Stabilitätspakt-Reform kommt EU will Schuldenvorgaben bis 2024 aussetzen
23.05.2022, 11:31 Uhr
Aufgrund der wirtschaftlichen Ungewissheiten durch den Ukraine-Krieg will die EU-Kommission die Schuldenkriterien für die EU-Staaten auch 2023 aussetzen.
(Foto: picture alliance/dpa/TASS)
Nach der Corona-Pandemie belastet auch der Ukraine-Krieg die europäischen Staaten ökonomisch stark. Die EU-Kommission schlägt daher vor, die Schuldenkriterien für die EU-Staaten erst ab 2024 wieder in Kraft zu setzen. Aktuell würde kaum ein Land die Kriterien erfüllen.
Die strengen Schuldenvorgaben in der Europäischen Union sollen angesichts der Ukraine-Krise um ein weiteres Jahr ausgesetzt bleiben. An diesem Montag schlug die EU-Kommission vor, den sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakt erst ab 2024 wieder vollständig in Kraft zu setzen. Grund seien hohe Unsicherheit wegen des Kriegs in der Ukraine, hohe Energiepreise und Engpässe bei den Lieferketten, teilte die Brüsseler Behörde mit. Gleichzeitig sollten die Länder ihre Ausgaben kontrollieren.
"Die Fiskalpolitik sollte von der Universalunterstützung während der Pandemie zu gezielteren Maßnahmen übergehen", sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. Die Schulden- und Defizitregeln wurden wegen der Corona-Krise ausgesetzt und sollten eigentlich ab 2023 wieder gelten. Die EU-Kommission will nun nach dem Sommer konkrete Vorschläge für eine Reform des Pakts vorlegen, die dann im Laufe des nächsten Jahres in Kraft treten könnte.
Erste Stellungnahmen zu dem Vorschlag werden am Nachmittag von den Finanzministern der Eurozone erwartet, die in Brüssel zusammenkommen. Die EU-Kommission rechnet nicht mit dem Widerstand Deutschlands, Österreichs oder anderer als sparsam geltender Länder, wie EU-Beamte und Diplomaten vorab mitteilten. Die Annahme des Vorschlags erfordert Einstimmigkeit bei den Mitgliedsländern.
EU geht von sinkenden Defiziten aus
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht vor, dass EU-Länder nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung an Schulden aufnehmen. Haushaltsdefizite sollen bei 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gedeckelt werden. Viele Länder überschreiten diese Grenzwerte, vor allem, weil sie während der Corona-Pandemie hohe Schulden aufnehmen mussten, um die Wirtschaft zu stützen. Zuletzt hatte die EU-Kommission die Entwicklung der staatlichen Haushalte positiv bewertet. Die durchschnittliche Schuldenquote werde dieses Jahr auf 87 Prozent sinken im Vergleich zu 90 Prozent im vergangenen Jahr, hieß es in der Frühlingsprognose der Behörde. Die durchschnittlichen Defizite sollen voraussichtlich von 4,7 Prozent auf 3,6 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. Ihre Wachstumsprognose musste die EU-Kommission allerdings wegen des Kriegs in der Ukraine drastisch anpassen, von 4 auf 2,7 Prozent für dieses Jahr.
Der Vorschlag wird nun den EU-Ländern vorgelegt. Er soll am Dienstag Thema bei einem Treffen der Finanz- und Wirtschaftsminister in Brüssel sein, eine Entscheidung wird jedoch noch nicht erwartet.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP