Ampel will keine Sondersitzung Heizungsgesetz kommt erst nach der Sommerpause
06.07.2023, 13:20 Uhr Artikel anhören
Wie es mit dem Heizungsgesetz weitergeht, wird erst nach der Sommerpause des Bundestags entschieden.
(Foto: dpa)
Das Bundesverfassungsgericht schiebt einem schnellen Bundestags-Beschluss zum Heizungsgesetz einen Riegel vor. Am Tag danach rückt die Ampel auch von der Idee ab, in einer Sondersitzung die Novelle durchzubringen. Frühestens Anfang September geht es weiter. Bundeskanzler Scholz begrüßt die Entscheidung.
Die Ampel-Koalition will das Heizungsgesetz nach dem vorläufigen Stopp durch das Bundesverfassungsgericht erst nach der Sommerpause beschließen. Die Koalitionsfraktionen wollen für die nächste reguläre Sitzungswoche Anfang September beantragen, die zweite und dritte Lesung des Gebäudeenergiegesetzes auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen, wie die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP in Berlin mitteilten. Zuvor hatte noch eine Sondersitzung während der Sommerpause als Alternative im Raum gestanden. Demnach wollen die Regierungsfraktionen den Gesetzentwurf in seiner nun geeinten Form nicht noch einmal abändern, sondern in der ursprünglich für diesen Freitag geplanten Fassung verabschieden.
"Der Bundeskanzler hält es für eine sehr vernünftige Entscheidung, das Gebäudeenergiegesetz in der nächsten regulären Sitzungswoche Anfang September zu beschließen", erklärte ein Regierungssprecher. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge räumte ein, die Fraktionsspitzen hätten die Möglichkeit einer Sondersitzung erwogen. "Allerdings sehen wir jetzt schon wieder, dass auch diese Frage einer Sondersitzung zum Gegenstand intensivster und teilweise auch aufgeheizter politischer Debatten wird", sagte Dröge. Es sei aber "notwendig, dass man parlamentarische Prozesse auch ein bisschen schützt."
FDP-Stimmen lehnten Sondersitzung umgehend ab
Keine 48 Stunden vor dem eigentlich geplanten Parlamentsbeschluss zum sogenannten Gebäudeenergiegesetz (GEG) hatte das Bundesverfassungsgericht das Vorhaben im Eilverfahren gestoppt. Die für diesen Freitagmorgen geplante zweite und dritte Lesung im Bundestag dürfe nicht in der laufenden Sitzungswoche stattfinden, teilte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe am Mittwochabend mit. Es machte Zweifel geltend, dass die Rechte der Abgeordneten in den Beratungen ausreichend gewahrt wurden.
Aus der FDP waren nach dem Urteil Vorbehalte gegen eine Bundestags-Sondersitzung geäußert worden. "Der Bundestag sollte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts respektieren und nun nicht hektisch Sondersitzungen anberaumen", sagte deren energiepolitischer Sprecher, Michael Kruse, der "Rheinischen Post". Ähnlich äußerte sich FDP-Vize Wolfgang Kubicki.
Heilmann zufrieden mit Urteil
Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann hatte eine einstweilige Anordnung beantragt, um dem Bundestag die abschließende Beratung und Abstimmung über das Gesetz zu untersagen, wenn der Gesetzentwurf den Abgeordneten nicht mindestens 14 Tage vorher schriftlich vorliegt - was nicht der Fall war. Heilmann argumentierte, seine Rechte als Abgeordneter seien durch das Gesetzgebungsverfahren erheblich verletzt worden. "Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-Minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren", warf er der Koalition vor. Wegen der maximal verkürzten Beratungen zur Gesetzesnovelle könne man keine konzeptionellen Schwächen des Gesetzespakets aufzeigen und ändern.
In Gesetzgebungsverfahren fehle immer wieder die nötige Sorgfalt, so Heilmann. Dies sei zuletzt schlimmer geworden. Oft würden Abgeordnete erst kurz vor Mitternacht Hunderte Seiten Gesetzestext bekommen und sollten am nächsten Morgen darüber beraten. Die Karlsruher Richter bemängelten nur das Verfahren, bewerteten aber nicht den Inhalt des Gesetzes.
Bundestagspräsidentin ermahnt Ampel
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas rief die Koalition dazu auf, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Gebäudeenergiegesetz als "weitere Mahnung" zu begreifen. "In sämtlichen zukünftigen Gesetzgebungsverfahren müssen alle Beteiligten ausreichend Zeit für ihre Beratungen haben - insbesondere die Abgeordneten und die Sachverständigen", hieß es in einer Mitteilung der SPD-Politikerin. "Auch wenn ich mich wiederhole: Beschleunigte Verfahren müssen die Ausnahme bleiben."
Bas hatte schon im März die Bundesregierung und die Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen ermahnt, den Abgeordneten mehr Zeit für Beratungen und Anhörungen zu geben. "Trotz der regelmäßig erfolgten Zusicherungen der Vertreterinnen der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen lässt eine in dem gebotenen Maße erforderliche Rückkehr zu ordentlichen Abläufen auf sich warten", kritisierte sie damals in einem Schreiben. Dieses ging an Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt sowie die Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und FDP. Von den beschleunigten Verfahren ist auch der Bundesrat betroffen, der regelmäßig um Fristverkürzung gebeten wird.
Kubicki und Woidke zufrieden
Der FDP-Politiker und Bundestags-Vizepräsident, Wolfgang Kubicki, begrüßte die Entscheidung ebenfalls: "Sie stärkt das Parlament, sie stärkt die Rechte der Abgeordneten des Parlaments." Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte: "Die Karlsruher Entscheidung verschafft die notwendige Zeit, um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger stärker zu berücksichtigen", so Woidke. "Klimaschutzmaßnahmen müssen für die Menschen leistbar und sozial ausgewogen sein, nur dann sind sie erfolgreich."
Das GEG - das sogenannte Heizungsgesetz - soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Um die Novelle hatte es monatelange, harte Auseinandersetzungen gegeben. Vor allem die FDP hatte grundlegende Nachbesserungen am ursprünglichen Gesetzentwurf verlangt. Noch vor der ersten Lesung im Bundestag vereinbarte die Ampel weitere Änderungen, die sie in teils vage formulierten "Leitplanken" festhielt - ein sehr ungewöhnliches Verfahren, das dazu führte, dass eine erste Expertenanhörung zu dem zu diesem Zeitpunkt schon veralteten ursprünglichen Gesetzentwurf stattfand. Das Gesetz sieht im Kern vor, dass Hausbesitzer mehr Zeit bekommen sollen für den Heizungstausch, der ein wesentlicher Beitrag sein soll für mehr Klimaschutz im Gebäudesektor. Viele Bürgerinnen und Bürger befürchten dabei aber finanziell überfordert zu werden.
Quelle: ntv.de, fzö/shu/rts/dpa