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"Witterung nicht überschätzen" General Freuding erwartet keinen Stillstand in der Ukraine

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Ukrainische Soldaten während einer Übung in der Region Donezk.

Ukrainische Soldaten während einer Übung in der Region Donezk.

(Foto: picture alliance / Anadolu)

Bundeswehr-General Christian Freuding geht nicht davon aus, dass die Kämpfe in der Ukraine im Winter zum Erliegen kommen. Die Auswirkungen der Witterung dürfe man nicht überschätzen, warnt er. Das operative Tempo werde sich aber wahrscheinlich verlangsamen.

Bundeswehr-Brigadegeneral Christian Freuding bezeichnet die derzeitige Lage an der Front in der Ukraine als eine Phase des operativen Patts. "Wir sehen, dass die Initiative zwischen den ukrainischen und russischen Streitkräften hin- und herwechselt", sagt der Leiter des Sonderstabs Ukraine im Verteidigungsministerium den "Stuttgarter Nachrichten".

Die ukrainische Gegenoffensive im Süden bei Saporischschja habe an Schwung verloren, jedoch würden die erzielten Geländegewinne gehalten, sagt er. "Im Norden und Osten, etwa im Raum Donezk sehen wir, dass die russischen Streitkräfte mit höchstem Einsatz von Mensch und Material erneut angreifen. Bislang mit nur geringen Fortschritten."

Die hohen Verluste Moskaus entsprächen der russischen Doktrin. Man wolle einen Erfolg erzwingen, ohne Rücksicht auf Mensch und Material. Russland verfüge über ein großes potenzielles Reservoir an Soldaten. "Inwieweit sie das auch aus politischen Gründen mobilisieren wollen, ist im Moment schwer abzuschätzen – insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2024", so Freuding. Beim Material sehe man schon jetzt, dass vielfach alte Modelle aus den 60er und 70er Jahren im Einsatz seien.

Für die kommenden Monate erwartet Freuding, dass sich das operative Tempo verlangsamen werde. Einen Stillstand werde es aber nicht geben. Der Winter werde einen Einfluss haben, allerdings dürfe man die Auswirkungen der Witterung gerade im Süden nicht überschätzen. "Ich glaube zudem, dass beide Seiten im Winter dazu gezwungen sind, sich zu konsolidieren", so Freuding. Es werde Auffrischungen und Ausbildungen der Truppenteile geben. "Gut möglich, dass man sich auf beiden Seiten darauf konzentriert, Ziele im Hinterland wie Depots, Infrastruktur und Kommandoposten zu bekämpfen."

Freuding geht davon aus, dass die Ukraine noch Jahre westliche Hilfe brauchen werde. Die militärische Unterstützung sei eine Aufgabe bis Ende des Jahrzehnts und darüber hinaus. In der Haushaltsplanung seien bereits Mittel bis 2032 vorgeplant. "Wir müssen der Ukraine helfen, Fähigkeiten zu entwickeln, damit sie ein freier Staat bleiben kann, der sich selbst verteidigen und Angreifer abschrecken kann."

Eine Konkurrenz zwischen der Unterstützung für die Ukraine und der Unterstützung für Israel sieht Freuding nicht. Die Ausgangssituation beider Länder sei sehr unterschiedlich. "Die ukrainischen Streitkräfte beginnen erst, sich zu modernisieren. Israels Armee ist top ausgestattet, top trainiert und darauf eingestellt, von einem Tag auf den anderen einen Krieg führen zu müssen." Zudem sei die Art der Kriegsführung beider Länder eine andere. Um den Krieg in der Ukraine zu beenden, müsse man dafür sorgen, dass der Faktor Zeit nicht Russlands Verbündeter sei, meint Freuding. "Wir müssen Putin klarmachen: Wir halten länger durch, Freiheit siegt."

Quelle: ntv.de, jpe

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