Telefonat mit Blinken Lawrow wirft USA Kriegstreiberei vor
12.02.2022, 16:47 Uhr
Der russische Außenminister Lawrow beschuldigt die USA, mit Propaganda einen Konflikt schüren zu wollen.
(Foto: imago images/ITAR-TASS)
Die USA warnen vor einem möglichen russischen Angriff auf die Ukraine bereits in der kommenden Woche. Diese Warnungen seien Propaganda, heißt es dazu aus Moskau. Der Kreml beschuldigt Washington, selbst die Kriegsgefahr zu erhöhen.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat den USA vorgeworfen, einen militärischen Konflikt in der Ukraine provozieren zu wollen. In einem Telefonat mit seinem US-Kollegen Antony Blinken habe Lawrow "betont, dass die von den USA und ihren Verbündeten gestartete Propaganda-Kampagne bezüglich einer 'russischen Aggression' gegenüber der Ukraine provokante Ziele verfolgt", erklärte das Außenministerium in Moskau. Lawrow warf den USA demnach vor, die Regierung in Kiew zu einer "Sabotage der Minsker Vereinbarungen" und einer "militärischen Lösung des Donbass-Problems" zu ermutigen.
Moskau beschuldigt Kiew immer wieder, seine Verpflichtungen aus dem 2015 im belarussischen Minsk beschlossenen Friedensplan für die Ostukraine nicht zu erfüllen. Anders als der Westen sieht Russland eine Kriegsgefahr zudem eher von ukrainischer Seite und befürchtet, dass diese versuchen könnte, die abtrünnigen Gebiete in Luhansk und Donzek mit Gewalt zurückzuholen.
Aus Moskau hieß es zudem, Lawrow habe in dem Gespräch mit Blinken auch kritisiert, dass der Westen bislang zentrale russische Forderungen nach Sicherheitsgarantien ignoriere. Der Kreml fordert unter anderem ein Ende der Nato-Osterweiterung und will insbesondere eine Aufnahme der Ukraine in das westliche Militärbündnis verhindern. Die Nato hat dieser Forderung eine Absage erteilt und beruft sich auf die freie Bündniswahl von Staaten.
Blinken betonte nach Angaben seines Ministeriums in dem Telefonat mit Lawrow, dass die USA bereit seien, den Konflikt um die Ukraine auf diplomatischem Wege zu lösen. Allerdings setze dies "deeskalatorische" Schritte seitens Russlands voraus.
USA ziehen Botschaftspersonal größtenteils ab
Zudem zieht die US-Regierung den Großteil ihres Botschaftspersonals aus Kiew ab. Reguläre konsularische Dienste würden ab Sonntag an der Botschaft eingestellt, sagte ein hochrangiger Mitarbeiter des US-Außenministeriums. Einige wenige Mitarbeiter würden nach Lviv im Westen des Landes verlegt. In der Stadt nahe der polnischen Grenze würden für Notfälle noch konsularische Dienste angeboten.
Der Ministeriumsmitarbeiter rief US-Bürger einmal mehr dringend auf, die Ukraine zu verlassen. Es sei "überfällig" für sie, auszureisen. Die Sicherheit amerikanischer Bürger habe höchste Priorität, doch es gebe Grenzen für das, was die US-Regierung "in einem Kriegsgebiet" tun könne. Man tue alles Erdenkliche, um zu verhindern, dass die Ukraine zu einem Kriegsgebiet werde. Doch es erscheine zunehmend wahrscheinlich, dass sich die Lage dort zu einem aktiven Konflikt entwickelt.
Selenskyj will Panik vermeiden
Derweil zeigte sich Kiew verwundert über die neuerlichen US-amerikanischen Warnungen vor einer möglichen russischen Invasion der Ukraine in der kommenden Woche. "Falls Sie oder jemand anderes zusätzliche Informationen über einen 100-prozentigen Einmarsch am 16. (Februar) haben, dann geben Sie uns bitte diese Information", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj Journalisten. Kiew sei sich dessen bewusst, dass es Risiken gebe.
Dennoch würde es im öffentlichen Raum zu viele Berichte über einen großen Krieg Russlands gegen die Ukraine geben. Kiew sei zwar auf alles vorbereitet. Doch: "Der beste Freund für die Feinde ist Panik in unserem Land", richtete Selenskyj sich auf Englisch an westliche Journalisten. All diese Informationen würden nur Panik schüren und der Ukraine nicht helfen.
Die USA hatten am Freitag davor gewarnt, dass möglicherweise schon in der nächsten Woche ein russischer Einmarsch im Nachbarland Ukraine erfolgen könnte. Washington kündigte auch die Verlegung weiterer 3000 Soldaten nach Europa an. Mehrere Staaten - darunter auch Deutschland – riefen daraufhin ihre Bürger zur Ausreise auf. Der Kreml weist Einmarschpläne regelmäßig von sich und spricht von "Kriegshysterie". In der Ukraine wurde bislang weder mobil gemacht, noch der Kriegszustand ausgerufen.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP