Politik

Union und Grüne verärgert "Frustrierend, wie verbohrt Schröder ist"

Von 1998 bis 2005 war Gerhard Schröder Bundeskanzler, nun sitzt er im Aufsichtsrat der Nord Stream AG.

Von 1998 bis 2005 war Gerhard Schröder Bundeskanzler, nun sitzt er im Aufsichtsrat der Nord Stream AG.

(Foto: REUTERS)

Gerhard Schröder verteidigt in einem Interview die russische Politik in der Ukraine. Union und Grüne fordern SPD-Chef Sigmar Gabriel dazu auf, sich von dem Altkanzler zu distanzieren. Die Genossen halten sich jedoch bedeckt.

Eigentlich geht es um den 200. Geburtstag Otto von Bismarcks. Ein Bild des früheren Reichskanzlers hängt über dem Schreibtisch im Arbeitszimmer Gerhard Schröders. Im Interview mit dem "Spiegel" spricht der Altkanzler ausführlich über die russlandfreundliche Politik Bismarcks ("Einer der ganz Großen"), aber auch über den Krieg in der Ukraine und die Rolle Russlands. Schröder verteidigt die Politik Moskaus. Aus seiner Sicht sind "auf beiden Seiten Fehler gemacht worden". Wenn man einem so großen Land wie Russland mit einem Bündnis, "das aus dem Kalten Krieg stammt", so nahe rückt, dürfe man sich über empfindliche Reaktionen nicht wundern.

Auf die Frage, warum Putin die Separatisten in der Ostukraine unterstütze, antwortet Schröder: "Ich habe keine Kenntnis, welche Art von Unterstützung dort, übrigens auf beiden Seiten, geleistet wird." Von Politiker aus den Reihen von Union und Grünen wird der Sozialdemokrat dafür nun heftig kritisiert. "Es ist frustrierend, zu sehen, wie verbohrt Schröder immer wieder darauf beharrt, die Sichtweise Putins in die deutsche Öffentlichkeit zu bringen", sagt Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour n-tv.de. "Bei aller Lebensleistung: Es ist nicht nur inhaltlich falsch, sondern auch schlechter Stil, dass er die Politik seiner Nachfolger Merkel und Steinmeier konterkariert."

"Positive Sicht auf Bismarck irritierend"

Auch in der Union ist man verstimmt angesichts Schröders Äußerungen. "Schröder kritisiert die Politik seines Parteifreundes Frank-Walter Steinmeiers massiv", sagt Roderich Kiesewetter, Obmann für Außenpolitik der Unionsfraktion. "Ich habe den Eindruck, er fordert eine andere Außenpolitik für die Bundesrepublik. Das ist verfehlt." Kiesewetter hätte sich von Schröder ein klares Wort für die Souveränität der Ukraine und gegen den russischen Völkerrechtsbruch erhofft. "Zu behaupten, dass es in der Ukraine keine russischen Kräfte gibt, zeugt entweder von Unkenntnis oder von der Verteidigung der hybriden Kriegsführung Moskaus. Schröder lässt sich von Putin instrumentalisieren, dafür müsste er sich eigentlich zu schade sein."

In der SPD hält man sich, auf das Schröder-Interview angesprochen, bedeckt. Niels Annen, der außenpolitische Sprecher der Partei, möchte lediglich über Schröders Leidenschaft für Bismarck sprechen. "Bei allem Respekt vor Gerhard Schröder, aber als Sozialdemokrat empfinde ich seine überraschend positive Sicht auf Bismarck als irritierend", sagt er n-tv.de. Anders als der Altkanzler hätte sich Annen "niemals" ein Bild Bismarcks an die Wand gehängt. Und Schröders Worte zum Krieg in der Ukraine? "Auch die anderen Teile des Interviews sind interessant", sagt der SPD-Politiker nur. Öffentlich kommentieren will er sie aber nicht. Andere Sozialdemokraten möchten lieber gar nichts sagen. Hinter vorgehaltener Hand ist die Rede vom großen Respekt für Schröder. Davon, dass sein guter Draht zu Putin eines Tages nochmal hilfreich sein könne.

Bei Union und Grünen hat man dafür kein Verständnis. "So zu tun, als wäre Schröder unser Mann bei Putin, ist schlicht blauäugig, wenn man sich die Entwicklungen der vergangenen 15 Monate anschaut. Oder hat Schröder die Annexion der Krim verhindert?", fragt Nouripour. Unionsmann Kiesewetter nennt es "bedauerlich", dass in der SPD niemand Stellung bezieht. Schröders Chuzpe lasse tief blicken. "Ich erwarte, dass die SPD das wieder gerade rückt. Steinmeier oder Gabriel müssen Schröder jetzt zurechtweisen und sich klar von dessen dilettierenden Äußerungen abgrenzen."

Quelle: ntv.de

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