Rede nach Attentat auf Trump Biden ruft US-Bürger zum Gewaltverzicht auf
15.07.2024, 03:22 Uhr Artikel anhören
US-Präsident Biden wendet sich aus dem Oval Office des Weißen Hauses an die Amerikaner.
(Foto: picture alliance/dpa/Pool The New York Times/AP)
In einer seltenen Ansprache an die Nation warnt US-Präsident Biden vor der aufgeheizten Stimmung im US-Wahlkampf. Nach den Schüssen auf seinen Rivalen Trump sei es wichtig, die Temperatur herunterzukühlen. Zugleich erinnert der Demokrat an den Sturm aufs Kapitol als eine Art Sündenfall.
Nach dem versuchten Mordanschlag auf Donald Trump hat US-Präsident Joe Biden seine Landsleute zur Mäßigung in der politischen Auseinandersetzung aufgerufen. "Meine amerikanischen Mitbürger, ich möchte heute Abend zu Ihnen über die Notwendigkeit sprechen, die Temperatur in unserem politischen Leben zu senken", sagte Biden in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache im Oval Office des Weißen Hauses in Washington. Die Politik dürfe "nie wortwörtlich ein Schlachtfeld" sein.
Der ehemalige US-Präsident und designierte Präsidentschaftskandidat der Republikaner Trump hatte am Samstag um Haaresbreite einen Anschlag bei einer Wahlkampfkundgebung im Bundesstaat Pennsylvania überlebt. Er wurde angeschossen und dabei leicht am Ohr verletzt. Außer dem mutmaßlichen Schützen wurde auch ein Zuschauer getötet, zwei weitere wurden schwer verletzt.
"Uns allen steht nun eine Zeit der Prüfung bevor, während die Wahl naht", sagte Biden in seiner Rede. "Egal, wie stark sie sind: Unsere Überzeugungen dürfen niemals in Gewalt ausarten." Die politische Debatte in den USA sei mittlerweile "sehr aufgeheizt", warnte Biden. Es sei nun "an der Zeit, sie herunterzukühlen", fügte der Präsident mit Blick auf die Konflikte im stark polarisierten Wahlkampf hinzu. Bei der Präsidentschaftswahl am 5. November wollen Trump und Biden gegeneinander antreten.
Verweis auf den Kapitolsturm
Amerika könne und dürfe den Weg der Gewalt nicht noch einmal einschlagen, sagte Biden unter Verweis auf die Stürmung des Kapitols am 6. Januar 2021. Damals wollten Anhänger Trumps die offizielle Bestätigung von Bidens Wahlsieg gewaltsam verhindern. "Heute Abend bitte ich jeden Amerikaner, sich erneut zu bekennen: Für Hass darf es keinen Zufluchtsort geben." ("Hate must have no safe harbour.") Seine Kampagne stellte die verbalen Angriffe auf Trump innerhalb weniger Stunden nach der Schießerei ein und zog Fernsehspots zurück.
Biden hat sich seit den Schüssen auf Trumps Wahlkampfveranstaltung in Butler wiederholt zu Wort gemeldet. Vor seiner Rede im Oval Office hatte er am Sonntag bereits eine kurze Ansprache im Weißen Haus gehalten, in der er seine Landsleute zur Einigkeit aufrief. "Wir müssen uns als Nation vereinen, um zu zeigen, wer wir sind", sagte er darin. Kurz nach dem versuchten Mordanschlag auf Trump hatte Biden erklärt, es gebe in den USA "keinen Platz für diese Art von Gewalt". Taten wie die Schüsse auf die Wahlkampfveranstaltung in Butler seien "krank".
"Battle" statt "Ballot box"
Trump soll auf dem am Montag beginnenden Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Partei gekürt werden. Der Rechtspopulist wird dann am 5. November gegen Joe Biden antreten, gegen den er bei der Wahl 2020 knapp verloren hatte.
In den Umfragen konnte Trump zuletzt seinen Vorsprung gegenüber Biden ausbauen. Der 81-jährige Amtsinhaber sieht sich seit seinem desaströsen Auftritt im TV-Duell gegen Trump im vergangenen Monat mit erheblichen Zweifeln an seiner geistigen und körperlichen Fitness konfrontiert.
Seine kurze, aber kraftvolle Ansprache im Oval Office hielt Biden ohne größere Pannen. Allerdings ersetzte er in "ballot box", dem englischen Wort für Wahlurne, den vorderen Wortteil "ballot" zwei Mal irrtümlich durch "battle", zu Deutsch "Schlacht".
Quelle: ntv.de, mau/AFP/rts