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Presseschau zum Gaza-Abkommen "Der nächste Schritt könnte sich als noch schwieriger erweisen"

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Trump wurde ungeduldig "angesichts der Verzögerungstaktik Netanjahus", kommentiert der "Sydney Morning Herald".

Trump wurde ungeduldig "angesichts der Verzögerungstaktik Netanjahus", kommentiert der "Sydney Morning Herald".

(Foto: AP Photo/Alex Brandon)

Die israelische Regierung und Hamas-Vertreter einigen sich auf ein erstes Abkommen, um den Gaza-Krieg zu beenden. Die internationale Presse feiert den Erfolg, der vor allem auf US-Präsident Donald Trump zurückzuführen ist. Es gibt jedoch auch Kritik an der "völlig fehlenden Beteiligung irgendeiner europäischen Macht".

Zur Einigung von Israel und der islamistischen Hamas auf die Umsetzung einer ersten Phase des US-Friedensplans für den Gazastreifen schreibt der Analyst für US-Sicherheitspolitik der "New York Times" (NYT), David E. Sanger: "Präsident Trump steht kurz vor dem größten diplomatischen Erfolg seiner zweiten Amtszeit - der Beendigung des brutalen Krieges zwischen Israel und der Hamas. Am Mittwochabend machte er deutlich, dass er bereit sei, in den Nahen Osten zu fliegen, um über eine Waffenruhe zu wachen und Geiseln zu empfangen, die zwei lange Jahre in unterirdischer Gefangenschaft verbracht haben."

"Wenn der Friedensplan vorankommt, hat Trump möglicherweise ebenso viel Anspruch auf den Nobelpreis wie die vier amerikanischen Präsidenten, die ihn in der Vergangenheit erhalten haben, wenn auch mit weniger Bombast und Lobbyarbeit", schreibt Sanger in der NYT weiter. "Es ist jedoch keineswegs klar, dass der Konflikt jetzt wirklich endet. Die Erklärungen von Trump und (Israels Premier Benjamin) Netanjahu bezogen sich nur auf den ersten Schritt, den Austausch von Geiseln gegen Gefangene und den Rückzug der israelischen Truppen auf eine Linie, die noch festzulegen ist. Der nächste Schritt, bei dem die Hamas ihre Waffen und - was noch schwieriger ist - ihren Anspruch auf die Herrschaft über den Gazastreifen aufgeben müsste, könnte sich als noch schwieriger erweisen als die lebenden und toten Geiseln nach Hause zu bringen."

Die australische Zeitung "Sydney Morning Herald" schreibt: "Es mag ihm zwar noch nicht den ersehnten Friedensnobelpreis einbringen, aber Donald Trump verdient Lob dafür, dass er Israel endlich, wenn auch verspätet, dazu gezwungen hat, das Töten in Gaza zu beenden - und dafür, dass die Hamas der Übergabe der verbleibenden Geiseln zugestimmt hat. Zwei Jahre verheerender und zunehmend sinnloser Krieg haben nur wenige Lichtblicke geboten, aber dieser ist einer davon. Ein Moment, der Bewohner des Gazastreifens und Israelis schon in den frühen Morgenstunden zum Jubeln auf die Straße brachte. Das lässt trotz vergangener Misserfolge davon träumen, dass der israelische Bombenhagel auf Gaza aufhören und die Qual der Geiselfamilien bald ein Ende haben könnte."

"Historiker werden vielleicht argumentieren, dass es Trump - mit all seinen Fehlern, Macken und fragwürdigen Motiven - brauchte, um ein Friedensabkommen in Gaza zu erzwingen. Trump ist persönlich daran interessiert, ein Ende des Krieges zu vermitteln, und wurde immer ungeduldiger angesichts der Verzögerungstaktik des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu", kommentiert der "Sydney Morning Herald" weiter. "Vielleicht, nur vielleicht, stehen wir kurz vor einem historischen Durchbruch: dem Anfang vom Ende des Krieges. Es ist schwer, sich eine Leistung vorzustellen, die einen Friedensnobelpreis mehr verdient hätte. Blinder Glaube wäre irrational, Verzweiflung aber auch. Hoffnung kann gefährlich sein, besonders im Nahen Osten, aber auch unverzichtbar."

Die spanische Zeitung "El Mundo" beleuchtet in einem Kommentar die marginale Rolle Europas bei den Bemühungen um eine Beendigung des Gaza-Kriegs: "Es gibt noch vieles, was wir über die Verhandlungen in Sharm el Scheich, die den Krieg im Gazastreifen beenden könnten, nicht wissen. Zunächst einmal ist unklar, ob die Hamas oder die israelische Regierung tatsächlich alle Punkte des von Donald Trump vorgeschlagenen Plans akzeptieren oder ob sie dies nur vorgeben, um ihre Verbündeten zufriedenzustellen und Zeit zu gewinnen."

"Es besteht jedoch kein Zweifel daran, welche Länder eine wichtige Rolle in diesen Verhandlungen spielen. Die Vereinigten Staaten, Katar und Ägypten übernehmen die Vermittlung - und üben zugleich Druck auf die israelische Regierung und die Hamas-Führung aus. Was hingegen völlig fehlt, ist die Beteiligung irgendeiner europäischen Macht", so "El Mundo". "Das ist überraschend, vor allem wenn man bedenkt, dass sich unsere Gesellschaften in den vergangenen Monaten sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt haben, beispielsweise mit dem Schicksal der Global Sumud Flotilla. Vielleicht ist das kein Zufall. Was man auch immer über die Flottille denken mag, klar ist, dass sie völlig bedeutungslos für den Verlauf dieses Krieges ist. Die Bedeutungslosigkeit Europas spiegelt sich daher in der Episode der Flottille wider, als hätten wir am Kindertisch lebhaft geplaudert, während die wichtigen Dinge am Erwachsenentisch entschieden werden."

Quelle: ntv.de, mpa/dpa

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