Politik

CDU-Chef im RTL-Kandidatencheck Merz: "Die beste soziale Gerechtigkeit ist eine brummende Volkswirtschaft"

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CDU-Chef Merz hat beste Chancen, der nächste Bundeskanzler zu werden. In den Umfragen liegt er klar vorn und Scholz kann ihm kaum noch gefährlich werden. Aber was ist mit der sozialen Gerechtigkeit?

Sich vorzustellen, wie Friedrich Merz auf einem Motorrad durch Arnsberg oder Brilon knattert, sich anschließend ein Bier aufmacht und eine Zigarette anzündet, das hat schon etwas. Doch das ist keinem Kabarettisten eingefallen, sondern hat sich tatsächlich zugetragen. Das bestätigte er bei "RTL Direkt Spezial: Der Kandidatencheck" am späten Abend. Irgendwann Ende der 60er Jahre muss das gewesen sein, Merz' Haar war zeittypisch schulterlang und seit er 14 war, hatte er die Glimmstengel dabei. "Ich habe in der Silvesternacht 99/2000 aufgehört zu rauchen", sagt er am Ende der Sendung zu Moderatorin Pinar Atalay. "Und ich bin sehr dankbar, dass mir das gelungen ist."

Nun soll ihm wieder etwas gelingen, nur etwas viel Größeres: Merz will der nächste Bundeskanzler werden. Wie es aussieht, hat er beste Chancen. In den Umfragen sind CDU und CSU fast so stark wie SPD, Grüne und FDP zusammen. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn da noch etwas schiefgeht. Entsprechend entspannt wirkt der 69-Jährige im Hauptstadtstudio von RTL und ntv. Er glaubt sogar an ein noch stärkeres Ergebnis, als das von Forsa erstellte Trendbarometer der beiden Sender hergibt. "Sehr zuversichtlich" sei er, "dass wir sogar ein Ergebnis in der zweiten Hälfte der 30er bekommen." Das wären dann mindestens 35, 36 Prozent. "Damit sind wir mit Abstand die stärkste Partei. Das soll uns erstmal jemand nachmachen."

Tja, was soll noch schiefgehen? Aber vielleicht müsste es gar nicht mit dem Teufel zugehen, sondern lediglich mit dem Söder. Bayerns Ministerpräsident gebe beispielsweise Robert Habeck immer wieder einen mit, sagt Atalay. Habeck sagte in seinem RTL-Kandidatencheck, das tue Söder nur, um dem Wahlkampf von Friedrich Merz zu schaden.

Merz' Lächeln bleibt stabil. "Warum sollte Markus Söder mich ärgern?", fragt er zurück. Er habe es ja schon einmal beim letzten CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet getan, entgegnet Atalay. "Aber bei mir tut er es nicht", sagt Merz mit ruhiger Stimme. "Es gibt keinen Streit bei uns, auch wenn das manch einer gern hätte. Herr Habeck allen voran", sagt er. Damit segelt er auch über die Frage Atalays hinweg, ob es nicht unklug sei, so wie Söder eine Koalition mit den Grünen kategorisch auszuschließen. Merz lächelt einfach weiter. Zu Koalitionen will er sich gar nicht äußern.

Doppelstaatler und schwere Straftaten

Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg fragt ihn Atalay zu seinem Vorstoß, Doppelstaatlern bei schweren Straftaten die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen. Grundsätzlich gebe es das schon, verteidigt sich Merz - bei schwersten Straftaten. Die Fristen bei der Einbürgerung seien viel zu kurz. Im schnellsten Fall ist diese nach dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht der Ampel schon nach drei Jahren möglich. Die CDU und Merz wollen das zurückdrehen.

Vor der Bundestagswahl am 23. Februar spricht Pinar Atalay unter dem Titel "RTL Direkt spezial: Der Kandidatencheck" mit allen Spitzenkandidaten der Parteien. Diese Folgen stehen noch aus:

  • Mi., 22.1., 22.15 Uhr: "RTL Direkt spezial" mit Sahra Wagenknecht (BSW)

  • Mo., 17.2., 22.15 Uhr: "RTL Direkt spezial" mit Christian Lindner (FDP)

Während er so redet, untermauert eine eingeblendete Umfrage zur Beliebtheit sein Standing - dabei geht es um die Zustimmung zu den Kanzlerkandidaten. Merz teilt sich den Bestwert mit Habeck, beide liegen bei 23 Prozent Zustimmung. Scholz nur bei 17. Ein großer Vorsprung, aber gut ist sein Wert auch nicht gerade. Ein Menschenfänger ist Merz nicht. Das zeigt sich auch bei einem Einspieler, für den RTL Menschen am Brandenburger Tor danach fragte, nach welchem Beruf Merz aussieht. Eine sagt immerhin: Versicherungsvertreter, weil er nett aussehe. Ein anderer meint: "Manager." Und eine Dritte empfiehlt einen Job im Hochsicherheitslabor, "weit weg von Menschen."

Merz' größte Stärke dürfte seine Wirtschaftskompetenz sein, zumal diese angesichts der andauernden Rezession gerade dringend gesucht ist. Das versucht er auch auszuspielen. "Wir müssen sehen, dass die Wirtschaft wieder ans Laufen kommt", fordert er und verspricht schnelle Erfolge. "Warten Sie mal ab", sagt er, als Atalay Zweifel daran anmeldet. "Wenn man einige Sofortmaßnahmen ergreift, kann man relativ schnell die Stimmung drehen".

Die erste Stufe einer Steuerreform will er ebenfalls schnell angehen. "Wenn wir noch einmal an der Steuerschraube drehen, dann zerstören wir den Mittelstand, dann zerstören wir die Familienunternehmen", sagt er und wirft SPD und Grünen vor, genau das vorzuhaben. "Wir wollen vor allem dafür sorgen, dass die deutsche Wirtschaft Steuern bezahlt, die sie wettbewerbsfähig halten", sagt er. Die Steuerreform verteidigt er. Der Spitzensteuersatz solle erst bei 80.000 statt bei 67.000 Euro greifen. Dadurch würden alle entlastet. Das stimmt zwar - richtig ist aber auch das, was Kanzler Olaf Scholz dem CDU-Chef am Vortag im Kandidatencheck vorwarf: Am meisten haben die Bestverdiener davon.

Schwach bei sozialer Gerechtigkeit

"Wissen Sie, die deutsche Wirtschaft hält einiges aus", sagt Merz. "Aber sie hält nicht aus eine beständige Unsicherheit und Unklarheit über die Rahmenbedingungen, zu denen in Deutschland finanziert wird." Die Frage sei aber auch, was die Menschen aushalten, wirft Atalay ein und eine andere Statistik an die Wand. Demnach trauen nur 18 Prozent der Menschen Merz hohe Kompetenz beim Thema Soziale Gerechtigkeit zu. Bei Scholz sind es dagegen 40 Prozent. "Die beste soziale Gerechtigkeit ist eine brummende Volkswirtschaft, die Vollzeitjobs bereithält, die mit den Jobs auch die Renten sichert, die den Sozialstaat überhaupt erst möglich machen."

An der Schuldenbremse will er jedenfalls nicht rütteln. Die erlaube ohnehin für das vergangene und das kommende Jahr jeweils 50 Milliarden Euro neue Schulden. Der Staat nehme eine Billion Euro Steuern ein. Das müsse reichen, sagt der CDU-Chef. Habeck hatte ihm und seiner Partei am Dienstag vorgeworfen, deren Pläne seien ein "Wolkenkuckucksheim". Er sage wenigstens, dass es teuer werde.

Am Ende fragt ihn Atalay, ob er vor allem versuche, Fettnäpfchen zu vermeiden. Und auch das weist Merz routiniert zurück. Er mache Wahlkampf. Er könne es nicht allen recht machen. Fehlte nur noch, dass er wie einst Angela Merkel sagt: "Sie kennen mich". So weit ist es noch nicht. Aber bei diesem Kandidatencheck wird klar: Ins Risiko geht Merz nicht. Er verwaltet den Vorsprung. Leisten kann er sich das. Richtig kämpfen müssen gerade die anderen.

Quelle: ntv.de

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