Europawahl in 27 Ländern Rechtsaußen legt in Europa zu - außer in Skandinavien
10.06.2024, 00:04 Uhr Artikel anhören
In 27 EU-Staaten wählen die Bürgerinnen und Bürger ihre Abgeordneten für das Europaparlament.
(Foto: dpa)
In 27 EU-Ländern waren die Bürger aufgerufen, das neue Parlament in Straßburg zu wählen, darunter in den bevölkerungsreichsten Staaten Deutschland und Frankreich. Wie erwartet legen Rechtspopulisten insgesamt zu - doch längst nicht überall.
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Belgien: Die Mitte-Rechts-Partei N-VA bleibt die stärkste Kraft. Die größten Gewinne machte die rechtsgerichtete "Vlaams Belang", die für die Unabhängigkeit Flanderns eintritt und auf Platz zwei landet. Die liberale Partei von Ministerpräsident Alexander De Croo verbucht deutliche Verluste und kommt nur auf Platz neun. "Das ist ein harter Abend für uns, wir haben diese Wahl verloren", räumt De Croo ein.
Deutschland: Die Ampel-Parteien und vor allem die Grünen müssen Hochrechnungen zufolge Verluste hinnehmen. Auf den ersten Platz kommt demnach die Union mit etwa 30 Prozent, während die AfD mit etwa 16 Prozent und die SPD mit 14 Prozent dahinter landen. Damit kann die rechte Partei AfD trotz mehrerer Skandale im Wahlkampf deutlich zulegen. Die Grünen gehören zu den großen Verlierern, sie verlieren etwa 8,6 Punkte auf 11,9 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht schafft laut Hochrechnungen aus dem Stand 6 Prozent der Stimmen.
Dänemark: Die liberale Venstre-Partei verliert deutlich an Stimmen. Bei der Wahl 2019 war sie noch stärkste Kraft, nun büßt sie fast 9 Prozentpunkte ein. Den Sieg sichert sich die sozialistische Volkspartei mit 17,4 Prozent bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Sozialdemokraten der Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Die dänischen Rechtspopulisten erreichen etwa 6,4 Prozent und verlieren somit mehr als 4 Prozentpunkte. Dänemark hat im Europaparlament 15 Sitze.
Finnland: Die sozialistische Linke Allianz erringt nach Auszählung fast aller Stimmen 17,3 Prozent und verbucht damit einen Zuwachs von 10,4 Prozentpunkten im Vergleich zur Europawahl vor fünf Jahren. "Es fühlt sich an, als wäre ich in einer Art Schock", kommentiert Parteichefin Li Andersson den Abstimmungserfolg. Stärkste Kraft wird demnach aber mit 24,7 Prozent der Stimmen die Nationale Sammlungspartei des konservativen Regierungschefs Petteri Orpo. Auf die rechtspopulistische Partei Die Finnen, die mit Orpos Partei auf nationaler Ebene koaliert, entfallen nur 7,6 Prozent der Stimmen - 6,2 Prozentpunkte weniger als 2019.
Frankreich: Das Bündnis von Präsident Emmanuel Macron muss eine Schlappe hinnehmen. Die Rechtsaußen-Partei Rassemblement National von Marine Le Pen liegt Prognosen zufolge mit 32 Prozent klar auf dem ersten Platz, während Macrons Renaissance-Block auf 15 Prozent zurückfällt. Macron löst als Reaktion die Nationalversammlung auf und setzt Neuwahlen für den 30. Juni und 7. Juli an.
Griechenland: Die Partei Nea Demokratia von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis wird ersten Angaben zufolge mit rund 30 Prozent deutlich stärkste Kraft. Syriza - die Partei, die unter Regierungschef Alexis Tsipras während der schweren Finanzkrise von 2010 bis 2018 regierte - kommt demnach auf etwa 17 Prozent.
Italien: Hier gewinnt die rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit ihrer Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) die Europawahl. Die größte Regierungspartei kommt nach einer Prognose des Fernsehsenders Rai auf 26 bis 30 Prozent. Zweitstärkste Kraft wird demnach die Demokratische Partei (PD), gefolgt von der Fünf-Sterne-Bewegung.
Malta: Im kleinsten EU-Land muss die sozialdemokratische Regierungspartei Labour laut ersten Ergebnissen deutliche Einbußen hinnehmen. Sie könnte drei der sechs maltesischen Sitze im Parlament bekommen, die konservative Oppositionspartei Nationalist Party kann mit zwei bis drei Sitzen rechnen.
Niederlande: Die Niederländer wählten bereits am Donnerstag. Wahlsieger dürfte das rot-grüne Bündnis aus Sozialdemokraten und Grünen mit 21,6 Prozent werden, während die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders, PVV, auf 17,7 Prozent kommt, wie aus Schätzungen des EU-Parlamentes hervorgeht. Wilders hatte es bei der letzten Europawahl gar nicht ins Parlament geschafft.
Österreich: Bei der Europawahl in Österreich landet die rechtspopulistische FPÖ erstmals auf dem ersten Platz. Sie kommt auf 25,7 Prozent und damit auf knapp mehr als die konservative Regierungspartei ÖVP mit 24,7 Prozent. Den dritten Platz erreicht die sozialdemokratische SPÖ mit 23,2 Prozent der Stimmen. Die österreichischen Grünen, die in Wien mit der ÖVP regieren, kommen auf 10,7 Prozent. Die ÖVP erleidet damit deutliche Einbußen - vor fünf Jahren kam sie bei der Europawahl noch auf fast 35 Prozent.
Polen: Die Bürgerkoalition (KO) von Ministerpräsident Donald Tusk setzt sich einer Prognose zufolge gegen die nationalistische PiS durch. Der Ipsos-Erhebung zufolge kommt die KO auf 38,2 und die PiS auf 33,9 Prozent. Damit würde eine Serie von PiS-Wahlsiegen enden, die ein Jahrzehnt andauerte.
Schweden: Die Sozialdemokraten behaupten sich als deutlich stärkste Kraft, die Partei sichert sich 24,9 Prozent der Stimmen. Ein großes Plus verbuchen die Grünen mit über 2 Prozentpunkten mehr im Vergleich zu den EU-Wahlen 2019 - sie erreichen 13,8 Prozent und werden drittstärkste Kraft. Auf Rang zwei kommen die Moderaten. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten werden viertstärkste Kraft mit 13,2 Prozent und verlieren mehr als 2 Prozentpunkte.
Slowakei: Die erwarteten Zugewinne der linkspopulistischen Partei von Regierungschef Robert Fico bleiben aus. Überraschend wird die liberale Partei Progressive Slowakei (PS) mit 27,8 Prozent stärkste Kraft. Ficos Smer-SD (24,8 Prozent) räumt im Online-Netzwerk Facebook ihre Niederlage ein und gratuliert "dem Wahlsieger Progresivne Slovensko" und dessen neu gewählten EU-Abgeordneten. Die Abstimmung hatte unter dem Eindruck des Attentats auf den Regierungschef gestanden, der Mitte Mai durch Schüsse schwer verletzt worden war. Die rechtsextreme Republika landete mit 12,5 Prozent auf Platz drei.
Slowenien: Die oppositionelle Demokratische Partei (SDS) gewinnt: Die Gruppierung des rechts-nationalen Ex-Ministerpräsidenten Janez Jansa vereint 31,3 Prozent der Stimmen auf sich. Die regierende linksliberale Freiheitsbewegung (GS) von Ministerpräsident Robert Golob kommt auf 21,9 Prozent der Stimmen.
Spanien: Die oppositionelle konservative Volkspartei wird laut Wahlbehörde mit 34,18 Prozent stärkste Kraft. Die regierenden Sozialisten PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez folgen mit 30,19 Prozent. Die rechtspopulistische Vox erzielt Gewinne und kommt als dritte Kraft auf 9,62 Prozent. Zudem kommt die neue, ebenfalls rechte Kleinpartei Salf auf 4,58 Prozent. Sumar, der linkere Koalitionspartner der PSOE, erzielt nur 4,65 Prozent und das inzwischen abgespaltene linksalternative Bündnis Podemos 3,27 Prozent. Der Wahlkampf war eher von nationalen Themen dominiert.
Ungarn: Die regierende Fidesz-Partei des Ministerpräsidenten Viktor Orban wird stärkste Kraft bei den Europawahlen. Sie liegt mit 43,8 Prozent der Stimmen vorn, wie erste Teilergebnisse zeigen. Die Oppositionspartei Tisza liegt mit 31 Prozent an zweiter Stelle. Nach Auszählung von 40 Prozent der Stimmen kommt Fidesz auf elf Sitze, Tisza auf sieben.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/rts