Reaktionen auf Landtagswahl Kühnert preist Woidkes Aufholjagd, Linnemann gesteht "bittere Niederlage" ein
22.09.2024, 18:48 Uhr Artikel anhören
CDU-Kandidat Jan Redmann konnte die Wählerinnen und Wähler nicht überzeugen.
(Foto: dpa)
Die SPD liegt nach der Hochrechnung in Brandenburg vorn. Entsprechend optimistisch äußert sich Generalsekretär Kühnert. Die CDU erzielt ihr drittschlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt. Generalsekretär Linnemann räumt eine "bittere Niederlage" ein.
SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke hat erleichtert auf seinen Wahlsieg reagiert. "Es war ein hartes Stück Arbeit, dieser Wahlkampf", sagte er im ZDF. "Es waren schwierige Rahmenbedingungen, die wir vorgefunden haben." Es habe sich gelohnt. Er wolle voraussichtlich zuerst mit der CDU über die Bildung einer Regierungskoalition sprechen, sollte sich das Ergebnis der Hochrechnung bestätigen. "Auf jeden Fall werden wir mit der CDU reden, das ist jetzt schon klar", sagte Woidke in der ARD. Mit Blick auf die Grünen, deren Einzug in den Landtag in Potsdam am Abend zunächst nicht klar war, sagte er, man müsse schauen, ob es weitere Partner brauche und wer dann sonst noch da sei.
In jedem Fall gibt es aus Sicht von Woidke am Wahlabend nicht nur Grund zur Freude. Er sagte unter Verweis auf den Zuwachs für die AfD im Land: "Lehren müssen wir auch aus dieser Wahl ziehen, weil es in der Tat so ist, wenn eine Partei mit fast 30 Prozent reüssiert hier in Brandenburg, die in Teilen offen rechtsextremistisch ist, dann muss das einem Grund zum Nachdenken geben."
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sprach in einer ersten Reaktion auf die Brandenburger Landtagswahl in der ARD von einer furiosen Aufholjagd seiner Partei unter Ministerpräsident Woidke. "Diesen Erfolg nimmt keiner der brandenburgischen SPD", so Kühnert. Das genaue Ergebnis bleibe aber noch abzuwarten. "Für Erleichterung ist es ehrlich gesagt zu früh."
Kühnert räumte ein, dass die Ampel-Regierung im Bund es den Wahlkämpfern in Brandenburg nicht unbedingt leicht gemacht habe. "Der bundespolitische Wind ist ein schwieriger", sagte er. Allerdings gebe es durchaus auch "viele Menschen", die zwischen Bundes- und Landespolitik einen Unterschied machten.
Der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck führt den Erfolg der SPD bei der Landtagswahl vor allem auf die Arbeit von Regierungschef Dietmar Woidke zurück. "Dietmar Woidke hat alles reingeworfen, was ging. Es ist sein Erfolg", sagte Platzeck im ZDF. Der SPD sei in Brandenburg eine "sagenhafte Aufholjagd" gelungen. Aus seiner Sicht sei damit klar, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die SPD wieder als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl im nächsten Jahr führen werde.
Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla zeigt sich enttäuscht über den zweiten Platz. "Wir wollten Dietmar Woidke in die Rente schicken", sagte Chrupalla im ZDF. Dennoch sei es ein "sehr starkes, tolles Ergebnis". Künftig werde an der AfD "kein Weg vorbeiführen", so Chrupalla. Es habe sich gezeigt, dass "das taktische Wählen der SPD heute genutzt hat".
Chrupallas Co-Vorsitzende Alice Weidel äußerte sich in der ARD ebenfalls sehr zufrieden mit Ergebnis. "Der Osten ist blau", sagte sie mit Blick auf die Farbe ihrer Partei. Nur wegen taktischer Stimmen für Ministerpräsident Woidke liege die SPD derzeit vorne.
"Klare Polarisierung zwischen AfD und Herrn Woidke"
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bezeichnete das Ergebnis der CDU als "bittere Niederlage" für seine Partei. Es habe eine "klare Polarisierung zwischen AfD und Herrn Woidke" gegeben, sagte er im ZDF. Er attestierte Woidke Mut, der belohnt worden sei. "Deswegen herzlichen Glückwunsch an Herrn Woidke und die Brandenburger SPD", so Linnemann.
Dass sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer im Vorfeld der Wahl für eine Wahl des SPD-Ministerpräsidenten ausgesprochen habe, sei nicht hilfreich gewesen, sagte Linnemann weiter. Er verwies aber auf das Ergebnis der Wahlen in Sachsen und Thüringen. "Wir kriegen Rückenwind für den Bund", sagte er auch mit Blick auf die Nominierung von Friedrich Merz als Unions-Kanzlerkandidat.
BSW-Spitzenkandidat Robert Crumbach sagte auf der Wahlparty des Bündnis' Sahra Wagenknecht: "Wir haben keine neun Monate nach Gründung unserer Partei, fünf Monate nach Gründung des Landesverbandes jetzt das dritte, tolle Ergebnis. Das ist ein ganz großartiges Ergebnis", so Crumbach. "Ich bin sprachlos."
Den Erfolg für ihre Partei führte BSW-Co-Chefin Amira Mohamed Ali auch auf die Bekanntheit der Parteivorsitzenden und Namensgeberin Sahra Wagenknecht zurück. Die Ergebnisse in Brandenburg sowie in Sachsen und Thüringen vor drei Wochen habe das BSW "auch Sahras Popularität zu verdanken", sagte Mohamed Ali im ZDF. Die Partei identifiziere sich "sehr stark" mit Wagenknecht, werde nach der Bundestagswahl in einem Jahr aber einen "neutraleren Parteinamen" anstreben.
Grüne hoffen auf Direktmandat
Die Grünen müssen beim Zweitstimmenergebnis zittern, erringen aber vermutlich ein Direktmandat in Potsdam, was zum Einzug in den Landtag reicht. Spitzenkandidatin Antje Töpfer sagte auf der Wahlparty ihrer Partei: "Es wird sicherlich ein langer Abend. Es wird sicherlich ganz, ganz knapp. Wir werden das schaffen, wir werden das Direktmandat holen. Marie (Schäffer, Anm. die Red.), du warst großartig."
Der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour zeigte sich erleichtert über den wahrscheinlichen Wiedereinzug seiner Partei ins Brandenburger Parlament. Der negative Bundestrend für seine Partei habe dabei nicht unbedingt geholfen, sagte er im ZDF. "Wir wollen uns rauskämpfen, wir wollen Vertrauen zurückgewinnen." Man werde vieles umstellen müssen. "Wir werden uns aus der Delle herausarbeiten."
Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang beklagte in der ARD viele taktische Stimmen in Brandenburg - für die SPD und zulasten ihrer Partei. Es sei ein negativer Trend zu spüren. Hier müssten sich die Grünen gemeinsam rauskämpfen.
Die Bundesvorsitzende der in Brandenburg stark gerupften Linkspartei, Janine Wissler, bezeichnete das Scheitern ihrer Partei bei der Landtagswahl in Brandenburg als "Zäsur". Dass die Linke den Wiedereinzug in den Landtag verpasst habe, sei "sehr bitter", sagte Wissler im ZDF. Sie zeigte sich zugleich insgesamt überzeugt, "dass die Linke zu retten ist". Auf ihrem Bundesparteitag im Herbst werde sich die Partei neu aufstellen, auch mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr, sagte Wissler. Es gehe darum, "dass es eine Kraft gibt, die die zutiefst ungerechte Verteilung in unserem Land anspricht". "Wir müssen das Vertrauen in die Wählerschaft zurückgewinnen."
Nach der Prognose zur Landtagswahl in Brandenburg kündigte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai Konsequenzen an. "Es muss und es wird einen Herbst der Entscheidungen geben", sagte Djir-Sarai in Berlin. Das Ergebnis für seine Partei sei "bitter" und "enttäuschend", auch wenn es absehbar gewesen sei. Die FDP werde das Ergebnis in ihren Gremien in den kommenden Tagen intensiv beraten, kündigte Djir-Sarai an.
Quelle: ntv.de, als/rts/AFP/dpa