Keine Einigung beim Geld Bund und Länder unterbrechen Flüchtlingsgipfel
10.05.2023, 19:14 Uhr Artikel anhören
Vor Olaf Scholz und den Ländern liegt noch viel Arbeit.
(Foto: picture alliance/dpa)
Schon seit Wochen schwelt zwischen Bund und Ländern der Konflikt um die Migration. Ein Gipfel im Kanzleramt sollte vorerst Ruhe bringen. Doch vor allem bei einem Thema kommen beide Seiten nicht zusammen - dem Geld.
Bei ihrem Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt haben die Ministerpräsidenten und die Vertreter der Bundesregierung ihre gemeinsamen Beratungen am späten Nachmittag unterbrochen. Aus Teilnehmerkreisen hieß es, beide Seiten würden nun getrennt über Finanzfragen sprechen.
Die Regierungschefs der Länder waren mit großer Einigkeit in die Beratungen über die Folgen der zuletzt deutlich gestiegenen Zahl von Geflüchteten und Asylbewerbern gegangen. Länder und Kommunen fordern eine stärkere und dauerhafte Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Unterbringung, Versorgung und Integration der Schutzsuchenden.
Der Bund hatte vor Beginn des Treffens auf seine bereits geleisteten Beiträge in Milliardenhöhe verwiesen. Teilergebnisse, die keinen Einstieg in dauerhafte Finanzierungszusagen bedeuten würden, wären "kein Ergebnis" der Bund-Länder-Runde zur Flüchtlingspolitik, sagte der Vizevorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst von der CDU, vor dem Treffen in Berlin. In Vorgesprächen einigten sich die Ministerpräsidenten auf ein gemeinsames Papier für die Gespräche mit Bundeskanzler Olaf Scholz und weiteren Vertretern der Bundesregierung.
Länder wollen mehr als Einmalzahlung
Die Länder wollen laut der Beschlussvorlage, die RTL und ntv vorliegt, an einem - bis 2021 aus ihrer Sicht bewährten - Vier-Säulen-Modell festhalten, zu dem vor allem die vollständige Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung für Geflüchtete zählt. Außerdem pochen die Länder auf Zahlung einer monatlichen Pro-Kopf-Pauschale nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und eine Beteiligung des Bundes an den Kosten für Integration sowie für unbegleitete Flüchtlinge.
Die Ministerpräsidenten wollten sich im Zweifel eher vertagen, als sich auf eine Einmalzahlung einzulassen. "Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder werden bis spätestens November 2023 erneut zusammenkommen, um über die konkrete Umsetzung dieses Modells abschließend zu beraten", heißt es in ihrem Papier. Zudem fordern die Länder vom Bund für das laufende Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich. Der Punkt steht in dem Papier in eckigen Klammern, es besteht also keine Einigkeit darüber. Mit dem Geld sollen die Länder demnach unterstützt werden, "ihre Kommunen zusätzlich zu entlasten und die Digitalisierung der Ausländerbehörden zu finanzieren". Das solle aber nur Teil einer dauerhaften Lösung sein. "Es darf hier kein dauerhaftes Feilschen geben bei diesen sensiblen Themen", mahnte Wüst.
Konsens sei, dass über die Finanzierungsfragen hinaus grundsätzliche Entscheidungen auf europäischer Ebene anzugehen seien, heißt es im Papier der Ministerpräsidenten weiter. Vorrangig gehe es um die Wahrung der humanitären und rechtlichen Verpflichtungen, die möglichst frühzeitige Erfassung von Zahl und Status der nach Deutschland kommenden Migranten, eine Beschleunigung der Verfahren und Verwaltungsprozesse im Inland, eine angemessene Unterbringung, Betreuung und Integration der Geflüchteten. Insbesondere Straftäter sollten konsequent abgeschoben werden.
Keine Nachtsitzung?
Er wolle sich nicht vorstellen, nach der Bund-Länder-Runde ohne Ergebnis auseinanderzugehen, sagte der Vorsitzende der MPK, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Der SPD-Politiker sei aber kein Freund von Nachtsitzungen. "Nach meinen Erfahrungen ist da noch nie was Vernünftiges rausgekommen."
Wüst forderte zudem Führung von Scholz ein. "Der Kanzler muss das Thema jetzt zur Chefsache machen, Verantwortung übernehmen und Führung zeigen", sagte der CDU-Politiker nach dem Treffen der Ministerpräsidenten. Es müsse eine dauerhaft faire und verlässliche Finanzierung der Kosten und auch eine bessere Steuerung der Migration geben. Weil der Bund über die Steuerung des Zuzugs entscheide, müsse er auch die finanzielle Verantwortung für die Folgen tragen.
In den ersten vier Monaten dieses Jahres hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 101.981 Asylerstanträge entgegengenommen. Das ist eine Zunahme der Antragszahlen um rund 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hauptherkunftsländer waren seit Jahresbeginn Syrien, Afghanistan und die Türkei.
Für die Bundesregierung nahmen an dem Flüchtlingsgipfel neben Scholz zu Beginn unter anderem auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD, Finanzminister Christian Lindner von der FDP sowie die grüne Familienministerin Lisa Paus teil.
Quelle: ntv.de, ses/dpa