Politik

Kims Schutzmacht China will Ruhe auf seinem Hinterhof

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Xi Jinping (rechts) und Kim Jong-un bei ihrem zweiten Treffen in Dalian.

(Foto: picture alliance / Xie Huanchi/X)

Das geplante Treffen zwischen US-Präsident Trump und Nordkoreas Führer Kim findet in China Zustimmung. Doch die Pekinger Führung will ein wichtiges Wort hinsichtlich einer Friedenslösung für Korea mitreden. Sie verfolgt dabei eigene Interessen.

Die Demokratische Volksrepublik Korea, besser bekannt unter der Bezeichnung Nordkorea, ist ein kleines Land - sie misst eine Fläche von lediglich rund 120.000 Quadratkilometern und ist damit nur unwesentlich größer als die ehemalige DDR. 24 Millionen Menschen leben in dem kommunistischen Land. Dazu kommen seine ökonomische Schwäche und das daraus resultierende Unvermögen, die eigene Bevölkerung trotz aller Anstrengungen flächendeckend mit dem Notwendigsten zu versorgen.

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Brücke über den chinesisch-nordkoreanischen Grenzfluss Yalu.

(Foto: AP)

Es ist ungewöhnlich, dass ein so kleines Land über Monate und Jahre die Weltnachrichten beherrscht. Doch die Kim-Dynastie hat mit ihrem Streben nach Atomwaffen zum eigenen Überleben dafür gesorgt, dass sich drei Großmächte - die USA, China und Russland - mit ihr ernsthaft beschäftigen müssen, dass sogar der Präsident des größten Feindes erwägt, den Pjöngjanger Machthaber persönlich zu sprechen. Kim Jong-un hat sein Ziel erreicht: Er wird von den Amerikanern ernst genommen.

Die Führung in Pjöngjang hat einen Verbündeten, der seine schützende Hand über sie legt. Eine Macht, die ihre Hand auch dann nicht zurückzieht, wenn diese von dem Schutzsuchenden gebissen wird. So in etwa ist das jahrzehntelange Verhältnis zwischen Nordkorea und China zu verstehen - eine Liaison mit allen Höhen und Tiefen und gegenseitigen Verletzungen. Doch die Zweckgemeinschaft hält bis zum heutigen Tag, weil die Führung in Peking aus machttaktischen Gründen es so will und deshalb den renitenten Nachbarn nicht fallen lässt.

China - Nordkoreas Überlebensversicherung

Vor 65 Jahren wurde nach einem verlustreichen Korea-Krieg mit rund drei Millionen getöteten Zivilisten und 940.000 gefallenen Soldaten das Waffenstillstandsabkommen für die koreanische Halbinsel unterzeichnet, das im Prinzip den Status quo vor Beginn des Krieges 1950 wiederherstellte. Nordkorea und China sowie die USA als Vertreter der Uno unterzeichneten das Papier. Der südkoreanische Präsident Rhee Syng-man verweigerte damals die Unterschrift, stimmte der Vereinbarung aber zu. Bis zum heutigen Tag gilt dieses Papier, das nicht mehr als nur einen Waffenstillstand beinhaltet.

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Bombardierung der nordkoreanischen Stadt Wonsan (Archivbild von 1951).

(Foto: picture alliance / dpa/A0009_dpa)

Doch nun soll es eine dauerhafte Friedenslösung zwischen beiden koreanischen Staaten geben. China, das im Korea-Krieg auf Seiten des "großen Führers" Kim Il-sung mit "Freiwilligenverbänden" eingriff und dem nordkoreanischen Regime das politische Überleben sicherte, will dabei ein gewichtiges Wort mitreden.

Den Pekinger Machthabern geht es um Ruhe auf ihrem Hinterhof. Die Raketentests des dritten Kims, die die Trump-Administration in Washington auf den Plan riefen, lagen nicht im chinesischen Interesse. Chinas Staatschef Xi Jinping will ein friedliches Nordkorea und im Gegenzug ein Weiterbestehen des Regimes in Pjöngjang. Er hätte durchaus die Mittel, Nordkorea vollständig von der Außenwelt zu isolieren und dem kleinen Nachbarn größtmöglichen ökonomischen Schaden zuzufügen. Aber ein Zusammenbruch des nordkoreanischen Herrschaftssystems würde China empfindlich treffen.

In Peking geht die Angst vor einem Worst-Case-Szenario um. China fürchtet bei einem unkontrollierten Zusammenbruch des Kim-Regimes eine einsetzende Fluchtwelle aus Nordkorea sowie den Ausbruch eines Bürgerkrieges. Zudem hätten die Chinesen US- und südkoreanische Truppen direkt an ihrer Grenze - ein Horrorszenario für Xi und seine Genossen.

Keine wirkliche Freundschaft mehr

Sie befürworten aus pragmatischen Gründen ein Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Kim Jong-un. Aus Pekinger Sicht ist die atomare Bewaffnung Nordkoreas ein Ergebnis der feindseligen Haltung der Vereinigten Staaten zu Pjöngjang. Dementsprechend müssten Amerikaner und Nordkoreaner das Problem in direkten Gesprächen lösen. Allerdings fürchtet China, bei einem möglichen amerikanisch-nordkoreanischen Annäherungsprozess außen vor zu bleiben. Und so vergeht kein Tag, an dem Verlautbarungen aus China an beide Parteien herausgegeben werden.

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Donald Trump fordert von Xi Jinping stärkeren Druck auf Nordkorea.

(Foto: AP)

Die viel beschworene enge Freundschaft zwischen China und Nordkorea existiert seit geraumer Zeit nicht mehr. Die Weigerung der Führung in Pjöngjang, wirtschaftliche Reformen nach chinesischem Muster zu vollziehen, verärgert Peking. Aber nicht nur das: Die atomare Aufrüstung des kleinen Nachbarn tangiert auch das Sicherheitsinteresse Chinas, denn es steht im Radius eines möglichen nordkoreanischen Atomschlags. Es besteht zudem die Gefahr, dass Japan und Südkorea mit Hilfe der USA ihre Aufrüstung vorantreiben. Ein Dorn im Auge sind für die Pekinger Führung auch die in Südkorea stationierten fast 30.000 US-Soldaten, deren Kontingent bei Bedarf sogar erhöht werden könnte. Den dritten Fakt sieht das Reich der Mitte als den schwerwiegendsten an.

Trump und seine Administration sind sich der chinesischen Interessen in dieser Region durchaus bewusst. Für den US-Präsidenten ist die Einbindung Chinas der Schlüssel für die nachhaltige Lösung der Korea-Krise. Oft genug hat er der Volksrepublik eine halbherzige Umsetzung von Sanktionen gegen Nordkorea vorgeworfen. Dabei ist China beispielsweise im Frühjahr 2017 für seine Verhältnisse sehr weit gegangen - es verhinderte kurzzeitig sämtliche Kohleimporte Nordkoreas an der gemeinsamen Grenze. Auch hatte es von Herbst 2017 bis Frühjahr 2018 seine Erdölexporte nach Nordkorea fast vollständig gestoppt. Aber das Kim-Regime kollabieren zu lassen, ist nicht in der chinesische Plan.

Trumps Vorwürfe prallen bei Xi ab

Auch ist Trump aus Sicht der Chinesen auch kein verlässlicher Partner, für den es sich lohnen könnte, Nordkorea noch stärker unter Druck zu setzen. Aller zur Schau gestellten diplomatischen Höflichkeit zum Trotz ist es mit den amerikanisch-chinesischen Beziehungen wegen des Handelskonflikts zwischen den beiden ökonomischen Supermächten nicht zum Besten bestellt. Allerdings ist die Pekinger Führung weitsichtig genug, zu erkennen, dass für eine Befriedung Koreas eine Kooperation mit den USA notwendig ist.

So nimmt China Vorwürfe Trumps, seine Grenze zu Nordkorea sei in letzter Zeit porös geworden, gelassen hin. Hinsichtlich des Warenaustauschs mit Pjöngjang lässt sich Peking nicht bevormunden. Präsident Xi sieht sich im Gegenteil bestätigt, dass es sein ökonomischer Druck war, der Kim zum Einlenken in der Atomfrage bewogen hat.

China wünscht einen Trump-Kim-Gipfel. So rief es beide Seiten auf, die Chance auf Frieden nicht zu gefährden. Beide Seiten sollten "sich auf halbem Wege treffen, sich mit Freundlichkeit und Aufrichtigkeit begegnen und günstige Bedingungen für das Treffen der Führer beider Länder schaffen", sagte der chinesische Außenamtssprecher Lu Kang, als Kim den Gipfel absagen wollte.

Kim Jong-un sucht die chinesische Unterstützung. Zweimal reiste er in diesem Jahr nach China. Einmal - und das ist für nordkoreanische Führer ungewöhnlich - nutzte er sogar das Flugzeug. Für die Chinesen sind die beiden Besuche ein wichtiges Signal in Richtung Washington, denn sie wollen bei den Friedensverhandlungen nicht nur Zaungast sein. So wird bei einem etwaigen Treffen zwischen Trump und Kim ein unsichtbarer Dritter dabei sein - Xi Jinping.

Quelle: ntv.de

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