Uhr Artikel anhören
Der Amtsantritt von Ministerpräsident Tusk ermöglicht einen Neustart der deutsch-polnischen Beziehungen.
(Foto: picture alliance / dts-Agentur)
Nach der Abwahl der PiS-Regierung bemühen sich Berlin und Warschau um eine Normalisierung ihrer Beziehungen. Um den Prozess weiter anzuschieben, will der Bund einen dreistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen und unter anderem Kriegsopfer entschädigen. Es soll die für Polen offene Reparationsfrage entspannen.
Die Bundesregierung will offenbar mit einem Finanzpaket in dreistelliger Millionenhöhe die Grundlage für einen Neustart in den Beziehungen zu Polen legen. Das Paket soll am Dienstag bei den Regierungskonsultationen in Warschau besiegelt werden, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Darin enthalten seien vor allem Zahlungen an noch lebende polnische NS-Opfer und deutsche Unterstützung bei der Verteidigung der Ostflanke der NATO.
Teil des Pakets ist auch die Errichtung eines Deutsch-Polnischen Hauses in Berlin. Das Haus soll Wissenslücken der Deutschen über das Schicksal der Polen während der NS-Besatzung schließen und einen Ort für das Gedenken an die polnischen Opfer schaffen. Einen Entwurf hierfür hat das Kabinett bereits gebilligt.
Ermöglicht wird der Neustart durch den Amtsantritt der liberal-konservativen Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk. Die national-konservative Vorgängerregierung hatte von Deutschland Reparationen in Höhe von 1,3 Billionen Euro gefordert.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Koordinator für die deutsch-polnische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit, Dietmar Nietan, sagte der "Süddeutschen Zeitung", er sei "vorsichtig optimistisch, dass so ein Paket in der polnischen Öffentlichkeit gut aufgenommen wird". Es sei ein Zeichen, dass Deutschland aus Verantwortung für die Geschichte Verantwortung für die Sicherheit Polens übernehme. "Wenn Deutschland und Polen in der Verteidigung zusammenarbeiten, wird das die meisten Polen mehr überzeugen als astronomische Reparationsforderungen."
Bei seinem Besuch in Berlin im Februar hatte Tusk erklärt, seine Regierung wolle mit Deutschland Gespräche über den Umgang mit einer Wiedergutmachung für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Schäden aufnehmen. Im formalen und rechtlichen Sinne sei die Frage der Reparationen zwar seit vielen Jahren abgeschlossen, hatte er gesagt. "Die Frage einer moralischen, finanziellen und materiellen Wiedergutmachung wurde nie umgesetzt." Es gehe um die Suche "nach Formen der Zusammenarbeit, die unseren Beziehungen in Zukunft nicht zum Verhängnis werden" und nicht darum, eine Front von gegenseitigen Ressentiments aufzubauen.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa