Wollte Bürgerkrieg anzetteln Lange Haftstrafe für Rädelsführer in Terrorprozess um "Gruppe S."
30.11.2023, 09:35 Uhr Artikel anhören
Einer der elf angeklagten Männer muss viele Jahre hinter Gitter.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Rädelsführer einer rechtsterroristischen Gruppe muss sechs Jahre in Haft. Das entscheidet das Oberlandesgericht Stuttgart. In dem Prozess gegen die sogenannte "Gruppe S." waren insgesamt elf Männer angeklagt. Ihnen wurde vorgeworfen, eine Terrorzelle gegründet oder unterstützt zu haben.
Nach mehr als 170 Verhandlungstagen hat das Stuttgarter Oberlandesgericht den Rädelsführer einer rechtsextremen Terrorgruppe zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Der aus der Nähe von Augsburg stammende Werner S., nach dem die "Gruppe S." auch benannt ist, muss sechs Jahre ins Gefängnis, weil er nach Überzeugung des Gerichts eine Terrorgruppe gegründet hatte.
Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von sieben Jahren gefordert, die Verteidigung hatte auf einen Freispruch plädiert. Gegen einen zweiten Anführer der Gruppe verhängte das Oberlandesgericht eine Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. Weitere acht Angeklagte wurden zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung und viereinhalb Jahren verurteilt. Ein Angeklagter wurde freigesprochen.
Das Gericht sprach sie unterschiedlicher Taten schuldig: entweder der Gründung einer terroristischen Vereinigung oder der Beihilfe dazu sowie der Mitgliedschaft oder der Unterstützung einer solchen Gruppe. Mehrere Angeklagte begingen demnach außerdem Waffendelikte. Einige der Männer saßen bis zum Urteil in Untersuchungshaft und wurden von Justizbeamten in den Gerichtssaal geführt. Sie verfolgten die Urteilsverkündung größtenteils teilnahmslos mit hängenden Köpfen - nur als der eine Freispruch verkündet wurde, gab es einen Ausruf im Saal.
Die Vertreterin der Bundesanwaltschaft hatte vor Gericht gesagt, Mitglieder der Gruppe hätten die Übernahme der Bundesrepublik Deutschland durch Flüchtlinge gefürchtet und dagegen in den Kampf ziehen wollen. Den Männern wird vorgeworfen, eine Terrorzelle gegründet zu haben. Sie wollten demnach mit Anschlägen gegen Moscheen und auf Grünen-Politiker einen Bürgerkrieg in Deutschland provozieren. Ein Verteidiger hingegen nannte die Gruppe eine "Ansammlung Sprüche klopfender Wichtigtuer".
1000 Gegenstände bei Durchsuchungen beschlagnahmt
Die Ermittler protokollierten Chats und schnitten Telefongespräche mit und stützten sich außerdem auf Aussagen eines früheren Gruppenmitglieds. Bei Hausdurchsuchungen seien außerdem weit über 1000 einzelne Gegenstände beschlagnahmt worden, die später ausgewertet wurden, berichtete der Vorsitzende Richter Herbert Anderer am Donnerstag.
Die Angeklagten seien "auffallend umfangreich in sozialen Netzwerken unterwegs" gewesen. Ihre Kommunikation im Internet sei für die meisten auch der Ausgangspunkt gewesen für die "Entwicklung, die sie am Ende zu Angeklagten in diesem Verfahren machte".
Das streng gesicherte Verfahren wurde aufgrund des Umfangs und der Corona-Pandemie in die Länge gezogen. Einer der Verdächtigen war bereits vor Anklageerhebung in Untersuchungshaft gestorben. Einer der Angeklagten aus Bayern war überraschend während des Prozesses gestorben. Der Mann war nach Angaben des Oberlandesgerichts auf der Heimfahrt von einer Verhandlung im Stammheimer Hochsicherheitstrakt kurz vor seiner Wohnung tot zusammengebrochen.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP