"Kabinett muss das besprechen" Grüne greifen Kanzleramt wegen Cosco-Hafen-Deal an
24.10.2022, 16:11 Uhr
Thema strittig: Die Grünen wollen dem Kanzler nicht das letzte Wort über den Cosco-Einstieg im Hamburger Hafen lassen.
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Obwohl sechs Ministerien Bedenken gegen einen Einstieg der chinesischen Firma Cosco in den Hamburger Hafen anmelden, setzt das Kanzleramt das Thema nicht auf die Agenda. Die Prüffrist läuft Ende Oktober ab und Grünen-Chef Nouripour zeigt sich befremdet und irritiert über Scholz.
Die Grünen fordern Bundeskanzler Olaf Scholz auf, den möglichen Einstieg eines chinesischen Staatskonzerns bei einem Terminal des Hamburger Hafens im Kabinett zu diskutieren. "Sechs Ministerien haben Vorbehalte angemeldet", sagte Grünen-Co-Chef Omid Nouripour in Berlin. Da sei eine Untersagung eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Dass dies aber nicht der Fall sei, sei befremdend und irritierend. "Der Hamburger Hafen ist kritische Infrastruktur." Das Kanzleramt sei für die Tagesordnung des Kabinetts zuständig, sollte darüber aber keine Politik machen. Das Thema müsse besprochen werden.
Der SPD-Politiker Scholz hatte am vergangenen Freitag gesagt, in dem Fall sei noch nicht entschieden. "Es sind noch viele Fragen zu klären." Der entsprechende Antrag werde sorgfältig geprüft. Dabei spielten Sicherheitsinteressen auch immer eine Rolle. Medienberichten zufolge will Scholz den Einstieg ermöglichen. Die chinesische Reederei Cosco will sich mit 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Container-Terminals Tollerort beteiligen.
"China nutzt Abhängigkeit politisch aus"
Auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, es gebe noch keine Entscheidung über ein mögliches Veto. "Die Gespräche darüber laufen." Sollte der geplante Einstieg bei dem Terminal blockiert werden, würde es dazu einen Beschluss im Kabinett geben. Sollte es keine Einwände geben, könnte das mögliche Geschäft durchlaufen. Auf die Frage, ob ein Einstieg der Chinesen mit unter 25 Prozent etwas ändern würde, führte Hebestreit aus, er könne sich nicht zu Einzelfällen äußern. Angesprochen auf eine europäische Hafenstrategie sagte er, das sei im konkreten Fall wegen des engen Zeitplans kein gangbarer Weg, wäre aber grundsätzlich zu begrüßen.
Die Lehre aus den vergangenen Monaten sei, "dass man kritische Infrastruktur, und der Hamburger Hafen ist kritische Infrastruktur, nicht einfach so veräußern darf an ein anderes Land, von dem alle wissen, dass es ohne Probleme und ohne mit der Wimper zu zucken, bereit ist, unsere Abhängigkeit auch politisch auszunutzen", sagte Grünen-Chef Nouripour weiter. SPD-Chef Klingbeil war am Sonntag dem Kanzleramt beigesprungen und hatte erklärt, es handele sich bei dem Geschäft nicht um einen Ausverkauf des Hamburger Hafens. Es gehe "um eine Minderheitenbeteiligung an einem Terminal" und "nicht darum, dass man die Chinesen in die kritische Infrastruktur reinlässt", sagte er dem Deutschlandfunk.
Quelle: ntv.de, mau/rts